Jänner-Grand-Slam-Turnier mit zwei Major-Final-Rookies

Das an Überraschungen und Sensationen reiche und ohnehin kaum mehr überbietbare erste Grand-Slam-Turnier des Jahres hatte am gestrigen Halbfinal-Abend das nächste unerwartete Resultat zu bieten. Nachdem sich die absolute Elite der in den letzten Jahren so erfolgsverwöhnten Topstars am vergangenen Wochenende frühzeitig und beinahe kollektiv verabschieden musste, erwischte es im Halbfinale des Jänner-Grand-Slam-Turniers auch das letzte Ass der zerrupften Top-Ten-Garde. Der an Nummer 4 gesetzte “French Open-Champion der HTT” Franz Mayrhuber scheiterte in nicht einmal einer Stunde an Kiss-Bezwinger Victor Stabrawa und musste so die erste Grand-Slam-Einzelniederlage nach zuletzt acht siegreichen Matches in Serie hinnehmen. Im zweiten Vorschluss-Runden-Spiel des Abends und dem Duell der beiden Ungesetzten kämpfte Kärntnens Terra-Rossa-Neuzugang Lukas Planteu den Olympiasieger von 2006 Franz Korger mit 6:3, 6:7, und 6:1 nieder. Damit kommt es am Dienstag zum finalen Showdown zweier “Major-Final-Rookies”, denn weder Victor Stabrawa noch Lukas Planteu standen bislang in ihrer Hobby-Tennis-Tour-Karriere in einem Grand-Slam-Finale. Ein Bericht von C.L

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Jungstar Stabrawa “zockt” Routinier Mayrhuber im halbfinalen Generationen-Duell ab

Das verrückteste Jänner-Grand-Slam-Turnier der Geschichte geht in die entscheidende Schlussphase und wird auch am vorletzten Spieltag weiter von Überraschungen geprägt. Seit Montag Abend knapp nach 22 Uhr steht es endgülig fest. Der erste Major-Champion der noch jungen Saison wird keiner aus der umfangreich an den Start gegangenen Favoriten-Riege sein. Das heißt zwar nicht, dass mit Victor Stabrawa und Lukas Planteu zwei “unbegabte” Herren sich um die ersten 200 Saison-Punkte duellieren werden, aber mit dem 19jährigen Hernalser vom Heuberg und dem 30jährigen Kärntner hatten weder Mitspieler noch Experten der HTT wirklich ernsthaft gerechnet. Am ehesten in den erweiterten Kreis an Titelaspiranten konnte man im Vorfeld noch Jungstar Victor Stabrawa einreihen. Der 19jährige hat in seiner Karriere schon drei Turniere gewonnen und auch arrivierte Namen wie jene von Branislav Grznar, Roland Mayerhofer oder Thomas Müller auf seiner persönlichen Abschlussliste. Spätestens mit dem Achtelfinal-Triumph über den Ranglisten-Zweiten Mario Kiss hatte sich der ehemalige WAT-Ottakring-Star in den Fokus des Turnier-Geschehens gespielt. Und spätestens seit dem gestrigen Montag-Abend ist Stabrawa auch ein ganz heißer Kandidat auf den Jänner-Grand-Slam-Titel 2011. Der 19jährige besiegte im halbfinalen Duell der Generationen seinen 27 Jahre älteren Gegner Franz Mayrhuber mit 6:2, 6:4 und qualifizierte sich so für sein erstes Major-Endspiel und sein insgesamt achtes Tour-Finale. Und Stabrawa spielte ein beeindruckendes Match im ersten direkten Treffen mit dem arrivierten Kontrahenten. Abgebrüht und im Stile eines Routiniers, gelassen, ruhig und beinahe emotionlos spulte der Junior den Semifinal-Schlager ab, als wäre es ein unbedeutendes Vorrunden-Meeting bei einem Grand-Prix-Turnier. Der Auftritt der Nummer 16 hatte was von “Abzocke”. Wie er dem auf der Tour berühmt berüchtigten und von vielen Tour-Stars gefürchteten Rückhand-Slice des Franz M. entgegenwirkte, wie clever und eben “abgezockt” er auf diesen schwierig zuspielenden Slice antwortete, war große Klasse. Schon nach wenigen Ballwechseln hatte man als Zuschauer das Gefühl, Stabrawa wäre auf diesen “besten” Schlag Mayrhubers “immun”. Und weil der 19jährige in der Anfangsphase auch nicht “unglücklich” in Sachen Linienbällen und Netzrollern agierte, war der amtierende “French-Open-Sieger der HTT” frühzeitig und unerwartet aus seiner sonst gewohnten Ruhe geraten. Obendrein spielte der 46jährige in seinem insgesamt 4. Grand-Slam-Semifinale einfach “schlecht”, womit dem Jungstar vom TC Sportlights der Sieg nicht zu nehmen war. “Ich habe schon über weite Strecken sehr gut gespielt, aber dann auch wieder Phasen gehabt, wo ich mit vier, fünf Fehlern hintereinander echte Aussetzer hatte”, erklärte der Sieger. “Ich bin mit dem Turnier nicht zufrieden, vorallem natürlich nach diesem Match. Es war von Anfang sehr schwierig, weil der Victor unzählige Linienbälle, Rahmentreffer und Netzroller hatte”, so Mayrhuber nach seinem zweiten Jänner-Grand-Slam-Halbfinal-Auftritt.

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Lukas Planteu kämpft im Duell der Ungesetzten Franz Korger in drei Sätzen nieder

Gegner von Victor Stabrawa im 77. Grand-Slam-Finale der Tour-Geschichte ist Lukas Planteu. Der 30jährige Kärntner gewann knapp mehr als eineinhalb Jahre nach seinem bislang ersten und einzigen Major-Auftritt das zweite Semifinale beim Jänner-Grand-Slam-Turnier 2011 gegen Franz Korger in drei Sätzen mit 6:3, 6:7, und 6:1. Ein Ergebnis das allerdings einwenig täuscht! Denn das der Terra-Rossa-Star im Duell der beiden Ungesetzten gegen Müller-Bezwinger Franz Korger “Überstunden” schieben musste, verdankte er einer Phase der Unkonzentriertheit. Planteu beherrschte nämlich ein auf äußerst hohem Niveau geführtes Match fast zwei Sätze lang mit seinem Aufschlag und damit auch vom Ergebnis her. 6:3, 5:3 lag der Kärntner voran, ehe er bei 5:4 auf den Finaleinzug servierend, zum ersten und einzigen Mal in diesem Halbfinale seinen Aufschlag abgeben musste. Korger rettete sich ins Tie-Break und ließ dort seine große Klasse aufblitzen. Bis 1:1 im dritten Durchgang duellierten sich die beiden Überraschungs-Halbfinalisten auf Augenhöhe, ehe Korger zwei fehlerhafte Games einstreute und bei 1:3 aus seiner Sicht Planteu den Weg ins Endspiel ebnete. “So geil, ich bin endlich wieder einmal in einem Finale. Ich freue mich riesig darauf, obwohl das äußerst hart mit dem “best of five-Modus” wird. Außerdem wird der Victor für mich der wohl bisher härteste Gegner. Ich habe ihn zeitweise auf dem Nebenplatz beobachtet. Wahnsinn wie intelligent er für sein Alter spielt”, zeigte sich Planteu beeindruckt. “Ich habe mehr erreicht als ich mir für dieses Turnier erträumt hatte. Irgendwie bin ich auch ganz froh, das ich mir nicht “best of five” antun muss”, verabschiedete sich Franz Korger.

Claus Lippert, 25. Jänner 2011