I will survive

Thomas Müller gewinnt beim August-Grand-Prix-Turnier seinen ersten Tour-Titel

Mit einem Turniersieg und jeder Menge Selbstvertrauen im Gepäck wird Tour-Star Thomas Müller ins das heute beginnende letzte Grand-Slam-Turnier des Jahres starten. Der 37jährige Wiener gewann am Donnerstag Abend nämlich das Finale des August-Grand-Prix-Turniers beim TC Top Serve durch einen 6:7, 6:1, 7:5 Erfolg über Rasen-Grand-Slam-Champion Michael Kunz und feierte so endlich seinen ersten Karriere-Titel auf der Hobby-Tennis-Tour. Für Kunz wiederum war es nach acht Einzelsiegen in Folge die erste Niederlage seit 28. Juni. Der Gegner damals übrigens hieß so wie diesmal Thomas Müller. Ein Bericht von C.L

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Müller siegt nach 2 Stunden und 33 Minuten und nach 2:4 Rückstand im dritten Satz

3:1 und 4:2 lag Rasen-Grand-Slam-Sieger Michael Kunz im entscheidenden dritten Durchgang des gestrigen August-GP-Finales in Führung, mit dem ersten Sandplatztitel des 36jährigen aus Deutsch Wagram seit September 2006 wurde es dennoch nichts. Knapp nach 19 Uhr und nach einer Spielzeit von 2 Stunden und 33 Minuten war der aktuelle Siegeslauf des Michael Kunz zu Ende. Nach zwei verlorenen Endspielen (Jänner-GP gegen Oliver Rauschil und Mai-GP gegen Andreas Harbarth) hat es im dritten Anlauf endlich für Thomas Müller geklappt. Allerdings musste “Tom” lange zittern und äußerst hart kämpfen, ehe er den amtierenden “Wimbledonsieger der Hobby-Tennis-Tour” in einer echten Marathonschlacht gebogen hatte.

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Müller startet überfallsartig – Kunz gewinnt trotz 1:4 den ersten Satz im Tie-Break

Davor lief vieles im Spiel des 37jährigen nicht so rund wie gewohnt. Die spielerische Leichtigkeit mit der Müller schon so oft zu überzeugen wusste, sie war diesmal nicht zu sehen. Schweren Schrittes plagte sich der Ranglisten-Sechste über den Centercourt, gefesselt von seiner eigenen Müdigkeit und vom Spielstil seines Gegners. Kunz ließ Müller mit seinem hartnäckig vorgetragenen Slice-Tennis nie so richtig ins Spiel kommen. Und dementsprechend “täuschte” auch die rasche 4:1 Führung Müllers zu Beginn des ersten Satzes ganz gewaltig. Nur ein Break lag in dieser Führung, das Kunz mit dem Re-Break zum 3:4 letztlich wettmachen konnte. Der erste Satz war wieder offen, auch weil Müller in dieser Phase einen echten “Ast beim Service” bekam. Kaum ein erster Aufschlag der den Weg ins Feld fand, und so war Müller letztlich auf die Hilfe seines Gegners angewiesen, der bei 5:4 und dem Versuch zum Satzgewinn zu servieren mit drei Doppelfehlern kläglich versagte. Der Tie-Break war die logische Konsequenz, den Kunz schließlich mit einem seiner insgesamt 29 Service-Winner nach exakt 64 Minuten mit 7:5 für sich entscheiden konnte.

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Zum dritten Mal im Verlauf des August-GP-Turniers muss Kunz Satz 2 mit 1:6 abgeben

Was dann kam, erlebten aufmerksame Beobachter der Kunz-Matches beim August-Grand-Prix zuletzt schon zwei Mal. Der Rasen-Grand-Slam-Champion ging im zweiten Satz wie schon in Runde 1 gegen Nihad Berzengi und im Achtelfinale gegen Roland Mayerhofer mit 1:6 unter. In einer Situation, wo Kunz mit ein wenig mehr Nachdruck einem angeschlagenen Gegner den k.o.-Schlag hätte versetzen können, patzte der Champions-Race-Vierte gewaltig. 1:0 lag Kunz nämlich zu Beginn des zweiten Durchgangs in Front, als sich ihm bei Aufschlag Müller die ganz große Chance auf das Break zum 2:0 bot. Doch mit einem leichten Volleyfehler am Netz war die Riesen-Möglichkeit vertan, Müller wieder im Spiel und letztlich in Satz 2 nicht mehr zu bremsen. Ein verschlagener Flugball brachte womöglich die Wende! Bei genauerem Blick auf die Hobbytennistour-Finalstatistik fällt freilich eines auf. Der Volley, zuletzt auf Kunstrasen noch die große Stärke des Michael Kunz, war an diesem August-Grand-Prix-Abend seine ganz große Schwäche. Mit 15 Netzangriffen nur 4 Punkte geholt, bei 11 Fehlern eine magere Ausbeute. Nur einmal noch vermochte Kunz in diesem zweiten Durchgang positiv aufzufallen. Als er nämlich bei 1:5 mit eigenem Aufschlag zunächst nicht weniger als 5 Satzbälle seines Gegenübers mit 4 wuchtigen Service-Winnern abwehren konnte. Beim 6. Satzball nach genau 37 Minuten jagte Kunz dann aber eine Vorhand ins Netz, der Satzausgleich und eine Verlängerung der Hartplatz-Grand-Slam-Generalprobe war perfekt.

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Müller dreht im Finish mit Super-Aufschlag-Leistung ein verloren geglaubtes Match noch um

Kunz schien sich dann zu Beginn des entscheidenden dritten Satzes wieder gefangen zu haben. Ein frühes Break, begünstigt durch zwei Doppelfehler Müllers, selbst beim ersten Aufschlagspiel souverän, und schon schien Kunz mit einer 2:0 Führung zurück auf der Siegerstraße. Kurs in Richtung erstem Sandplatztitel seit September 2006 hielt der Deutsch Wagramer dann bis 4:2. Und obwohl Müller in dieser Phase bei einem Blick auf die imaginäre Anzeigetafel “noch” zurücklag, zeichnete sich doch schon irgendwie eine Wende ab. Müller erhöhte nämlich mit einer sensationellen und vorallem durchgehend konstanten Aufschlagleistung bei seinen Service-Games den Druck auf seinen Kontrahenten. Der 36jährige gab sich keine Blöße mehr, jagte in seinen letzten vier Aufschlagspielen 7 Asse und 5 Winner ins Feld seines Gegners und legte so den Grundstein für den späteren Sieg. Kunz konnte diesem Druck letztlich nicht standhalten, auch weil er im Finish mit Kreislaufproblemen zu kämpfen hatte. Bei 5:6 und dem Versuch sich noch in den Tie-Break zu retten, waren drei Doppelfehler dann endgültig zu viel. Mit einem davon beendete Kunz nach exakt 2 Stunden und 33 Minuten das Finale und seinen sensationellen Erfolgsrun der letzten Wochen.

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“Ich habe im zweiten Satz spielerisch absolut nichts zusammengebracht”

“Das ärgert mich jetzt schon ein bißchen, vorallem der dritte Satz, wo ich mit Kreislaufproblemen zu kämpfen hatte. Das soll jetzt keine Ausrede sein. Wahrscheinlich hätte ich ohnehin im zweiten Satz mehr zusetzen müssen, aber da habe ich spielerisch absolut nichts zusammengebracht”. Kunz wirkte enttäuscht und dennoch gefasst: “Natürlich wäre ein Sandplatzturniersieg nach fast zwei Jahren sehr schön gewesen. Noch dazu unmittelbar vor dem Grand-Slam-Turnier in der Südstadt. Aber da kann man eben nichts machen”, meinte der 37jährige Deutsch Wagramer, der durch seinen Finaleinzug beim August-Grand-Prix-Turnier im Entry-Ranking wieder einen Platz gutmachte und nun schon auf Position 4 rangiert.

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“Der Sieg als Bestätigung einer guten und konzentrierten Leistung”

“Im dritten Anlauf und nach extrem viel Kampf habe es mit dem ersten Turniersieg auf der Tour geklappt” so formulierte der Sieger in einem allerersten Statement die Geschehnisse des Abends. “Ich bin sehr zufrieden. Ich war die ganze Woche beruflich unterwegs und habe nur ganz wenig geschlafen. Als ich heute auf die Anlage gekommen bin, habe ich eine Wagner-Partie wie beim Mai-Grand-Slam-Turnier befürchtet. Stehend k.o, kein Timing, und so war es dann am Ende des ersten Satzes auch trotz rascher Führung zu Beginn. Das war einfach absolut kein Tennis. Im zweiten Satz hat Kunz dann gut angefangen, letztlich konnte ich ihm aber doch sehr bald davonziehen. Und im dritten Satz habe ich ab 2:4 nur mehr Gloria Gaynor “I will survive” gesungen. Am Ende waren wir beide schon sehr müde. Es war heute nicht mein bestes Spiel, aber der Sieg freut mich schon sehr. Er war eine Bestätigung einer guten und konzentrierten Leistung”, resümierte Müller.

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Claus Lippert, 5. September 2008