Vorrunden-Abschluss mit einigen überraschenden Resultaten

Titelverteidiger Bernhard Nagl in der Vorrunde raus, Martin Kova zum siebenten Mal in einem Masters-Semifinale und Robin Douglas trotz Niederlage ebenfalls im Halbfinale, das sind die Schlagzeilen des dritten und letzten Vorrundenspieltages beim 18. Masters der Hobby-Tennis-Tour im Tennispoint Vienna. Ein Bericht von C.L

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Martin Kova steht bereits zum 7. Mal im Masters-Semifinale

Andreas Harbarth gegen Martin Kova und Mario Kiss gegen Robin Douglas, so lauten also die beiden Halbfinalspiele beim Masters 2007. Und während sich das Saisonabschluss-Turnier der Top 8 immer mehr seinem großen Traumfinale nähert, wurde der gestrige dritte Vorrundenspieltag für einige der Akteure zum echten Alptraum. So zum Beispiel für Michael Kunz, der im direkten Duell gegen Martin Kova um den letzten offenen Semifinalplatz in der blauen Gruppe ritterte. Knapp eine Stunde lang lag der Deutsch Wagramer auf Aufstiegs-Kurs, hatte den ersten Satz im Tie-Break gewonnen und sich scheinbar vom freitägigen Katastrophen-Auftritt gegen Mario Kiss erholt. 35 Minuten nach der 1:0 Satzführung von Kunz schüttelten sich die beiden Kokurrenten um den letzten Halbfinalplatz beim Masters am Netz die Hände. Doch unglaublicher Weise hatte knapp nach 15:35 Uhr nicht der großgewachsene Deutsch Wagramer das letzte Halbfinal-Ticket in Händen, sondern Martin Kova, den ein weiterer Total-Aussetzer von Kunz in die Vorschluss-Runde hievte. Kunz agierte plötzlich wie schon 48 Stunden davor gegen Mario Kiss auf einem erbärmlichen Niveau. Konnte man am Freitag noch mit der Gala-Vorstellung seines Gegners argumentieren, fehlten 2 Tage später selbst abgebrühten Tour-Spielern die Worte um das Kunz-Desaster zu erklären. Die Vorhand an der Mauer, die Rückhand im Netz, der keineswegs in großer Form agierende Kova auf der anderen Seite des Netzes brauchte eigentlich nur den Ball ins Spiel zu bringen und ihn dort zu halten. Ein Kinderspiel für einen wie Martin Kova, der dazu natürlich die ganze Routine von 10 Mastersteilnahmen in die Waagschale warf. Im 410. Karriere-Single fixierte Kova letztlich mit 6:7, 6:1, 6:0 seinen ersten Erfolg über Kunz, und der 24jährige schaffte zudem bereits zum 5. Mal im 7. Versuch das Kunststück, nach einer Auftaktniederlage doch noch ins Masters-Halbfinale vorzurücken. Dort kommt es übrigens zu einer Neuauflage des Vorjahres-Semifinal-Duells mit Andreas Harbarth. Übrigens für Statistik-Fans unter den Homepage-Lesern: Gegen Kunz feierte Kova bereits seinen 23. Einzelsieg beim Masters, womit er in der Ewigen-Besten-Liste an Klaus Hofer vorbei zog und nunmehr alleiniger dritter dieser Wertung ist.

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Mario Kiss souverän im Halbfinale, Hans Ebner nach 100. Karriere-Match out

Bereits vor dem alles entscheidenden Duell Kova gegen Kunz, hatte Turnierfavorit Mario Kiss seine Ausnahmestellung in der blauen Gruppe neuerlich demonstriert. Der 28jährige gewann auch sein drittes Vorrundenspiel höchst souverän, ohne Satzverlust und ein weiteres Mal mit einer zweistelligen Anzahl an unnehmbaren Aufschlägen für die Konkurrenz. Mit 12 Assen gegen Hans Ebner schraubte der “Wimbledon-Sieger der Hobby-Tennis-Tour” seine beeindruckende Service-Bilanz im Verlauf des Masters-Turniers bereits auf 41 Asse die mit ein Hauptgrund für seine nach wie vor blütenweise Weste auf der Hobby-Tennis-Tour sind. Kiss feierte den 23. Einzelsieg in Serie und konnte sich im zweiten Satz seines zweiten Duells mit Ebner sogar den Luxus leisten, einige Dinge für die anstehende Masters-Entscheidung zu probieren und einen Gang runter zuschalten. Das alles wohlgemerkt gegen den “US Open Sieger der Hobby-Tennis-Tour”, der auch bei seiner zweiten Masters-Teilnahme nicht über die Vorrunde kam, und diesmal sogar sieglos die Heimreise nach Korneuburg antreten musste. Von Trauer war beim 38jährigen trotzdem keine Spur zu merken als er sich zum abschließenden Masters-Resümee mit dem Veranstalter traf. “Ich bin nicht unglücklich über das zu Ende gegangene Turnier. Ich hatte zwei total ausgeglichene Spiele mit Kunz und Kova und ein schönes Match mit dem Mario Kiss. Ich hatte mir vorgenommen ein paar Games zu gewinnen, und das ist mir auch gelungen. Schade das ich im zweiten Satz zwei Spielbälle zum 3:3 nicht nutzen konnte, aber ehrlicher Weise muss man auch sagen, dass der Mario im zweiten Satz sicher ein wenig Tempo aus der Partie genommen hat. Ich freue mich schon wieder auf die kommende Saison, wo ich gleich im Jänner wieder voll einsteigen werde. Jetzt hoffe ich noch, dass bei der anschließenden Tennis-Diskussion “Hobby-Tennis-Tour die Zukunft” nicht zu viele Regeländerungen beschlossen werden, denn es ist schon gut so wie die Tour im Moment läuft”, meinte der Korneuburger Ranglisten-Zweite der gegen Kiss übrigens sein 100. Karriere-Match absolvierte und damit als 36. Spieler der Tourgeschichte in den 100er-Club jener Spieler Aufnahme fand, die 100 oder mehr Singles bestritten haben. Mario Kiss hingegen gönnte sich beim Spiel zwischen Robin Douglas und Bernhard Nagl noch einen intensiveren Blick auf seinen Halbfinalgegner, ehe er zufrieden die Halle verließ. “Ich habe im zweiten Satz ein wenig zurück geschaltet und auch versucht Serve & Volley zu spielen. Mein Sieg war nie in Gefahr und ich konnte mich wieder auf meinen Aufschlag verlassen”, analysierte der 4fache Saisonsieger.

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Nagl findet im letzten Mastersspiel aus der Krise und gewinnt sein 100. Karriere-Single

Während in der blauen Gruppe also recht klare Verhältnisse über Halbfinal-Aufsteiger und Masters-Aussteiger herrschten, hatte die rote Vorrunden-Gruppe einiges an Kuriositäten und Spannung zu bieten. So qualifizierte sich beispielsweise Robin Douglas mit einer Niederlage für die Vorschluss-Runde, scheiterte der als großer Außenseiter gestartete Patrick Meinhart letztlich nur am “Game-Verhältnis” am Halbfinal-Aufstieg und musste Titelverteidiger Bernhard Nagl die Vorrunde als Gruppenletzter beschließen. Die beiden “US-Open-Finalisten der Hobby-Tennis-Tour” vom vergangenen September Hans Ebner und Bernhard Nagl also jeweils Gruppen-Schlusslicht, eine echte Überraschung beim Masters 2007. Doch während sich Ebner in der roten Gruppe sieglos verabschieden musste, konnte sich der 2fache Masters-Champion Bernhard Nagl am Sonntag Nachmittag rehabilitieren und nach einer wirklich starken Leistung zumindest mit einem Sieg über Robin Douglas Abschied vom Masters nehmen. Über zweieinhalb Stunden lang kämpften Nagl und Douglas in ihrem ersten Tour-Aufeinandertreffen überhaupt in einer sehenswerten Partie, schon nach rund einer Viertelstunde aber nur mehr ums Prestige. Weil Nagl die deutsche Nummer 1 mit lediglich drei abgegebenen Games hätte schlagen müssen, um noch eine Halbfinal-Chance zu haben. Nach 15 Minuten stand es 3:3 und der Deutsche “fast und unter der Voraussetzung das Harbarth gegen Meinhart gewinnt) im Semifinale. Die plötzlich und frühzeitig gefallene Entscheidung wer im Halbfinale Gegner von Mario Kiss sein wird, hatte aber einen höchst positiven Einfluss auf das Spiel an sich, in dem vorallem Bernhard Nagl mit einer gewaltigen Leistungssteigerung zum Vorrunden-Ende überzeugen konnte. Mit 7:6, 5:7, 6:3 verhindert “Bernie” zudem ein absolutes, noch nie in der 18jährigen Tour- und Masters-Geschichte vorgekommenes Horror-Szenario rund um einen Masters-Titelverteidiger. Denn noch nie musste sich ein Masters-Champion im darauffolgenden Jahr ohne Sieg in der Vorrunde verabschieden. Mit dem gewonnenen letzten Vorrunden-Match konnte sich Nagl zumindest in die illustere Gesellschaft gescheiterter Masters-Titelverteidiger wie Christian Kainz (Sieger 2000, Vorrunden-Aus 2001 mit einem Sieg), Roman Ainberger und Klaus Hofer mit ähnlichem Schicksal einreihen. Die totale Pleite blieb also Gott sei Dank aus, und so hatte der gestrige Sonntag für Nagl sogar noch ein echtes Highlight zu bieten. Denn in der allgemeinen Bestürzung und Verwunderung über die dramatische Nagl-Krise gewann der 29jährige am letzten Vorrunden-Spieltag im 120. Match seiner Laufbahn sein 100. Karriere-Einzel. Eine phantastische Leistung wenn man bedenkt, dass in 18 Jahren Hobby-Tennis-Tour erst neun Spieler vor ihm 100 oder mehr Einzelsiege feiern konnten. “Es ist es schon höchste Zeit geworden das ich endlich den 100sten Sieg geschafft habe”, meinte Nagl. Und angesprochen auf das Match gegen Douglas erklärte der enttrohnte Titelverteidiger: “Ich freue mich total, endlich wieder einmal eine gute Leistung gezeigt zu haben. Das war heute nach langer Zeit wieder einmal eine ansprechende Vorstellung”. Die durchaus mögliche Halbfinal-Chance in der roten Gruppe die Nagl wohl am zweiten Spieltag mit der sensationellen Niederlage gegen Meinhart vergeben hatte, spuckte dem 11fachen Turniersieger hingegen nicht mehr im Kopf herum. “Das ist kein Thema mehr für mich. Das ist vorbei und Geschichte”. Vorbei wäre das Masters am Sonntag Abend auch beinahe für Robin Douglas gewesen. Der Deutsche zog sich während des Spieles mit Nagl eine Zerrung zu, und seinen Halbfinal-Auftritt gegen Kiss zunächst einmal zurück. Erst am heutigen Vormittag gab Douglas Entwarnung. “Ich werde gegen den Kiss im Semifinale antreten, auch wenn ich Schmerzen beim Sprint verspüre. Zum Match gegen Nagl muss ich sagen, dass sich der Bernie ausgerechnet gegen mich aus seinem Tief gespielt hat. Er hat sehr stark gespielt, und nach meiner Verletzung vor allem auch sehr clever. Mit vielen Stopps hat er mich mürbe gemacht”.

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Harbarth “braucht” drei Sätze gegen Sensationsmann Patrick Meinhart

Mit acht Einzelsiegen in Serie geht übrigens am heutigen Abend die Nummer 1 der Hobby-Tennis-Tour Andreas Harbarth in sein Semifinale gegen Martin Kova. Davor hatte der 24jährige aber einen kuriosen Sonntag-Nachmittags-Auftritt gegen den Sensationsmann und Nagl-Bezwinger Patrick Meinhart hinter sich zu bringen. Die Tatsache einen Satz gegen den Underdog abgegeben zu haben läßt mehrere Fragen offen. Hat Harbarth einmal mehr den Jungstar wie schon beim Oktober-GP-Turnier vor drei Wochen “verarscht”, oder doch kurze Zeit sogar mit der Vorstellung geliebäugelt, den Außenseiter mit ins Semifinale zu nehmen? Denn Harbarth war knapp nach 14:30 Uhr tatsächlich in der Situation wählen zu können, Douglas oder Meinhart mit unter die letzten Vier des Masters 2007 zu nehmen. Womöglich benötigte der Ranglisten-Erste einwenig länger für seine Entscheidung, und so überließ er dem Junior im Mastersfeld den zweiten Satz mit 7:5. Es kann wohl nur so gewesen sein, denn von einem gewonnenen Satz konnte und wollte selbst Meinhart nach dem Spiel nicht sprechen. “Ich habe an diesem Wochenende gar nicht gut gespielt. Die Ergebnisse sagen zwar etwas anderes, aber das liegt wohl eher an den Gegnern. Auch heute gegen den Harbarth war meine Leistung nicht sonderlich gut”. Eine Aussage die in Anbetracht eines Satzgewinnes gegen die Nummer 1 wohl ohnehin nicht näher beleuchtet werden muss. Am Ende dürfte Harbarth seine Spekulationen Punkt für Punkt durchgegangen, und zu folgendem Schluss gekommen sein. Ein Douglas im Semifinale kann den Kiss sicher mehr fordern, ärgern und für das mögliche Finale müde machen als ein Meinhart. Und zu guter Letzt wird ihm wohl auch klar geworden sein, dass Meinhart im Falle eines Erfolges sogar Gruppensieger gewesen wäre, und Harbarth höchstpersönlich dann zum Halbfinale gegen Kiss anzutreten gehabt hätte. Eine wenig erbauliche Vorstellung selbst für den Ranglisten-Ersten, der dann im Finish mit einem 6:2 die alte Rangordnung wieder herstellte.

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Claus Lippert, 19. November 2007