Kiss müht sich zu Auftaktsieg beim Masters

Alles andere als souverän ist am Donnerstag Abend der topgesetzte Mario Kiss ins Masters-Turnier 2010 gestartet. Der 31jährige mühte sich zum Auftakt insgesamt 1:49 Stunden lang, ehe er das Eröffnungsspiel der roten Gruppe gegen Thomas Müller mit 3:6, 6:3 und 6:2 gewonnen hatte. Die erste Masters-Vorrunden-Niederlage seiner Karriere und einen damit verbundenen Fehlstart konnte Kiss gerade noch abwenden, lag er doch zwischenzeitlich bereits mit 3:6, und 1:3 zurück. Eine Verkühlung, ein hoch konzentriert spielender Gegner und der ungewohnte Bodenbelag machten dem Masters-Finalisten von 2007 eineinhalb Sätze lang das Leben schwer. Ein Bericht von C.L

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Müller führte 6:3, 3:1, ehe sein Spiel total auseinander brach und das Eröffnungsspiel eine Wende erfuhr

Viel hätte nicht gefehlt, und die am Donnerstag Abend in Szene gegangene 21. Masters-Auflage hätte schon im ersten Match eine Überraschung zu bieten gehabt. Zumindest der Papierform nach, wäre ein Müller-Sieg unerwartet gewesen, doch dann präsentierte sich der “Wimbledon-Sieger der HTT von 2009” rund eine Stunde lang von seiner besten Seite. Konzentriert, aufschlagstark und hellwach in den entscheidenden Situationen, hatte sich der Champions-Race-Sechste mit 6:3 und 3:1 in Führung gebracht. Ein Break zum 3:1, und ein weiteres zum 5:3, damit hatte der 40jährige WAC-Star den Grundstein zum Gewinn des ersten Satzes gelegt. Kurze Zeit später wähnte man Müller in seinem 130. Karriere-Match schon als Sieger. Nicht nur das “Tom” bis dahin alles richtig machte, war es vorallem sein Gegenüber, das kaum Anlass gab, hier noch auf eine Wende zu setzen. Kiss stapfte weinerlich über den 9er-Court im Vienna Sporthotel, haderte mit seinem ganz schwachen – weil viel zu fehlerhaften – zweiten Aufschlag, ärgerte sich über unzählige Rahmenbällle die ihm ungewohnter Weise passierten, und er fand vorallem kein Rezept, Müller aus dem Rhythmus zu bringen. Und doch nahm das Eröffnungsspiel plötzlich eine dramatische Wende. Müller führte 3:2 als ihm bei eigenem Aufschlag nur zwei Punkte zum 4:2 fehlten. “Wenn zwei, drei Punkte bei 3:2 im zweiten Satz anders laufen, dann gewinne ich diese Partie”, war sich Müller später in seiner Match-Analyse sicher. Doch stattdessen brach mit dem Re-Break zum 3:3 Tom`s Spiel komplett auseinander. Sieben Games in Series gingen an seinen Gegner, womit Kiss nicht nur zum Satzausgleich kam, sondern auch früh im dritten Durchgang ein Break bejubeln durfte. Und weil Kiss im Finish bei eigenem Aufschlag nichts mehr anbrennen ließ, und Müller dem immer stärker werdenden Gegner auch kräftemäßig nichts mehr entgegenzusetzen hatte, war der Entscheidungssatz dann auch recht rasch zu Ende gegangen.

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Kiss nach Saison-Einzelsieg Nr. 42: “Ich bin heilfroh gewonnen zu haben”

“Ich habe heute lange überlegt, ob ich überhaupt antreten sollte. Ich bin leider verkühlt, aber dann dachte ich mir, schau dir die Partie einmal an. Nach dem 3:6, 1:3, hätte ich nicht gedacht, hier noch irgendwas gewinnen zu können. Ich habe die Bälle dann nur mehr “reingezupft” und der Tom hat viele Bälle versemmelt. Nach dem zweiten Satz war mir klar, dass ich dieses Match nicht mehr verliere. Und der dritte Satz war dann eine klare Sache. Ich habe ziemlich sicher gespielt, und der Thomas hat von Game zu Game abgebaut. Ich bin jetzt heilfroh gewonnen zu haben. Gegen den Geisler habe ich morgen ein Freispiel, gegen den Kramer darf nix anbrennen, und das sollte dann reichen, außer der Müller schlägt den Geisler. Man wird sehen was passiert”, analysierte Kiss sein 55. Saison-Einzelmatch. Mit dem Auftakterfolg über Müller feierte Mario obendrein seinen 42. Einzelsieg im Jahr 2010, womit er im Duell mit Thomas Guem (41 Siege) wieder die Nase vorne hat.

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“Die Ausgangsposition ist jetzt zwar nicht besser geworden, aber noch ist nichts vorbei”

Ein wenig leer wirkte der Gesichtausdruck des Thomas Müller unmittelbar nach Ende des Eröffnungsspieles. Der 40jährige saß vor seinem iPad im Restaurant des Sporthotels und studierte den Live-Ticker auf www.hobbytennistour.at. Und da wude ihm nochmals schmerzlich in Erinnerung gebracht, welch große Chance er da heute Abend ausgelassen hatte. “Ich habe eineinhalb Sätze lang eine sehr konzentrierte Leistung geboten. Doch dann hat sich auf recht unspektakuläre Weise das Match gedreht. Für das restliche Spiel war ich stets zu spät am Ball, und der Mario hat speziell zu Beginn des dritten Satzes ein paar echte Zauberbälle ausgepackt. In dieser Phase habe ich nämlich nicht einmal so schlecht gespielt”, erklärte der Unterlegene. Für den Rest des Turniers sieht Tom aber noch durchaus intakte Chancen. “Es war klar, dass es in dieser Gruppe knapp zugehen würde. Die Ausgangsposition ist jetzt zwar nicht besser geworden durch die heutige Niederlage, aber noch ist nichts vorbei. Ich habe auch schon am letzten Wochenende gegen den Alex Geisler einen sehr guten ersten Satz gespielt. Ein bißchen fehlts bei mir halt noch. Das ist eine Mischung aus Konzentraion und Kondition, und so ist nach dem Masters auch wieder Grundlagenausdauer angesagt”, schilderte der Routiner vom WAC.

Claus Lippert, 26. November 2010