First-Series-Tristesse zu Herbst-Beginn

Friedrich Pliemitscher gewinnt erstmals in seiner Karriere ein First-Series-Turnier

Nach fünf Second-Series-Erfolgen hat sich Friedrich Pliemitscher am Montag Nachmittag erstmals auch in die First-Series-Siegerlisten eingetragen. Der 44jährige gewann das Endspiel des September-First-Series-Turniers beim TC Top Serve gegen Russlands Nummer 1 Stanislav Perepelkin in 1:21 Stunden mit 6:3, 6:2 und machte damit das “halbe Dutzend” an gewonnenen Karriere-Titeln auf der Hobby-Tennis-Tour perfekt. Ein spielerisch eher mattes Finale wurde am gestrigen Montag Nachmittag aber leider auch zum Spiegelbild eines an Höhenpunkten recht armen Turnierverlaufs beim drittletzten First-Series-Event der Geschichte. Ein Bericht von C.L

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Pliemitscher gegen Perepelkin im Finale als Höhepunkt eines farblosen Turniers

Jede Menge “walk overs”, dazu ein von 76 Eigenfehlern geprägtes Finale, ja es bleibt nach vier Spieltagen nicht wirklich viel großartiges von der dritten September-First-Series-Auflage in Erinnerung. Böse Zungen und Kritiker werden wohl damit argumentieren, dass der eher niveauarme Auftritt von Rotter & Co mit dem Aussperren vieler guter Spieler zu tun hat. Ohne die Meinharts, die Marholds, die Hobigers und die Sterzls dieser HTT-Welt verlief die 35-Punkte-Veranstaltung in Simmering farblos wie selten. Als dann im Endspiel mit Pliemitscher und Perepelkin auch noch zwei echte Bringerkönige die Klingen kreuzten war klar, auf spielerische Highlights wartete man bei der letzten September-First-Series-Ausgabe vergeblich. Und so wurde der enttäuschende 81minütige Schlusspunkt am Centercourt in der Tat zum Sinnbild eines unspektakulären Turniers. In Erinnerung bleiben wird maximal der Sieger, ansonsten herrschte “tristesse pur” in der Simmeringer Leberstraße.

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Kränkliche First-Series-Armada glänzt mit neuem “walk over Rekord”

Keine Stimmung, kein Flair, die Stars der zukünftigen “Second-Series-Dreistern-Bewerbe” konnten am vergangenen letzten September-Wochenende keine Werbung für ihre ab 2011 neu im Kalender etablierte Turnierserie machen. Denn statt packenden, spannenden und durchaus niveauvollen Tennispartien, glänzten Rotter & Co beim September-First-Series vornehmlich mit “w.o.-Aufgaben” aller Art. Gleich 9 “walk overs”, die kränkliche und verletzte First-Series-Armada, die sowohl körperlich als auch mental an diesem Weekend auf breiter Basis versagte, wirkte nicht gerade so, als könne sie die Tourfamilie in Abwesenheit von Hobiger & Co wirklich begeistern. Drückte einmal ein wenig der “Tennisschuh”, wehte einmal der Wind ein bißchen stärker über den Centercourt, oder entpuppte sich ein Gegenüber als schupfendes Ungeheuer, so waren die “walk-over-Könige” dieses Wochenendes schnell mit einem vorzeitigen Shakehands am Netz zur Stelle. Unpässlichkeiten aller Art sorgten für einen neuen negativen “w.o.-Rekord” im Circuit.

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Rares Maftei – rumänischer Geheimtipp für den Rest der Second-Series-Saison

In sportlicher Hinsicht fielen an diesem Wochenende nur ganz wenige First-Series-Spieler positiv auf. Einer von ihnen war aber ganz ohne Zweifel Rares Maftei. Der dritte rumänische Tourspieler nach Adrian Tismanariu und George Panc kann seit seinem Tour-Debüt im vergangenen Juni einen kontinuierlichen Formanstieg verzeichnen. Der 28jährige mischt mittlerweile auf Second-Series-Ebene ganz beachtlich mit, und scheint sein Tennis von Match zu Match und mit Match zu Match weiter zu verbessern. Den vorerst letzten Beweis dafür lieferte Maftei in den beiden ersten Runden des September-First-Series-Turniers ab. Gegen Basel Abdelmoneim dominierte der Rumäne eineinhalb Sätze lang das Geschehen, nur eine kurze Konzentrationsschwäche gegen Ende des Spieles machte den rumänisch-ägyptischen Erstrundenschlager nochmals spannend. Wie weit die spielerische Entwicklung Mafeis mittlerweils vorangeschritten ist, offenbarte aber das Achtelfinal-Duell mit dem weitaus höher eingeschätzten Markus Winter. Der UTC-Wien-Star, der immerhin als Vorjahresfinalist in dieses Turnier startete, hatte bei – zugegeben – schwierigen äußeren Verhältnissen am späten Samstag Nachmittag seine liebe Not mit dem Südost-Europäer, ehe er mit 7:5, 4:6, 6:1 den rumänischen Stoplerstein aus dem Weg geräumt hatte. Maftei verlangte dem technisch überlegenen Gegner alles ab, und erntete trotz Niederlage Lob und Anerkennung von der Konkurrenz. Gestützt auf sein großen Stärken, Kampfkraft und Laufarbeit, kommt der 28jährige zudem auch mit seinem Racket in Händen immer besser zurecht. Maftei – ein echter Geheimtipp für die restliche Second-Series-Saison.

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“Rotter die Wundertüte” – nach Skandalen und Olympiasieg sagt er jetzt wieder Oktober-WTB-Start beim TC Terra-Rossa ab

Bei einem Blick zurück auf das 3. September-First-Series-Turnier kommen wir auch nicht umhin, über Marcus Rotter zu reden. Die Hobby-Tennis-Tour-Karriere des 36jährigen wird immer mehr zu einer Hochschaubahnfahrt der ganz speziellen Art. Seine Leistungen, ein ständiges Auf und Ab, seine Gefühlsschwankungen besorgniserregend, alles in allem ist “Rotti” wie eine Wundertüte. Man weis nie was drin ist, und genauso verhält es sich auch bei seinen Tour-Auftritten. Einmal kracht der 36jährige gleich 12 Turniere lang jeweils in Runde 1 aus dem Bewerb, dann beendet er diese Niederlagenserie mit einem Erfolg beim Juni-WTB-Turnier über Thomas Valek. Es folgt ein offener Konflikt mit seinen Tenniskameraden, ein Bruch von auf der Tour entstandenen Freundschaften, Rotter klinkt sich auf radikale Weise kurzfristig aus der Szene aus. Doch Rotter wäre nicht Rotter, wenn er nicht nach angekündigtem Karriere-Ende auch gleich wieder eines seiner unzähligen Comebacks parat hätte. Und diese vorerst letzte Rückkehr wurde eine ganz triumphale. Der Ottakringer eroberte Olympia-Gold im Herren-Doppel und feierte an der Seite von Michael Kunz den bislang größten Erfolg seiner Karriere. Alles schien wieder in bester Ordnung, Rotter lieferte vor einer Woche beim September-WTB in Traiskirchen trotz Niederlage gegen Markus Hobiger eine großartige Leistung ab, womit er für den First-Series-Start an diesem Wochenende zum Kreis der Favoriten zählte. Oktay Koc im Achtelfinale klar deklassiert, Slobodan Vasiljevic eine Runde später sehenswert niedergekämpft, ist der 36jährige am Sonntag dann aber wieder zurück in alte Muster verfallen. Beim gleichzeitig stattfindenden September-GP-Turnier ringt er Traiskirchen-Champion Christoph Kramer den ersten Satz ab, ehe er nach der 6:4, 0:6, 2:6 Niederlage unverständlicher Weise sein Racket zertrümmert und für das halbfinale Treffen mit Fritz Pliemitscher ab,- zu,- und wieder absagt. Und zum Drüberstreuen ließ er am Montag Abend den Veransalter per SMS auch noch wissen, dass er am Oktober-WTB-Turnier beim TC Terra Rossa am kommenden Wochenende auch nicht teilnehmen wird. Herzlich Willkommen in einem neuen Kapitel des beliebten Rotter`schen Verwirrspiels!

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Titelverteidiger Roman Riegler wird von Verkühlung gestoppt und Tschechiens Ondrej Dostal will im Training mit Cibulkova-Freundin in höhere Sphären vorstoßen

Einer der beim September-First-Series nicht vom Glück verfolgt seine Ambitionen auf eine erfolgreiche Titelverteidigung vorzeitig abschreiben musste, war Vorjahressieger Roman Riegler. Der gebürtige Linzer präsentierte sich bis zu seinem krankheitsbedingten Ausfall im Halbfinale souverän und cool wie schon lange nicht mehr. Weder gegen Top-Serve-Jungstar Marcel Pliemitscher noch gegen Tschechiens Ondrej Dostal ließ der 27jährige Zweifel an einer erfolgreichen Titelverteidigung aufkommen. Schade, dass dem Titelfavoriten am Montag eine Verkühlung dazwischen kam. Apropos Dostal. Der am kommenden Donnerstag 31 Jahre alt werdende Tscheche macht eine vergleichbare Entwicklung wie Rares Maftei durch. Mit jedem Auftritt des Pragers wird der Konkurrenz bewusst, dass da ein ganz harter Gegner auf Second-Series-Ebene am heranwachsen ist. Vor zwei Wochen erreichte Dostal das August-First-Series-Halbfinale, u.a. nach einem Sieg über den höher gehandelten Peter-Jürgen Mracna. Diesmal kam der 30jährige nach einem Zweisatzsieg über Kovarik-Bezwinger Christoph Eigenseder ins Viertelfinale. Um in Zukunft öfter einmal in die punktebringenden Schluss-Runden der HTT-Bewerbe vorzustoßen, will Ondrej jetzt an seiner großen Schwäche arbeiten. “Ich bin konditionell sehr schwach, daher werde ich ab sofort laufen gehen”, versprach Dostal Besserung. Mit den entsprechenden körperlichen Voraussetzungen könnte für den Tschechen nämlich noch einiges möglich sein. Tennistechnisch steht bereits zweimal in der Woche hartes Training auf dem Programm. “Einmal mit dem Rares”, lächelte Ondrej, “und einmal mit einer Freundin von Dominika Cibulkova”, betonte Dostal stolz.

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Manuel Trost vom Better Tennis Club Traiskirchen erreicht beim zweiten Antreten auf der Hobby-Tennis-Tour das Viertelfinale

Erwähnenswert im eher tristen September-First-Series-Turnier ist auch noch der zweite Tour-Auftritt von Manuel Trost. Der 18jährige vom Better-Tennis-Club Traiskirchen, der vor einer Woche bei seinem Heimturnier sein Tour-Debüt feierte, kam beim zweiten Antreten gleich einmal bis ins Viertelfinale. Einer sehenswerten und erfolgreichen Aufholjagd in Runde 1 gegen Günter Zack, wo der junge Niederösterreicher beim 1:6, 6:4, 7:5 in den entscheidenden Phasen auch Nervenstärke bewies, folgte im Achtelfinale ein überraschend deutlicher Zweisatzerfolg über einen allerdings leicht verkühlten Peter Weber. Weder eine taktische Finte von Günter Zack in Runde 1 – der sich bei 3:3 im dritten Satz eine mehrminütige Auszeit am WC samt Verwarnung gönnte – noch ein im Achtelfinale gegen Weber über die Anlage ziehender Herbststurm konnten Trost aus der Fassung bringen, sehr wohl aber am Sonntag Nachmittag ein gewisser Stanislav Perepelkin. Der 27jährige April-Second-Series-Sieger aus Moskau “schupfte” seinen jungen und turnierunerfahrenen Gegner gnadenlos aus, und animierte Trost am Ende sogar zu einem unrühmlichen Abgang. “Das ist ja nur ein Balli schupfen, dafür bin ich doch nicht hierher gekommen”, fluchte Manuel und beendete das erste Treffen mit Russlands Nummer 1 mit einem unschönen “walk over”.

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Rasche 4:0 Führung vorentscheidend für Pliemitschers September-First-Series-Titel

Womit wir wieder beim Finale des September-First-Series-Turniers wären. Stanislav Perepelkin gegen Friedrich Pliemitscher, ein Horror-Szenario für Tennis-Ästheten und Fans von druckvollem Power-Tennis. Wenn die beiden Bringer-Könige der Second-Series-Szene aufeinanderprallen, dann zählen andere Komponenten. Geduld und Ausdauer sind gefragt, wenn der kleine gelbe Filzball übers Netz fliegt. Erschreckt vom Niveau dieses Finales zeigten sich die Besucher wie Günter Zack und Mama Sterzl. “Wenn ich das Niveau hier sehe, dann bedauere ich umso mehr, dass ich konditionell nicht mehr in der Lage bin, ein Finale zu erreichen”, ärgerte sich Zack, während Mama Sterzl zwischen First-Series und Grand-Prix große Unterschiede in der Leistungsstärke ausmachen wollte. Wie dem auch sei, “Fritz & Stani” bemühten sich auf ihre Weise um zu Titelehren zu gelangen. Den besseren Start hierbei fand der zweifache Second-Series-Saison-Champ Fritz Pliemitscher vor. Mit einer raschen 4:0 Führung hatte der 44jährige den Grundstein zum Gewinn des ersten Satzes gelegt. Und weil Perepelkin speziell bei eigenem Aufschlag einen rabenschwarzen Tag erwischte, war Durchgang 1 nach exakt 40 Minuten mit 6:3 doch klarer als erwartet an den Österreicher gegangen.

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“Ich betrachte diesen Titel als einen weiteren Second-Series-Sieg”

Ähnlich verläuft dann auch Satz 2, wo Pliemitscher neuerlich rasch mit einer zwei Breaks beinhaltenden 3:0 Führung die Vorentscheidung herbeiführen konnte. Am Ende bieb Pliemitschers erster First-Series-Karriere-Titel unangetastet, weil “Stani” in diesem zweiten Heat kein einziges Mal sein Service durchbringen konnte. Damit hatte sich “Fritz” am Russen für die Viertelfinal-Niederlage beim April-Second-Series-Turnier revanchiert und insgesamt im Head to Head auf 2:1 gestellt. Nach dem insgesamt sechsten Turniersieg seiner Laufbahn konnte der Routinier daher auch zufrieden Bilanz ziehen. “Das ich den Stani so dominieren konnte taugt mir schon. Ich habe im Vorfeld sehr viel über unser letztes Duell im April nachgedacht und mir für heute einiges vorgenommen. Und ich konnte vieles umsetzen, vorallem waren meine Schläge heute viel länger als bei unserem letzten Match. Das war sicher mitentscheidend. Jetzt habe ich zwar meinen ersten First-Series-Turniersieg, aber ehrlich gesagt betrachte ich ihn so wie einen weiteren Second-Series-Titel. Es war halt schon ein ganz schwach besetztes First-Series-Turnier mit Ausnahme vom Roman Riegler”, blieb der 44jährige bescheiden.

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Claus Lippert, 28.September 2010