Super-Gau statt Super-Story

Fabian Mayrhuber “US Open-Sieger der HTT” und erstmals Grand-Slam-Champion

Der ungesetzte WAC-Star Fabian Mayrhuber hat erstmals in seiner Hobby-Tennis-Tour-Karriere ein Grand-Slam-Turnier gewonnen. Der 21jährige fertigte am Dienstag Nachmittag im Endspiel des 19. September-Grand-Slam-Turniers den an Nummer 4 gesetzten und von vielen Mitpielern als “sentimentalen Favoriten” gehandelten Martin Kova in drei Sätzen mit 6:3, 6:1, 6:3 ab, und feierte 26 Monate nach seinem ersten und bislang einzigen Titelgewinn wieder ein Turniersieg auf der Tour. Martin Kova hingegen hatte in einem wieder einmal höchst einseitigen und lediglich 102 Minuten dauernden September-Grand-Slam-Endspiel nicht den Funken einer Chance, um sich den großen Traum vom 30. Turniersieg seiner Karriere zu erfüllen. Ein Bericht von C.L

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Das Wunder von Maria Enzersdorf blieb aus – stattdessen “worst case” im Finale

Harbarth 2 – Mayrhuber 2, das ist rein ergebnistechnisch betrachtet die Bilanz der am Dienstag Abend zu Ende gegangenen Grand-Slam-Saison auf der Hobby-Tennis-Tour. Neben “Onkel” Franz Mayrhuber, der ja bekanntlich im Mai die “French Open der HTT” für sich entschied, gewann nun also “Neffe” Fabian Mayrhuber als übrigens erst zweiter ungesetzter Spieler nach Robert Libal (2008) die “US Open der HTT”. Der 21jährige vom WAC als letzter Major-Champion des Jahres, damit war klar, das große Wunder von Maria Enzersdorf war ausgeblieben. Nicht der von vielen Mitspielern und Insidern längst abgeschriebene Martin Kova – dem das Können und die Möglichkeit ein Grand-Slam-Finale zu erreichen von der Konkurrenz abgesprochen wurde – posierte am Ende eines sonnigen und windigen Nachmittags mit dem bombastisch wirkenden und 7 kg schweren Glaspokal für die Kamera, sondern wiegesagt der Neffe von Masterssieger Franz Mayrhuber, der im Vorjahr vergeblich nach dem “gläseren Tennisball” griff. Das Wunder blieb also aus, stattdessen kann man die 102 finalen Minuten des Dienstag Nachmittags getrost als “worst case” für den abschließenden Showdown eines an und für sich erfrischenden und total verrückt verlaufenden Turniers bezeichnen. Schon nach dem ersten Halbfinale am Montag Vormittag diskutierten der spätere Champion Fabian Mayrhuber und Tour-Veranstalter Claus Lippert, wer denn aus dem anstehenden Nachmittags-Semi passender für die Rolle des zweiten Finalteilnehmers wäre. Man kam rasch überein: Straninger wäre geeigneter, wenn man ein flottes anspruchsvolles Endspiel haben möchte. Kova aber wäre ohne jeden Zweifel die geniale Variante, wenn es um die absolute Mega-Story der letzten Jahre gehen soll.

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“Feierbiest” Fabian Mayrhuber und wie Martin Kova den Titelgewinn zelebriert hätte

Das Ergebnis ist bekannt! Auf das tolle Match im Finale mussten wir verzichten, weil Straninger tags zuvor mit einer desolaten und indiskutablen Vorstellung im Vorschluss-Runden-Duell mit Kova einen Mega-Crash auf dem Plexipave des Tennispoint Südstadt fabrizierte. Als Kova dann nach langweiligen und enttäuschenden 1:42 Stunden das Endspiel verlor, hatte das Horror-Szenario letzte Konturen angenommen. Es kam also wie erwartet, oder besser gesagt wie befürchtet: kein gutes Finale, kein Kova-Sieg und damit auch keine “Super-Sensations-Story”. Stattdessen ein “Super-Gau”, der selbst in der anschließenden Siegerehrung noch einen weiteren Höhepunkt fand. “Ich würde jetzt eine Sektdusche nehmen, mich gar nicht umziehen und dann bis Morgen durchfeieren”, meinte Kova angesprochen auf die an den Tag gelegte Zurückhaltung des Champions in Sachen Siegerehrung. Das die Mayrhubers keine “Feierbiester” sind, ist ja schon von “Onkel” Franz her bekannt, der die “presentation ceremonys” auf der HTT haßt, wie der Teufel das Weihwasser. Wenig anders die Situation beim neuen September-Grand-Slam-Champion, dem eine durchaus gebührliche “Sektspritzerei” dann doch irgendwie “komisch” vorkam. Selbst am Centercourt nach verwandeltem Matchball wartete man vergeblich auf die extrovertierte Gestik, die die meisten Sieger eines Grand-Slam-Events in den “magischen Momenten” des Erfolgs überkommt. Kein Jubel, keine Pose, kein Kommentar, kein gar nichts, “Fabi” wirkte nach fixiertem Major-Triumph so, als hätte er gerade die erste Runde eines Grand-Prix-Turniers gegen einen unterklassigen Gegner erfolgreich hinter sich bebracht. Und womöglich fühlte es sich in diesen Augenblicken auch tatsächlich so an, denn wirklich gefordert, gechweige denn gefährdert wirkte der WAC-Star an diesem Dienstag Nachmittag nie.

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Mayrhuber mit Ausnahmeleistung beim Aufschlag, Kova mit verpasster Gelegenheit, sich endgültig zur Hobby-Tennis-Tour-Legende zu machen

Denn sein finaler Herausforderer war in diesem 19. September-Grand-Slam-Endspiel der Geschichte einfach nicht gut genug. Martin Kova war dem 21jährigen Powertypen auf der anderen Seite des Netzes und den Anforderungen eines Major-Finales anno 2010 nicht gewachsen, und daher vom passenden “happy end” eines verrückten Turniers Lichtjahre entfernt. Natürlich hat Fabian Mayrhuber in den drei Sätzen des Final-Showdowns hervorragend gespielt, exzellent serviert und damit verdient den Sieg davon getragen, natürlich sprechen die statistischen Werte bei Fabians Aufschlag eine mehr als deutliche Sprache, mit 63,7 Prozent an “Ersten”, nur einem zugelassenen Break (am Ende bei 5:1 im dritten Satz als die Konzentration schon nachließ), 5 Assen, 17 für Kova unerreichbaren Service-Winnern und der sensationellen Quote von 88,2 Prozent an gewonnenen Punkten wenn der erste Aufschlag kam. Und dennoch ist Verlierer Martin Kova nicht von einer riesigen Schuld freizusprechen, ein Debakel an einem Tag kassiert zu haben, an dem er eigentlich den letzten Baustein zur Legendenbildung setzen wollte. Denn es hätte der bislang größte Tag einer ohnehin phantastischen und einer der schillerndsten Laufbahnen der Hobby-Tennis-Tour-Geschichte werden sollen. Seit April 2006 wartet der 27jährige vergeblich und sehnsüchtig auf einen Turniersieg, der so nebenbei der 30ste seiner Karriere wäre. 67 erfolglose Turnierteilnahmen waren seit dem letzten Titelgwinn vergangenen, darunter 6 verloren gegangene Endspiele. Als Kova die großen Triumphe seiner Karriere feierte, wussten die meisten der aktuellen Mitspieler noch nicht einmal das es die Hobby-Tennis-Tour überhaupt gibt. Siegen haben sie ihn nie gesehen, und daher traute man der ehemaligen Nummer 1 auch keinen Turniersieg mehr zu. Und einen Grand-Slam-Titel daher schon gar nicht. Umso spezieller wäre sie gewesen, die Story von Kovas Rückkehr in die Siegerlisten, ausgerechnet beim September-Grand-Slam. Dabei hätte es keine geeignetere Bühne für diese Inszenierung gegeben, als jene der “US Open der HTT”. Und irgendwie schien es im Vorfeld des Endspiels durchaus möglich, dass sich an diesem 14. Sepember 2010 der Kreis schließt.

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Rekord – Kova mit 46. Grand-Slam-Start seiner Karriere, doch im 13. Major-Finale seiner Laufbahn sollte es mit Sieg nicht klappen

Kova und Grand-Slam, vorallem aber Kova und das September-Grand-Slam, da mangelte es keineswegs an Routine. Schon eher an positiven Erinnerungen, immerhin stand der 27jährige am Dienstag Nachmittag doch bereits in seinem 6. “US Open-Endspiel”, wobei gleich 5 davon verlustig gingen. 2003 konnte er Asiens Tashi Liu in drei Sätzen bezwingen, Martins einziges Erfolgserlebnis. Die restlichen Endspiele gingen allesamt verloren, u.a 2004 gegen Patrick Schwing und gleich drei weitere gegen den 7fachen US-Open-Sieger Claus Lippert. Es wäre trotzdem ein passender Zeitpunkt für Kovas Jubiläumssieg gewesen. Beim September-Grand-Slam-Turnier 1998, also vor 12 Jahren stand Martin damals als 15jähriges Bürscherl erstmals überhaupt in einem Major-Endspiel. Mehr als über ein Jahrzehnt später absolvierte der 29fache Turniersieger sein 46. Grand-Slam-Turnier, womit er die Rekordmarke von Claus Lippert (ebenfalls 46 Major-Starts) einstellte. Tja und selbst abergläubische Zeitgenossen sahen den Moment für das Ende der Kova`schen Erfolgslosigkeit gekommen. Immerhin stand Martin ja im 13. Grand-Slam-Finale seiner Karriere. Wenn das kein gutes Omen war. Doch dann spielte der 27jährige vom TC Top Serve so ziemlich das schlechteste Tennis seines Lebens.

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Warum Martin Kova dem späteren Sieger so ganz und gar nicht Paroli bieten konnte

Irgendwie wirkte der 4fache Sand-Grand-Slam-Champ bei seinem ersten Major-Finalauftritt seit Mai 2005 gehemmt, nervös und ganz und gar nicht Herr über all seine Sinne. Denn das Kova im Endspiel den unbestritten “besseren Tennisspieler” Fabian Mayrhuber nicht mit spielerischen Mitteln wird bezwingen können, war klar. Doch der 27jährige ließ an diesem Dienstag Nachmittag auch die ihm ur-eigenen und bekannten Stärken vermissen, die da wären Kampfgeist, Taktik und Emotion. Womit wir wieder bei den Vowürfen und Schuldzuweisungen sind, die man Kova nicht ersparen kann. Wenn sich einer wie er, der berühmt dafür ist, “sich pushen und anfeuern zu können” wie kein Zweiter, ja der dafür sogar schon einmal gesperrt wurde, erstmals bei 3:6, 1:6, und 1:5 mit einem lauten “come on” emotional nach Außen präsentiert, dann hat er wohl an diesem Tag nicht registriert, worum es geht. Das man gegen einen gut und stark spielenden Fabian Mayrhuber in drei Sätzen verlieren kann, steht auch außer Zweifel, doch das man den Favoriten so leicht in allen drei Durchgängen davon ziehen ließ, kam auch aufgrund grober taktischer Schnitzer zustande. Es war nämlich nicht so, dass Kova trotz letztendlicher Chancenlosigkeit nicht auch seine Möglichkeiten gehabt hätte, dem Spielverlauf eine ganz andere Wende zu geben. Aber wenn man strikt und stur, ohne wenn und aber seine Taktik durchziehen möchte, indem man vom ersten bis zum letzten Ballwechsel den kleinen gelben Filz ideenlos, risikolos und ohne Druck übers Netz schupft, dann braucht man sich am Ende nicht weiter zu wundern. Schon nach dem Halbfinale gegen Christoph Straninger, in dem Kova nur defensiv an der Grundlinie auf die Fehler des Gegners wartete, warnte ihn sein einstiger Konkurrent aus vielen Hartplatzschlachten. “Es ist deine Sache und du musst wissen was du tust, aber so destruktiv wie heute gegen den Straninger kannst du morgen im Finale gegen den Mayrhuber nicht auftreten. Das wird sonst ein böses Ende nehmen”, herrschte Lippert seinen einstigen Rivalen an. Es lag am Ende ja auch nicht an der wie erwartet defensiven Spielweise Kovas, mit der er ja auch in den Runden davor Erfolg hatte, sondern an der Art und Weise wie er sich bei den durchaus reichlich vorhandenen “big points” präsentierte. Und diese “big points” waren noch selten in einem Match so wichtig wie diesmal. Denn – und das war ja auch Kovas Plan – Mayrhuber in ein enges Match zu verwickeln könnte der Schlüssel zum Erfolg sein. “Weil der Fabian nicht der nervenstärkste ist, das habe ich schon des öfteren bemerkt”, so Kova im Vorfeld.

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Nur ein Break entscheidet – Kova verliert ohne Ideen und Risiko den ersten Satz

Nur den Beweis für Kovas “freche” These, den musste Mayrhuber am Dienstag Nachmittag gar nicht erbringen. Weil Martin es eben verabsäumte, bei den “big points” zu punkten, und damit das Finale von Beginn weg in einen engen Spielverlauf zu lenken. Und das tat der 27jährige “leichtsinnig und fahrlässig”. Drei Breakchancen fand Kova beim Stand von 0:2 im ersten Satz vor, doch nicht bei einem einzigen dieser ausgespielten Punkte war Kova bereit, auch nur ein klein wenig zu riskieren. Das gleiche Prozedere wiederholte sich in allen drei Sätzen, in denen Kova die Chance hatte, ein Mayrhuber-Solo zu verhindern. Einmal nur einen risikobereiten Return gespielt, einmal vielleicht die Vorhand durchgezogen nur um den Gegner mal aus dem Rhythmus zu bringen, nein Kova verharrte bis zum bitteren Ende in seinem taktischen viel zu eng geschnürten Korsett. Die drei erwähnten und aus Sicht Kovas ungenützten Breakchancen zum 1:2 hatten Mayrhuber genau jenen Startvorteil verschafft, den er sich insgeheim gewünscht hatte. “Gegen den Kova kann es bei windigen Verhältnissen zäh werden”, wusste Mayrhuber um die Gefährlichkeit seines Gegners und ging daher von Beginn an höchst konzentriert und engagiert zur Sache. Mit einem 3:0 konnte “Fabi” befreit und locker vorne wegspielen, während Kova mit dem verpatzten Fehlstart die Lockerheit & Coolness des Vortages abhanden kam. Der Straninger-Bezwinger hielt zwar in der Folge sein Service, fand bei 2:4 nochmals zwei Break-Chancen zum 3:4 vor, insgesamt hatte man aber schon in diesem ersten – noch am engsten und spannendsen verlaufenden – Satz nicht das Gefühl, das Mayrhuber hier ernthaft in Gefahr geraten könnte, den anvisierten Grand-Slam-Titel aus der Hand zu geben.

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Kova sorgte dafür, dass 2010er-Finale sich nahtlos in die Serie einseitiger und enttäuschender September-Grand-Slam-Endspiele reihte

Nur ein Break hatte also den ersten Satz zugunsten Mayrhubers entschieden, wenn man überhaupt von sowas wie Spannung reden kann, dann war sie mit diesem ersten Heat auch schon vorbei. Der im Viertelfinale an Christoph Straninger gescheiterte Mario Kiss verfolgte ebenfalls das Finale und war vom Niveau enttäuscht. “Wobei man dazu sagen muss, dass der Fabian nichts dafür kann”, ergänzte der Ranglisten-Zweite im Zuseherbereich. Und so reihte sich das 19. September-Grand-Slam-Finale beinahe nahtlos in die Serie enttäuschender einseitiger Endspiele auf Hartplatz ein. Im Vorjahr demonstrierte Andreas Harbarth seine Ausnahmestellung auf Hartplatz, 2008 war Robert Libal im Duell der Außenseiter gegen Andreas Fegerl konkurrenzlos zum Titel geeilt, und selbst ein Blick zurück auf die letzten 15 Jahre September-Grand-Slam mit den dazugehörigen Endspielen zeigt, dass mit ganz wenigen Ausnahmen, Spannung & Dramatik bei den “US Open-Finali der HTT-Historie” nie aufkam. So eben auch diesmal nicht, weil Kova gleich zu Beginn des zweiten Satzes zwei Spielbälle zum 1:0 ausließ, und das selbe Kunststück beim Stand von 0:2 nochmals wiederholte. Und weil Kova bei seinen Return-Games gegen einen unfassbar stark aufschlagenden Mayrhuber komplett chancenlos war, ging Satz 2 in nur 28 Minuten mit 1:6 verloren. Fabian war bei eigenem Service unantastbar, brachte alle seine Aufschlagspiele mit einer Ausnahme zu Null durch. Den einzigen Punkt den der spätere Sieger abgab, resultierte aus einem Doppelfehler.

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Das Finish zeigte, wie groß Kovas Chancen auf ein enges Finale gewesen wären

Ja, Mayrhubers phantastische Aufschlag-Leistung war die Basis für seinen letztlich so klaren und eindeutigen Erfolg. Gestützt auf dieses – sowohl was die Quote als auch die Gefährlichkeit anbelangt – großartige Service, machte sich der 21jährige WAC-Spieler sorgenfrei in den finalen Schluss-Durchgang auf. Weil er souverän zum 1:0 servierte, und sich Kova im Folge-Game mit drei Doppelfehlern am Stück völlig von der Rolle präsentierte, war schon nach wenigen Minuten klar, dass Kova seine Ansage vom Vortag “mir sind auch zwei verlorene Sätze egal, ich kann dieses Finale auch in 5 Sätzen gewinnen”, nicht wahrmachen wird können. Nach nur 8 Minuten stand es 3:0, Mayrhuber war zum dritten Mal in diesem Finale vorne weg, als er mit dem “Genießen” seines bislang größten Karriere-Triumphs beginnen konnte. 4:0, 5:0, alles lief wie von Zauberhand gelenkt, selbst Kovas Ehrengame zum 1:5 mit eigenem Aufschlag schien perfekt ins Bild des “smarten, wohlerzogenen jungen Mannes”, der weiß was sich auf dem Tennisplatz gehört, zu passen. “Die einzige Gefahr die in diesem Finale für den Fabian noch besteht ist, dass es womöglich zu leicht gehen könnte”, warnte schon gegen Ende des ersten Satzes Mario Kiss. Und er hatte recht! Die sich abzeichnende totale Kova-Hinrichtung war plötzlich gebremst, weil Mayrhuber zunächst einmal die Konzentration verlor und womöglich auch ein wenig verunsichert ob der plötzlich – weil viel zu spät – aufkommenden Emotion seines Gegners war. Zwei Matchbälle hatte der 21jährige bereits vergeben, als er sich bei eigenem Aufschlag anschickte, die Partie standesgemäß zu beenden. Doch eine Rückhand beim dritten Matchball ins Netz gedonnert, sowie zwei weitere leichte Fehler, und die bis dahin famose und großartige Aufschlagleistung hatte mit dem ersten Break einen kleinen Schönheitsfehler erlitten. Und mit einmal war Kova “verbal” präsent, so wie man ihn das gesamte Finale über erwartet hätte. Und Mayrhuber? Der war mit einmal perplex und gar nicht mehr so locker wie die eineinhalb Stunden Spielzeit davor. In dieser Phase des Matches sah man deutlich, wie groß die Chancen Kovas bei engerem Spielverlauf gewesen wären, und wie wichtig ein solcher tatsächlich hätte sein können. Selbst Mayrhuber gestand nach dem Finale: “Ich habe mir schon meine Gedanken gemacht, bei 4:5 wäre ich wahrscheinlich total nervös geworden”. Die mögliche Zitterpartie aber ersparte sich “Fabi”, in dem er sich noch einmal seiner sensationellen Aufschlagleistung besann, und zu Null das letzte Game des 19. September-Grand-Slam-Finales 2010 gewann. Mit einer wuchtigen Vorhand besiegelte er Kovas Pleite und gleichzeitig seinen größten Triumph.

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“Das Problem war, dass ich im Finish fast schon zu locker gewesen bin”

“Es ist ein unglaublich schönes Gefühl ein Grand-Slam-Turnier gewonnen zu haben. Es fehlte halt die große Emotion bei mir, weil das Finale nicht gut und auch nicht spannend war. Aber ich hatte meine guten Matches schon davor, das waren enge Spiele gegen sehr starke Gegner. Ich hatte an diesem Wochenende vorallem ein sehr gutes Gefühl beim Service. Ich habe im gesamten Turnier stark aufgeschlagen, was auf diesem Bodenbelag ja nicht unwichtig ist. Im Finale heute war entscheidend, dass ich eigentlich immer vorne weg spielen konnte. Nur am Anfang war ich bei zwei Games ein wenig nervös, danach ist es sehr gut gelaufen. Das ist mein bisher größter Erfolg auf der Hobby-Tennis-Tour. Das Turnier war natürlich nicht topbesetzt, aber sicher auch nicht schlecht. Insgesamt war es ein schöner Erfolg für mich, weil ich vier gute Partien hatte”, so der 21jährige. Und angesprochen auf das holprige Ende des Finales meinte der Sieger: “Das Problem heute war, dass ich im Finish fast schon zu locker war. Beunruhigt war ich aber bei den letzten Games nicht. Bei 5:0 wollte ich einmal in den Schlag kommen, weil Ralleys ja Mangelware waren. Erst wenn mich Kova nochmals zum 4:5 gebreakt hätte, wäre ich nervös geworden”.

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“Es war zu wenig von meiner Seite, aber es wäre auch zu kitschig gewesen”

Der Sieger beim lockeren Auslaufen am angrenzenden Fußballplatz, stellte sich Finalverlierer Martin Kova derweil dem ersten Grand-Slam-Final-Interview seit Mai 2005. “Es war zu wenig, aber es wäre auch zu kitschig gewesen, wenn ich heute hier gewonnen hätte”, so Kova in einer ersten Reaktion. “Das Match heute war aber auch viel schwerer als jenes von gestern im Semifinale. Vom Gegner her sowieso, aber auch von den Bedingungen. Und vorallem habe ich die paar Chancen die ich hatte nicht genützt. Speziell jene im ersten Satz. Dabei habe ich versucht, Punkt um Punkt zu spielen, aber gestern war ich einfach cooler. Am schlimmsten war es heute für mich am Vorhand-Return, da konnte ich die Bälle nur reinblocken. Schade, es war heute wie gesagt teilweise einfach zu wenig von meiner Seite”. Gespannt war man auch auf Kovas Antworten betreffend der Fragen ob er überhaupt mit dem Titel spekuliert hatte, und warum er sich erst so spät und entgegen seiner sonstigen Gepflogenheiten motivert hatte. “Ich habe den Titel nicht für unmöglich gehalten, ansonsten brauchst du ja gar nicht auf den Platz zu kommen. Und zum Thema “Motivation” muss ich sagen, dass der Fabian kein Spieler ist, wo du dich während des Matches extrem pusht. Ich war auch nie während des Spieles in einer Phase, wo ich einmal einen gescheiten Punkt gespielt hätte, um mich extrem motiveren zu können. Natürlich bin ich jetzt sehr enttäuscht. Vor dem Turnier hatte ich zwar keinen Finaleinzug erwartet, aber wenn du im Endeffekt dort stehst, dann willst du auch gewinnen. Nach dem Semifinale haben mir der Kramer und der Rotter Marcus gratuliert, und ich muss eigentlich mit dem Erreichten ohnehin zufrieden sein, in einer oberen Rasterhälfte mit einem Mario Kiss sowieso. Außerdem habe ich 140 Punkte im Champions-Race gewonnen, ich glaube fast sowiele Punkte habe ich das ganze restliche Jahr bisher noch nicht eingespielt. So ist auch das Masters wieder ein Ziel, das war es nämlich bis letzter Woche noch nicht”, lächelte Kova, nach seinem 13. Karriere-Grand-Slam-Finale. Übrigens: Nur mehr zwei Spieler standen öfters in einem Major-Endspiel, nämlich Claus Lippert mit 23 Finalteilnahmen und Klaus Hofer mit 17. Und da Kova erst 27 Jahre alt ist, scheint in dieser Richtung noch einiges möglich! Und wer weiß, vielleicht überrascht er uns ja eines Tages bei einem anderen Grand-Slam, zum Beispiel dem nächsten Mitte Jänner 2011. Dann kann nämlich Kova beim Jänner-Grand-Slam-Turnier seinen persönlichen Karriere-Slam komplett machen. Und was wäre das dann erst für eine Mega-Story!

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Claus Lippert, 15. September 2010