Bei Masters-Halbzeit haben noch 7 Spieler Titel-Chancen

Halbzeit beim Masters der Hobby-Tennis-Tour im Tennispoint Vienna. Nach bislang 8 von insgesamt 15 Spielen des 18. Saisonabschluss-Turniers der Top 8 sind zwar nur mehr die beiden Topfavoriten Andreas Harbarth und Mario Kiss ohne Niederlage, vor dem sonntägigen dritten Vorrunden-Spieltag haben aber sensationeller Weise noch 7 Spieler die Chance auf einen Halbfinal-Einzug und damit in weiterer Folge auch auf die Masters-Krone 2007. Ein Bericht von C.L

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Meinhart liefert mit Sieg über Titelverteidger Nagl die große Sensation

Martin Kova nach der siebenten Auftakt-Niederlage bei seiner 10. Masters-Teilnahme wieder einmal mit erfolgreich gestarteter Aufholdjagd, Mario Kiss mit einer Gala-Vorstellung der besonderen Art als erster Spieler für das Semifinale qualifiziert, doch die Schlagzeilen des zweiten Spieltages beim Masters 2007 am späten Freitag Abend gehörten einem jungen Mann, den viele Skeptiker in den letzten Tagen und Wochen nur als lästigen unqualifizierten “Störefried” im Kreis der Tour-Top-Stars betrachteten. Patrick Meinhart, der vermeintliche Underdog der 18. Masters-Ausgabe lieferte mit zwei gewonnenen Tie-Breaks ausgerechnet gegen den zweifachen Masters-Sieger und Titelverteidiger Bernhard Nagl eine der größten Masters-Sensationen der letzten Jahre.

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Standing ovations für den jüngsten Spieler im Feld nach seinem Super-Sieg

Direkt am 4er-Court des Tennispoint Vienna saßen Michael Kunz und Mario Kiss bei einem Bierchen um die große Sensation live mitzuverfolgen, am Nebenplatz warteten Martin Kova und Hans Ebner auf den Ausgang des superspannenden Tie-Breaks, und alle zusammen freuten sich knapp vor 23 Uhr mit dem Junior über dessen bislang größten Karriere-Erfolg. Eben hatte Meinhart seinen zweiten Matchball verwandelt, als sich sogar der große Turnierfavorit Mario Kiss von der Bank erhob, um dem Sensationssieger den anerkennenden und wohlverdienten Applaus zu spenden. Alle standen sie plötzlich, vom großen Titel-Favoriten Mario Kiss, über den “US Open-Sieger der Hobby-Tennis-Tour” Hans Ebner bis hin zum 2fachen Masterssieger Martin Kova. Standing Ovations und tosender Applaus begleiteten Meinhart auf seinem Gang zum Shakehands mit dem großen Gegner. Wer hätte das noch vor wenigen Tagen für möglich gehalten. Man wäre wohl für verrückt erklärt worden, hätte man den – zugegeben stark verbesserten – Jungstar auf Sieg gegen den “Mister Masters der letzten Jahre” gesetzt. No na, immerhin verlor Nagl in den letzten drei Jahren beim Masters nur eine einzige Partie, heuer in 24 Stunden gleich zwei. Damit steht der 29jährige Vorjahressieger nach zwei Vorrunden-Niederlagen in Serie praktisch vor dem Aus und er läuft zudem Gefahr, erstmals überhaupt das Masters-Semifinale zu verpassen.

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Meinhart stopft Kritikern das Maul und stürzt Nagl in eine echte Tennis-Krise

Und rückblickend auf die große Masters-Sensation, die übrigens bereits “Bernies” dritte Hallen-Niederlage in Serie bedeutete, muss man sagen, dass Meinhart nicht einmal unverdient den Super-Sieg über Nagl davongetragen hat. Der 17jährige spielte eine außerordentlich starke Partie, mit Herz, Hirn und der notwendigen spielerischen Leistung um gegen einen 11fachen Hobby-Tennis-Tour-Champion siegreich zu bleiben. In beiden Sätzen startete Meinhart zögerlich, in beiden Durchgängen behielt der 3fache Saisonsieger aber schließlich im Tie-Break die Oberhand. Ein Sieg als Lohn für die unzähligen harten Trainingsstunden mit Coach Harald Selak, ein Sieg aber auch für die vielen Kritiker und bösen Zungen im Vorfeld des Masters, die ihm nichts aber auch absolut gar nichts zugetraut hatten. Der “System-Ausnützer”, der nur zum Games-Zählen anreisen wird, stopfte den Skeptikern ordentlich das Maul. “Ich freue mich riesig über diesen Sieg. Es ist mein bisher wertvollster. Ich hatte mir vor dem Masters vorgenommen, zumindest einen Satz zu gewinnen. Dann war ich ein wenig enttäuscht über die Auslosung, aber ich wusste, dass ich einen Satz am ehesten gegen den Bernie schaffen kann. Jetzt habe ich sogar gewonnen, eine echt Super-Sache”, strahlte der 17jährige. Mit dem sensationellen 7:6, 7:6 Erfolg über den Titelverteidiger hat Meinhart beim 55. Turnierstart seinen 55. Karriere-Einzelsieg eingefahren und wohl endgültig die Diskussion über seine Berechtigung beim Masters zu starten beendet. Auf der anderen Seite lehnte ein trotz neuerlicher Masters-Pleite relativ gelassener Vorjahres-Champion an der Bar, nuckelte an seinem wohl etwas säuerlich schmeckenden Bier und suchte vergeblich nach den Gründen seines abermaligen Scheiterns. “Ich habe keine Ahnung woran es liegt und warum derzeit so gar nichts in meinem Spiel funktioniert. Nicht einmal mein Rückhand-Slice klappt mehr so wie früher”, klagte der 29jährige. “Und es ist wie verflixt, aber der 100. Einzelsieg meiner Laufbahn will auch einfach nicht gelingen”, jammerte “Bernie”, bei dem scheinbar aus der Startpleite vom Donnerstag innerhalb von 24 Stunden eine erste echte Karriere-Krise erwachsen ist.

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Mario Kiss bietet Super-Show gegen Kunz und steht als erster Halbfinalist fest

Abseits der großen Meinhart-Sensation hatte der zweite Spieltag aber quasi noch ein geniales Vorspiel zu bieten. Man muss zwar vorsichtig sein mit Superlativen und Lobeshymnen, doch die Darbietung die Rasen-Grand-Slam-Sieger Mario Kiss am Freitag Abend auf den 3er-Court des Tennispoint Vienna zauberte, war in der Tat nicht anders zu beschreiben als galaktisch, außerirdisch und phantastisch. Mit einer atemberaubenden Vorstellung bestätigte November-Super-4-Sieger Mario Kiss in seinem zweiten Vorrunden-Match gegen Michael Kunz eindrucksvoll seine Favoritenrolle auf den Titel. 6:0, 6:0 nach nur 35 Minuten, der 28jährige Ranglisten-Fünfte deklassierte in einer gigantischen Gala-Darbietung die Nummer 4 der Hobby-Tennis-Tour. Kunz wurde regelrecht vorgeführt, von einem Mann der alles traf und sich selbst an diesem Tag übertraf. Am Vortag gegen Martin Kova matt und spielschwach in sein Masters-Debüt gestartet, schrieb die Tour-Homepage noch von der ausgebliebenen Kiss-Show. Doch einer wie Kiss läßt sich eben nicht zwei Mal bitten, und so bat der 28jährige 24 Stunden später zum großen Gala-Auftritt. In einer perfekt inszenierten One-Man-Show machte er sein Gegenüber Michael Kunz zum Statisten und sich selbst zum großen Interpreten einer imposanten und noch viel größeren Filzkugel-Show. Beeindruckend die Aufschlagstärke, die “Super-Mario” mit 16 Assen untermauerte, sehenswert seine Performance beim Return, und einfach unnachahmlich mit welcher Power und Präzision Kiss das Duell der beiden besten Aufschläger im Feld dominierte. Das ein Spieler und Aufschläger wie Kunz kein Service-Game durchbringt beweist, mit welcher Extraklasse der Turnierfavorit zu Werke ging. Lohn für die 35minütige Super-Solo-Show war der bereits vorzeitig feststehende Gruppensieg, der ihm als ersten Spieler vorzeitig eines von vier Halbfinal-Tickets sicherte. “Damit die Gegner was zum grübeln haben”, schmunzelte Kiss in einer ersten Reaktion. “Nein im Ernst, ich habe heute einfach alles getroffen. Es war so ein Tag, wo dir alles gelingt. Selbst beim Return bin ich meistens voll draufgegangen und habe damit gepunktet. Den Michi Kunz und dann noch in der Halle 6:0, 6:0 zu schlagen ist schon etwas besonderes”, zeigte sich Kiss nach seinem bereits 22. Einzelsieg in Serie höchst zufrieden. Die ganze Wahrheit rund um den galaktischen Kiss-Auftritt ist aber auch, dass Gegner Michael Kunz einen rabenschwarzen Tag erwischte. “Natürlich hätte ich heute nie und nimmer gegen den Mario gewonnen, aber zwei Mal 0:6 ist schon sehr hart. Ihm ist einfach alles gelungen und mir absolut gar nichts. So ist dieses Ergebnis zu erklären. Bei wir war die Luft schon nach dem ersten Aufschlag-Game raus. Da habe ich nach 30:0 Führung das rasche Break kassiert und da war mir dann schon klar, dass es gegen einen großartig aufschlagenden Mario an diesem Tag nichts zu gewinnen gibt. Für mich war das Match heute aber nicht ganz so wichtig. Ich muss mich jetzt auf Sonntag und auf den Martin Kova konzentrieren. Wenn ich dort halbwegs vernünftig auftrete, sollte ein Sieg möglich sein”, analysierte der 36jährige Deutsch Wagramer.

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Martin Kova wahrt mit Sieg über Ebner die Chance auf sein 7. Masters-Halbfinale

Und dieses erwähnte letzte Vorrundenmatch gegen Martin Kova wird zum entscheidenden Duell um das zweite Halbfinal-Ticket der blauen Gruppe hinter Mario Kiss. Die Chance auf sein mögliches siebentes Masters-Semifinale beim 10. Turnierstart wahrte Kova mit einem 4:6, 6:1, 6:0 Sieg über September-Grand-Slam-Sieger Hans Ebner. Und dieser Dreisatz-Triumph war kein gewöhnlicher, sondern einer der wieder einmal einen Meilenstein in der großartigen Kova-Karriere darstellt. Der 24jährige ist jetzt beim Masters genauso erfolgreich an Einzelsiegen wie der einstige Tour-Superstar Klaus Hofer. Mit 22. Einzelsiegen beim Masters hat Kova in der Ewigen-Bestenliste den drittplatzierten Hofer eingeholt und am Sonntag gegen Kunz die Möglichkeit, sogar an ihm vorbeizuziehen. Davor feierte der 2fache Masterssieger (2001, 2003) aber den vierten Sieg im vierten Duell mit Ebner und er startete zum siebenten Mal in seiner Karriere eine Aufholjagd beim Masters nach einer Vorrunden-Niederlage. Vier Mal schaffte der ehemalige Ranglisten-Erste nach einem Start-Ausrutscher noch den Sprung ins Semifinale, die Chance auf die fünfte erfolgreiche Aufholjagd wahrte Kova mit einem Arbeitssieg über den Ranglisten-Zweiten aus Korneuburg. Ein offener erster Satz ließ Spannung und Dramatik für diesen Vorrunden-Schlager erhoffen, doch der müde wirkende Hartplatz-Grand-Slam-Sieger ließ im Finish keine Spannung mehr zu. Kraftlos schlitterte Ebner in seine zweite Dreisatz-Niederlage bei seinem 30. Karriere-Turnier und verabschiedete sich damit als erster Spieler von der Hoffnung auf ein mögliches Semifnale. “Ich habe alles versucht in zwei Sätzen zu gewinnen. Nachdem ich gesehen habe, dass mir das heute nicht gelingen wird, war die Partie praktisch gelaufen. Ich bin scheinbar ein typischer Samstag-Sonntag-Spieler. Ich habe echt große Probleme mit Spielen die an Wochentagen und am Abend stattfinden”, erklärte der 38jährige. Trotz gewahrter Halbfinal-Chance zeigte sich Sieger Martin Kova auch mit seinem zweiten Masters-Auftritt nicht zufrieden. “Ich weiß nicht was los ist im Moment. Ich fühle mich schon den ganzen Tag irgendwie komisch und krank. Es war wieder eine schwache Leistung heute von mir und mit Sicherheit das bislang schwächste unserer drei Duelle auf der Tour”, meinte der 24jährige.

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Harbarth mit 70. Karriere-Einzelsieg ins Semifinale – Douglas will Nagl zu Null schlagen

Am Samstag komplettierten schließlich noch Andreas Harbarth und Robin Douglas die zweite Vorrunde beim Masters 2007. Dabei sicherte sich der Ranglisten-Erste Andreas Harbarth mit einem 6:4, 6:4 Erfolg über Deutschlands Robin Douglas den 70. Einzelsieg seiner Karriere und zugleich als zweiter Spieler nach Mario Kiss einen Platz im Halbfinale. Eine Stunde und 37 Minuten benötigte der 24jährige in einem phasenweise hochklassigen Match um auch das dritte direkte Duell mit der deutschen Nummer 1 für sich zu entschieden und mögliche im Vorfeld aufgetauchte Schiebungsgerüchte in die Welt der Phantasie zu befördern. Ein Satzverlust der Nummer 1 hätte seinem Freund und Doppelpartner Robin Douglas nämlich bereits vor dem abschließenden dritten Vorrunden-Spieltag zur Halbfinal-Quali genügt. “Almosen, auf die Douglas freilich ohnehin keinen Wert legt. Ich brauche heute keine Geschenke vom Harbarth. Ich schlage morgen ohnehin den Nagl. Wenn ich so spiele wie heute mache ich mir keine Sorgen. Da macht der Nagl ohnehin kein Game gegen mich”, heizte der charismatische Ober-Germane das entscheidende Duell um das Semifnale gegen Titelverteidiger Bernhard Nagl verbal noch an. Von den zuletzt gezeigten Leistungen aber einmal ausgegangen, ist der 30jährige Masters-Debütant aus Deutschland in der Tat der große Favorit. Douglas ließ selbst im Duell mit Harbarth in vielen Phasen ansteigende Form erkennen und könnte im Verlauf des Turniers womöchlich noch zum “lachenden Dritten” im Zweikampf um den Masters-Titel zwischen Kiss und Harbarth werden.

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Claus Lippert, 18. November 2007