Masters-Traumfinale Harbarth gegen Kiss ist perfekt

Das Masters-Traumfinale der Hobby-Tennis-Tour ist perfekt. Mit dem Ranglisten-Ersten Andreas Harbarth und dem seit 24 Spielen ungeschlagenen Mario Kiss duellieren sich am heutigen Abend ab 21 Uhr im Tennispoint Vienna die beiden momentan besten Spieler um den wichtigsten und prestigeträchtigsten Titel der Tour. Die beiden Ausnahmekönner waren auch am Halbfinaltag eine Klasse für sich, wenngleich Kiss erstmals im Verlauf dieses Turniers einen Satz abgeben musste. Gegen einen Robin Douglas, der mit nur einem Sieg den Weg ins Halbfinale fand und der noch am Vortag im entthronten Titelverteidiger Bernhard Nagl seinen Meister fand. “Wie idiotisch kann Tennis eigentlich sein, fragte daher nach dem Halbfinaltag Mario Kiss und spielte damit auf die letzten drei turbulent verlaufenden Masters-Spieltage an. Der Meinhart schlägt den Nagl, der Nagl den Douglas und dann spielt der Robin heute so eine tolle Partie” philosophierte “Super-Mario” Kiss. Verrückte Welt der Hobby-Tennis-Tour also mit einem phantastischen Halbfinaltag im Rückblick von C.L

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Kiss & Douglas begeistern in bestem Masters-Match aller Zeiten das Publikum

Es war das beste Match aller Zeiten, war aus dem Publikum zu vernehmen. Nun, womöglich hat es in den vergangenen 18 Jahren irgendwann einmal ein besseres Spiel gegeben, das größte Match der Masters-Geschichte war das Halbfinale zwischen Rasen-Grand-Slam-Sieger Mario Kiss und der deutschen Nummer 1 der Hobby-Tennis-Tour Robin Douglas aber mit Sicherheit. Was die beiden Topstars der Tour in ihrem über zwei Stunden dauernden Giganten-Duell zu bieten hatte, versetzte die Besucher des Halbfinaltages im Tennispoint Vienna in Begeisterung und Staunen zugleich. “Das ist Tennis vom Feinsten, das beste was ich auf der Tour jemals gesehen habe”, zeigte sich beispielsweise Franz Graffelner von der semifinalen Darbietung der beiden Topspieler beeindruckt”. Extra für das Halbfinale war die Graffelner-Familie aus Gänserndorf angereist und am Ende froh, den abendlichen Ausflug nach Wien gemacht zu haben. “Aus der Erfahrung der letzten Jahre wusste ich, dass im Semifinale meist die besseren Spiele zu sehen sind. Ich hatte einen guten Riecher”, freute sich Franz Graffelner, der sich vom Tennis der beiden Power-Spieler gar nicht satt sehen konnte. “Ich könnte den beiden bis 6 Uhr in der Früh zuschauen, so toll war dieses Match anzusehen”. Und es war in der Tat äußerst sehenswert, was Kiss und Douglas über 120 Minuten lang mit den kleinen gelben Filzkugeln zeigten. Ein High-Speed-Duell auf höchstem Niveau, in dem beide Akteure von Beginn an versuchten mit Power und Präzision zu ihren Punkten zu kommen. Und so entwickelte sich vom ersten Ballwechsel an ein Spiel, das so gar nicht zu erwarten war. Weil Douglas als Lucky Looser nur durch die Absage von Wagner überhaupt ins Turnier gerutscht, in der Vorrunde mit nur einem Einzelsieg enttäuschte und mit einer leichten Zerrung gehandicapt im Vorfeld nicht in der Lage schien, dem Aufschlag-Giganten Mario Kiss entsprechend Paroli bieten zu können. Doch der Deutsche spielte das Match seines Lebens, zumindest aber das beste Spiel seiner Hobby-Tennis-Tour-Karriere, und hatte nach 45 Minuten mit einem 7:5 Erfolg für den ersten Satzverlust seines Gegners im Verlauf des Masters-Turniers gesorgt. Der Douglas-Führung war ein sensationeller Schlagabtausch vorangegangen, mit unzähligen hochklassigen Ballwechseln, intensivst geführten Rallyes und immer wieder tosendem Beifall aus dem Publikum. Speziell mit der Rückhand und vielen großartigen Punktschlägen aus der Bedrängnis heraus, hatte Douglas dem großen Favoriten Satz 1 abgenommen.

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“Ich bin erstmals nach einem Match auf der Hobby-Tennis-Tour so richtig traurig”

Nach nur 29 Minuten und einer entsprechenden Tempoverschärfung hatte Mario Kiss mit 6:2 für den Satzausgleich und zur Freude der Zuschauer für eine Verlängerung der Semifinal-Gala auf Court Nr. 7 gesorgt. Ein riesiges Feuerwerk an brillanten Schlägen war nach über zwei Stunden abgebrannt, als Kiss schließlich nach exakt zwei Stunden und einer Minute mit 5:7, 6:2, und 6:4 den 24. Einzelsieg in Serie und den erstmaligen Finaleinzug beim Masters bejubeln konnte. “Es war ein tolles Spiel, genau das was ich als Einstimmung auf das morgige Endspiel gebraucht habe. Im ersten Satz hat der Robin echt super gespielt. Im zweiten Durchgang habe ich 30 Prozent zugelegt, und im dritten Satz habe ich auch schon 3:1 geführt. Da darf es nicht mehr so eng werden wie am Ende. Aber ich bin zusehends müde geworden und der Robin hat die zweite Luft bekommen. Darum wurde es im Finsih noch so knapp”, resümierte der 28jährige während er seine Flüssigkeitsspeicher ungewohnter Weise mit einem Fruchtsaft auffüllte. Danaben hockte derweil ein sichtlich geknickter Robin Douglas, der in die Leere starrte und dabei wohl überlegte, woran die Finalisierung der ganz großen Sensation womöglich scheiterte. Vorwürfe braucht sich der 30jährige nach solch einer Partie keine zu machen, wenngleich ein im dritten Satz mit 4:6 verlorenes Halbfinale beim Masters natürlich zum Nachdenken anregt. “Ich bin jetzt schon sehr enttäuscht. Natürlich war es ein tolles Match, habe ich eine starke Leistung gezeigt, aber die Enttäuschung über die knappe Niederlage überwiegt. Den Ausschlag hat einmal mehr das Service gegeben. Von der Grundlinie waren wir ziemlich ebenbürtig, aber der Aufschlag war letztlich entscheidend, hat den großen Unterschied ausgemacht. Ich bin zwar kein Aufschlag-Hengst wie der Mario, aber mein erstes Service ist im Normalfall auch unangenehm. Doch heute war mein erster Aufschlag schwach, und mein zweites Service ohnehin ein Scherz. Leider habe ich jetzt schon mehrere Wochen dieses Problem beim Aufschlag. Am Ende hat aber der bessere Spieler verdient gewonnen. Dennoch bin ich erstmals nach einem Match auf der Hobby-Tennis-Tour ein wenig traurig”, bilanzierte der Deutsche, der am Montag Abend zwar ein sensationelles Tennis-Match verloren dafür aber zwei ganz große neue Fans gewonnen hatte. “Der Robin hat die beste Rückhand die ich jemals auf der Tour gesehen habe. Hätte er noch einen Aufschlag wie der Kiss zum Beispiel, dann wäre er auf der Hobby-Tennis-Tour unschlagbar”, sprach Franz Graffelner in höchsten Tönen über den 30jährigen Deutschen. Und auch sonst hatte sich der Tour-Kenner und einstige Masters-Teilnehmer ein Bild über die vier Halbfinal-Protagonisten gemacht. “Den Douglas habe ich mir nicht so stark vorgestellt, dafür hätte ich den Harbarth besser erwartet. Fest steht für mich aber, dass ein Patrick Schwing in Hochform und zu seiner besten Zeit weder gegen Kiss, Douglas oder Harbarth eine Chance hätte”, meinte der “Graf”.

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Micky Mouse und Minnie Mouse im Duell um zweites Final-Ticket

Klar im Schatten des Hochgeschwindigkeits-Duells zwischen Kiss und Douglas stand das am Centercourt angesetzte zweite Semifinale zwischen dem Ranglisten-Ersten Andreas Harbarth und dem 2fachen Masterssieger Martin Kova. Das Ergebnis mit 6:4, 7:5 ließt sich spannend, das Match selbst ließ viele Wünsche offen. Harbarth steht wie im Vorjahr im Masters-Finale, Kova flog wie vor einem Jahr im Halbfinale aus dem Bewerb. Harbarth feierte den neunten Einzelsieg in Serie, Kova absolvierte sein 40. Masters-Karriere-Match. Das ganze dauerte genau 80 Minuten. Damit wäre das sechste direkte Duell der beiden Tour-Stars auch schon abgehandelt, denn Höhepunkt hatte dieses zweite Masters-Vorschluss-Runden-Spiel nicht zu bieten. “Der Kova konnte nicht, und ich wolte nicht”, fasste Andreas Harbarth schon wenige Minuten nach Spielende das Duell mit seinem Teamkollegen im Gästebuch der Tour-Homepage zusammen”. Eine abermals arrogante unnötige Vorstellung, so wollte Harbarth`s Freund und Doppelpartner Robin Douglas den halbfinalen Auftritt des Ranglisten-Leaders kommentiert wissen. Mit Halbgas, untertourig und kraftsparend, schupfte sich der 24jährige durch den Abend und zum bereits sechsten Erfolg über Martin Kova. “Es läuft alles optimal und nach Plan für mich. Ich habe keine Probleme hier und der Kiss ist in einer engen Partie mit dem Douglas. Jeder Meter den Kiss hier heute laufen muss, ist für mich ein Gewinn”, gab Harbarth bereits beim Stand von 6:4, 1:2 in seinem Halbfinale ein erstes Sieger-Statement ab. Was einerseits zeigt, dass sich der 6fache Saisonsieger seiner Sache ziemlich sicher war, und andererseits was er von seinem Gegner hält. Die Harbarth-Sager kosteten dem 2fachen Masters-Champion Martin Kova freilich nur einen Lacher. “Der kriegt morgen im Finale so einen auf den Deckel, oder vielleicht sogar noch heute. Unser Match ist ein Wiz. Das ist Micky Mouse-Tennis was wir hier spielen. Micky Mouse gegen Minnie Mouse, du kannst dir aussuchen wer von uns beiden wer ist. Aber du siehst ohnehin wer von uns beiden das rosa Leiberl an hat”, schmunzelte der 29fache Turniersieger in Richtung Veranstalter. Kova war in seinem bereits siebenten Masters-Semifinale nie in der Lage, die Nummer 1 in Bedrängnis zu bringen. Zu viele unnötige Fehler, zu unsicher von der Grundlinie und zumindest nach Außen hin zu wenig fokussiert auf ein mögliches viertes Masters-Finale. Und so war der 10fache Masters-Teilnehmer am Ende froh, das Halbfinale hinter sich gebracht zu haben. “Ich bin wirklich sehr froh, dass die Saison jetzt zu Ende ist. Es war schon wieder ein Hallenturnier zu viel das ich gespielt habe. Beim November-Super-4 vor zwei Wochen hatte ich viel mehr Spass. Hier beim Masters hatte ich keine einzige Partie die mir Freude gemacht hätte. Es waren durchwegs schlechte Spiele. Ich würde sogar behaupten, dass das 2007er-Masters mein bislang schlechtestes in 10 Jahren überhaupt war. Und das traurige dabei ist, dass ich mit so einer schwachen Leistung sogar ins Semifinale komme. Das zeugt nicht unbedingt von einem starken Niveau im heurigen Jahr beim Masters”, so der 24jährige.

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Claus Lippert, 20. November 2007