Von blinden Kampfschweinen und müden Platzwanzen

Josef Buberl der große Sieger des Mittwoch-Abends mit erstem Karriere-Titel und der Second-Series-Final-Quali

Nun ist auch das 12 Mann starke Teilnehmerfeld für die Premieren-Auflage des Second-Series-Finals von 3. bis 7. Dezember 2010 komplett. Josef Buberl gewann das Finale des 5. November-Second-Series-Turniers 2010 durch einen mühsam und knapp errungenen 4:6, 6:2, 7:5 Erfolg über Bernhard Sladek, und qualifizierte sich so als letzter Spieler für das Saison-Abschluss-Turnier der zwölf erfolgreichsten Second-Series-Stars des Jahres. Dort wird der TC Terra Rossa übrigens nicht nur durch den aktuellen Champion Josef Buberl sondern auch von Marko Bogdanov und damit genauso wie der TC Hrubesch und der TC Kapellerfeld mit zwei Mann vertreten sein. Mit von der Partie wird auch der gestern unterlegene Bernhard Sladek sein, der zwar am Mittwoch Abend auch sein zweites Karriere-Finale verloren hatte, mit der am Vorabend errungenen Final-Quali aber auch zu einem “Sieger dieses Wochenendes” avancierte. Ein Bericht von C.L

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4:0 im dritten Satz geführt – Josef Buberl zitterte sich zum ersten Titel seiner Karriere

Es ist Mittwoch Abend, zwanzig Minuten nach Zehn, Terra-Rossa-Star Josef Buberl hat gerade sechs Games in Folge gewonnen und eine sichere 4:0 Führung im dritten Satz inne, als draußen im Publikum ein erstes Bilanz ziehen eines wirklich tollen und abwechslungsreichen Endspiels vorgenommen wird. Der neutrale Beobachter hatte schon bis hierher einen großartigen Tennis-Abend genossen, doch was kaum jemand in diesen Augenblicken ahnen konnte, es sollte noch besser kommen. 0:4, 0:30, Sladek hatte sechs Games in Serie abgegeben und fünf Mal in Folge seinen Aufschlag nicht halten können, der 45jährige wirkte müde und angezählt, wie ein in den Seilen hängender Boxer, der nach 6 Runden Infight vor dem k.o. steht. Doch dann setzte Sladek den berühmten “lucky punch” in Form seines dritten Asses zum 1:4. Ergebniskosmetik oder doch mehr? Verdächtig war dieses laute “come on”, mit dem sich der scheinbar schon geschlagene TC Kapellerfeld-Star unmittelbar nach geschlagenem Ass noch einmal bemerkbar machte, und das zugleich der Startschuss zu einer sensationellen Aufholjagd wurde. Die Dramaturgie des 53. Saisonfinales hatte eine Wende genommen, und das Duell Sladek-Buberl damit ein an Spannung kaum mehr überbietbares Finish. Am Ende hatte der insgesamt 1:42 Stunden dauernde Tennis-Krimi zwar ein Happy End für Josef Buberl parat, doch gut und gerne hätte der finale Thriller auch zu einem totalen “Buberl-Drama” ausarten können. Denn in der prickelnden Stimmung und knisternden Atmosphäre die in der Schlussphase dieses Finales herrrschte, schien der 43jährige den sicher geglaubten Triumph noch aus der Hand zu geben. 4:0 im entscheidenden dritten Satz geführt, bei 5:4 auf den Sieg serviert, Buberl zitterte sich förmlich zum Titel.

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“Der macht die Augen zu und haut drauf” Buberl zur Sladek-Gala in Satz 1

Doch alles der Reihe nach: Die Ausgangslage vor dem Finale und dem zweiten Treffen der beiden Second-Series-Stars auf Tour-Ebene war klar. Sladek hatte am Vorabend mit seinem Sieg im Halbfinale über Slobodan Vasiljevic das anvisierte und höchst begehrte Second-Series-Final-Ticket gelöst. Buberl wiederum war zum Siegen verdammt, wenn er sich mit den Besten der Zunft in rund eineinhalb Wochen messen wollte. Dementsprechend nervös wirkte der Pliemitscher-Bezwinger in der Anfangsphase, während Sladek locker und unbefreit aufspielte. 6 Winner in den ersten beiden Games, nach nur 7 Minuten eine hochverdiente 3:0 Zwischenführung herausgeschossen, der 45jährige hatte ein nervös wirkendes Gegenüber mit einem Start-Furioso regelrecht überrollt. Sladek geigte groß auf, ganz anders als noch 24 Stunden zuvor, wo ihn Nervosität & Anspannung förmlich lähmten. Diesmal war – zumindest in der Anfangsphase – Buberl der unlockere Teil eines Finales, das sich am Ende in seiner Gesamtheit sehen lassen konnte. Mit dem ersten Game-Gewinn löste sich auch die Verkrampfung beim Terra-Rossa-Star, und damit war endgültig der Startschuss für einen höchst attraktiven Schlagabtausch gefallen. Ausgezeichnetes Niveau für Second-Series-Verhältnisse wurde beiderseitig geboten, ein echt grandioses Endspiel war angelaufen. Wobei Sladek zunächst noch für die brillanten Aktionen, die “magic moments” sorgte. Der 45jährige spielte so traumwandlerisch gut, dass sich Buberl nach einer wieder einmal eingeschlagenen Vorhand-Rakete seines Gegners zu folgendem Ausspruch hinreißen ließ. “Diese Schläge kann er doch alle gar nicht. Der macht die Augen zu und haut drauf”. Und in der Tat vermittelte “Bernie`s Gala” den Eindruck, dass er in seinem zweiten Karriere-Endspiel zunächst über seine Verhältnisse agierte. Nach 31 Minuten und vier Breaks in Folge zum Schluss dieses Satzes war Sladek mit 6:4 in Führung gegangen.

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Sladek verlassen im zweiten Satz Aufschlag und Kraft – das Finale nimmt eine Wende

Buberl hatte zum Abschluss von Satz 1 einen Doppelfehler serviert und damit war nach 31 Minuten der Traum des 43jährigen vom ersten Karriere-Titel und einer gelungenen Final-Quali in weite Ferne gerückt. Bis 1:1 erlebten die Zuschauer weiter ein ganz flottes Match, als Sladek plötzlich die Kräfte – sowohl körperlicher als auch geistiger Natur – verlassen. Schon nach vier Games in Durchgang 2 hatte der Olympia-Vierte von 2009 mit acht unerzwungenen Fehlern genauso viele fabriziert wie im ganzen ersten Satz zusammen. Mit Nummer 9 – einer Vorhand ins Out – war das 1:4 besiegelt und nach 25 Minuten das Match beim Zwischenstand von 6:4, 2:6 wieder komplett offen. Sladek hatten mittlerweile Aufschlag und Beinarbeit verlassen, mit fünf kassierten Breaks in Serie, sechs abgegebenen Games in Folge und nur 6 erzielten Punkten in dieser Phase, war die Sladek´sche Müdigkeit eindrucksvoll dokumentiert. Die Kräfte waren dahin, die Beine trugen Sladek nicht mehr schnell genug in Richtung der anfliegenden gelben Filzkugeln. Der 43jährige schien Tribut zahlen zu müssen, für eine von Power-Tennis geprägte Anfangsphase. Gerade einmal 14 Minuten waren im Entscheidungssatz gespielt, als Buberl mit 4:0 führte, womit wir wieder bei unserer zu anfangs erzählten Geschichte sind.

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Sladeks “lucky punch” leitet phantastisches und superspannendes Finish ein

Der “lucky punch”, das Sladek-Ass zum ersten Gamegewinn des 43jährigen im dritten Satz hatte das “Grande Hitchcook-Finale” ins Laufen gebracht. Der Kapellerfeld-Star machte Game um Game, während der bis hierher phantastisch spielende Buberl massiv schwächelte. Da war sie wieder, die ihm nachgesagte “mentale Schwäche”, die dem Terra-Rossa-Star angeblich schon so manches Match gekostet haben soll. Die Lockerheit der letzten eineinhalb Sätze war verflogen, die Selbstverständlichkeit seiner Schläge dahin, das Buberl-Drama schien seinen Lauf zu nehmen. Von 4:0 auf 4:4, bei 5:4 zu Null das Re-Break kassiert, das der Bogdanov-Bezwinger im Finish “nervig” über den Court lief war klar. Aber auch Sladek dürfte in diesen Momenten bewusst geworden sein, dass “sein” erster Karriere-Titel plötzlich wieder zum Greifen nahe war. Und so patzte er bei 5:5, dazu kamen Krämpfe, die ein Hinsetzen in der Wechselpause nicht mehr zuließen. Vielleicht wäre ein Tie-Break als Draufgabe noch die absolute Krönung eines phantasischen Tennismatches gewesen, das alles, wirklich alles hatte, was man von einem unvergesslichen Spiel erwarten kann. Ein tolles spielerisches Niveau, zwei kampfkräftige Akteure und ein superspannendes Finish mit letztlich zwei Siegergesichtern.

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“Ich habe den Vorjahrestitel von Herrn Eduard Hofmeister für den TC Terra Rossa verteidigt”

“Ich bin sehr glücklich mit dem heutigen Abend. Beides, der Titel beim November-Second-Series-Turnier und die Quali für das Second-Series-Final sind gleich schön. Gewinnen ist eine Super-Sache, aber das Tennis an sich, vorallem sich zu bewegen ist das Wichtigste. Das Finale heute war sehr knapp wie man gesehen hat. Es hätte auch anders ausgehen können, im Endeffekt haben ein paar Punkte entschieden. Und ich habe den Vorjahrestitel von Herrn Eduard Hofmeister für den TC Terra Rossa verteidigt”, lächelte Buberl. Im Finish freilich wurde es noch einmal richtig eng, ehe der 43jährige mit seinem achten in Serie erzielten Einzelsieg auf Second-Series-Ebene zum 124. Turniersieger der Tour-Geschichte avancierte. “Nach dem 4:0 hat der Berhard wieder besser gespielt, und ich habe nachgelassen. Das ist aber das ständige “Auf & Ab” im Tennis, da darf man sich nicht fertig machen lassen. Ich würde das aber nicht als mentale Schwäche bezeichnen, sondern als Konzentrationsproblem. Nach einem langen Arbeitstag ist es eben nicht so einfach, spät Abends konzentriert Tennis zu spielen”, so Buberl, der heuer als 14. Spieler seinen ersten Titel auf der Tour eroberte. Ein Sieg, der ihm auch die Teilnahme am Second-Series-Final garantiert. “Ich habe aber keine Erwartungen für dieses große Turnier. Ich möchte dort nur Tennis spielen, gut Tennis spielen und vielleicht ein oder zwei Matches gewinnen”, dämpfte der 43jährige jegliche Erwartungshaltung.

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“Ich bin ein Kampfschwein und eine Platzwanze” – wie Sladek bei 0:4 nochmals zurückkam

Sein zweites Karriere-Finale verloren, im zweiten Duell mit Buberl neuerlich unterlegen, doch von Enttäuschung war bei Bernhard Sladek keine Spur. “Warum auch, die Freude über die Quali für das Second-Series-Final überwiegt an diesem Wochenende alles bei mir. Weil ich damit eigentlich gar nicht mehr gerechnet hatte. Im Viertelfinale gegen den Peter Steinberger hatte ich nämlich eine verrückte Partie. Der Peter hatte so viele leichte Fehler gemacht, und ich dazu echt schlecht gespielt. Außerdem war ich noch nie in meinem Leben bei einem Tennismatch so nervös wie am Montag Abend im Viertelfinale. Im Semifinale gestern gegen Vasiljevic war das schon besser. Weil ich mir gedacht habe, wenn du den Slobodan nicht schlägst, dann hast eh beim Second-Series-Final nichts verloren. Heute habe ich im ersten Satz wirklich sehr gut gespielt, wobei ich im ersten Satz des Achtelfinales gegen Domenic Stangl meiner Meinung nach noch besser gespielt habe. Diese Leistung kann ich aber leider noch nicht konstant halten, sonst würde ich ja auch nicht auf der Second-Series-Tour spielen. Im zweiten Satz haben mich Aufschlag und die Kraft verlassen, aber im dritten Durchgang habe ich zu mir gesagt, du bist ein Kampfschwein und eine Platzwanze, und so bin ich nochmals zurückgekommen. Ich habe fest daran geglaubt, auch nach dem 0:4 nochmals in dieses Match zurückzukommen”, so der TC Kapellerfeld-Star. Und auch er hat keinerlei Erwartungen für das anstehende Final-Turnier: “Ich will mir keinen Druck machen, sonst bin ich wieder so nervös wie gegen den Steinberger”.

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Claus Lippert, 25. November 2010