Enttäuschender Sonntag beim September-GP

Hans Ebner wird seiner Favoritenrolle in der oberen Rasterhälfte des September-Grand-Prix voll gerecht, Walter Posteiner bleibt der Sensationsmann des Turniers und Andreas Harbarth hält weiter souverän Kurs in Richtung Saisontitel Nr. 4. Das ist die Bilanz des dritten Turniertages beim letzten Outdoor-GP-Event des Jahres, der in jeder Beziehung klar im Schatten des Super-Saturdays vom Vortag stand. Ein Bericht von C.L

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Tag beginnt grau in grau und mit einem matten Schlagerspiel

Er begann schon grau in grau dieser 1. Oktober des Jahres 2006. Dichter Nebel lag über der Tennisanlage in der Leberstraße, als Michael Kunz und Herbert Stegmüller zum Eröffnungsspiel des Tages den Court betraten. Kunz nach seinem September-Without-Top-Ten-Titel und der souveränen Auftaktleitsung gegen Ermin Dzafic guter Dinge, gegen einen grantigen Stegmüller, der den 10 Uhr Spieltermin verfluchte und diesen unmittelbar vor dem Spiel mit einer Tasse Kaffee erträglicher zu machen versuchte. Knapp zwei Stunden später sah die Welt der beiden Eröffnungsspielprotagonisten dann freilich ganz anders aus. Stegmüller freute sich trotz erhaltener Höchststrafe über ein “nettes Spiel das Spaß gemacht hätte”, während Kunz nach einer desolaten Vorstellung und einem 2:6, 0:6 Debakel im Viertelfinalschlager gegen Andreas Harbarth mit hängendem Kopf vom Platz schlich.

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Harbarth deklassiert September-Without-Top-Ten-Sieger Kunz in Rekordzeit

Der große Hit zwischen dem dreifachen Saisonsieger und Wimbledon-Champion Andreas Harbarth und dem zweifachen Without-Top-Ten-Gewinner Michael Kunz lockte zum Frühschoppen des September-GP-Turniers so manchen Zuseher mehr auf den mittlerweile von zaghaften Sonnenstrahlen gezierten Centercourt. Warm wurde den vielen interessierten Zusehern beim Duell der beiden Topfavoriten aber nicht. Im Gegenteil, aus dem erwarteten Showdown des Turniers wurde ein müder Vormittagsspaziergang der beiden Topstars. Das lag freilich weniger am späteren Sieger, der mit einer konzentrierten Darbietung eigentlich das Seinige für eine hochklassige Auseinandersetzung in die Partie einbrachte, während sich Kunz mit einer ungewohnt fehlerhaften Vorstellung recht rasch auf der Verliererstrasse fand. Viele leichte Fehler von der Grundlinie, der zuletzt so mächtige und hochgelobte Aufschlag nicht vorhanden, musste sich Kunz in Rekordtempo zum zweiten Mal im zweiten Aufeinandertreffen mit Harbarth geschlagen geben.

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Auch Sensationsmann Posteiner enttäuscht am dritten Spieltag

Doch auch sonst stand der dritte “nebelige und später sogar kurzfristig verregnete” Spieltag beim September-GP klar im Schatten des sonnigen und von hochklassigen Leistungen gespickten Super-Samstag vom Vortag. Kaum ein Match, das die Zuseher von den Sitzen riß, eher Tristesse pur. Walter Posteiner, am Samstag noch als großer umjubelter Sieger gegen Michael Berger gefeiert, mühte sich im Achtelfinale gegen Tour-Senior Hans Krammer ab. 6:7, 1:4 lag der Berger-Bezwinger zurück, und das der 40jährige das Viertelfinale und später sogar das Semifinale erreichte lag nicht an ihm und einer neuerlich megastarken Leistung, sondern ganz alleine an Krammer, der plötzlich bei klarer Führung einen unerklärlichen Einbruch erlitt. “Keine Ahnung, ich war bei 7:6 und 4:1 so sicher zu gewinnen, und plötzlich ging von einer Minute zur anderen überhaupt nichts mehr”, grübelte der Oldie. Einen matten Auftriit leisteten sich auch die Doppelakteure beim September-GP. Waren die Vormittagsbegegnungen Berzengi-Meinhart gegen Piatek-Krammer und Saroy-Macheev gegen Kerschenbauer-Saurugger mit Champions-Tie-Break-Entscheidungen zumindest noch spannend, verflachte das Nachmittagsgeschehen mit dem Centercourt-Viertelfinal-Doppel Kramer-Schindler gegen Novak-Dinter zusehends. Was die vier Spieler am Netz zeigten, grenzte an “Anfängertennis”, ein megaspannender und teilweise auch spektakulärer Tie-Break den Kramer-Schindler schließlich mit 13:11 gewannen, entschädigte ein wenig die Zuseher am Centercourt.

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Tatjana Aubram und Rene Karlik als Lichtblicke des Tages

Einzelne Lichtblicke, so selten wie die spärliche Sonne die trotz angekündigtem Kaiserwetter großteils ausblieb, gab es aber auch an diesem dritten Spieltag zu sehen. Tatjana Aubram beispielsweise war einer dieser positiven Tages-Ausreißer. Die 14jährige setzte in ihrem Achtelfinale am Centercourt gegen Florian Dinter endlich einmal das um, was man von ihr im Training gewohnt ist und zu sehen bekommt. Der Teenager sorgte mit druckvollem Spiel dafür, dass Dinter sich vor dem Viertelfinale gegen Ebner länger, härter und konzentrierter mit seinem scheinbar “leichten Achtelfinal-Auftritt” beschäftigen musste. Am Ende setzte sich natürlich Dinters Klasse und Routine im Duell mit dem weiblichen Jungstar durch, Lob und Szenenapplaus waren der 14jährigen Nachwuchshoffnung des TC Schmelz aber gewiss. “Tatjana hat sich im letzten halben Jahr unheimlich gesteigert”, bemerkte Centercourt-Beobachter Hans Krammer. “Vor einem Jahr habe ich noch in der Halle gegen Tatjana gespielt, da hat sie nur versucht den Ball im Spiel zu halten. Heute gegen Dinter hat sie richtig druckvoll dagegen gehalten. Sie wird ihren Weg bestimmt machen”. Einen tollen Weg hat auch Rene Karlik ausgerechnet bei seinem 10. Karriere-Turnier hinter sich. Der 22jährige spielte sich nach 4 Erstrundenniederlagen in Serie zum zweiten Mal in seiner Laufbahn in ein Viertelfinale auf der Tour, erstmals sogar bei einem Grand-Prix-Turnier. Mit zwei Energieleistungen fixierte Karlik den bislang größten Karriere-Erfolg. Dem samstägigen Krimi gegen Robert Macheev aus Russland, ließ Rene einen achtelfinalen Marathon gegen Indiens Jaswinder Saroy folgen. Der “internationale Auftritt” Karliks endete erst im Viertelfinale gegen den Deutschen Robin Douglas.

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Harbarth löst mit Sieg über Douglas sein Final-Ticket

Apropos Douglas. Er war es, der gemeinsam mit Andreas Harbarth im ersten vorgezogenen Halbfinale des September-GP-Turniers für einen versöhnlichen Ausklang des Tages sorgte. Am Centercourt lieferten sich die beiden Starspieler einen teilweise recht flotten Schlagabtausch mit dem besseren Ende für den Juni-Grand-Slam-Sieger. Während Harbarth zwischen Viertelfinale und Geburtstagsfeier kurzfristig auch noch das Vorschlussrundenduell mit dem Deutschen einschob und dabei trotzdem völlig entspannt und relaxt wirkte, war Douglas nach seinem ersten Treffen mit dem Shootingstar des Jahres ziemlich “geschlaucht”. “Ich brauche jetzt dringend eine heiße Badewanne, das ist ja ein Wahnsinn was dieser Typ für Bälle erläuft”, verabschiedete sich der 28jährige nach seinem zweiten Sandplatz-Semifinale. Allerdings verließ Douglas das Turnier nicht ohne Kampfansage für das kommenden Wochenende. “Ich will beim Oktober-Without-Top-Ten-Turnier mitspielen, nein eigentlich will ich es gewinnen”.

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Claus Lippert, 3.Oktober 2006