Der neue Second-Series-Hero

Fritz Pliemitscher gewinnt beim April-Second-Series-Turnier seinen 2. Karriere-Titel

Der neue Topstar auf Second-Series-Ebene heißt Friedrich Pliemitscher. Der 43jährige feierte am Dienstag Abend mit einem 6:0, 2:6, 6:3 Finalerfolg über den Deutschen Marko Bogdanov seinen neunten Einzelsieg in Folge und sicherte sich so den zweiten Second-Series-Karriere-Titel binnen 5 Wochen. Nach drei Endspiel-Niederlagen in Serie scheint Pliemitscher mit seinem zweiten Finalsieg derzeit auf einer Welle des Erfolgs zu schwimmen. Der Super-Oldie ist zur Zeit das Maß aller Dinge in der Second-Series, immerhin gewann “Fritz” nicht weniger als 12 seiner 13 Second-Series-Singles in dieser Saison. Ein Bericht von C.L

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Pliemitscher im Kampf gegen Bogdanov und im Wettlauf mit der Dunkelheit

Nach nur 29 Minuten Spielzeit hatte der neue Second-Series-Hero Fritz Pliemitscher den ersten Satz des 3. April-Second-Series-Finales 2009 gegen Marko Bogdanov mit 6:0 für sich entschieden. Niemand im Publikum hätte knapp vor 18:30 Uhr erwartet, dass aus dem 17. Saison-Endspiel letztlich ein 2:02 Stunden dauernder Marathon, vorallem aber ein Wettlauf mit der hereinbrechenden Dunkelheit werden sollte. Dabei hätte man sich eigentlich auf eine intensive Dreisatz-Schlacht einstellen müssen, stand doch Friedrich Pliemitscher am Centercourt des TC Top Serve. Und dessen Name steht im Circuit längst für lange Matches ohne Ende. Wie zum Beispiel vor 5 Wochen, als der Routinier das Finale des März-Second-Series-Turniers gegen Dominik Drnek erst 9 Minuten nach Mitternacht und mehrmaligen Erlöschen der Hallenbeleuchtung für sich entschieden hatte. Und viel hätte nicht gefehlt, dann wäre dem Pliemitscher-Senior auch am Dienstag Abend beim ersten Second-Series-Outdoor-Start knapp vor dem entscheidenden Matchball das Tageslicht ausgegangen. 20:02 Uhr, Bogdanov schiebt eine Vorhand ins Out, keine 15 Minuten später nach Siegerehrung und Fotosession ist auf der Anlage des TC Top Serve auch schon dunkle Nacht angebrochen.

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Pliemitscher gewinnt ersten Satz mit Furioso der Extraklasse in nur 29 Minuten

Doch zurück zum Beginn eines Finalspieles, nach dessen ersten Satz man weder mit der angesprochenen Länge, noch mit einem phantastischen Schlagabtausch – der es schließlich werden sollte – rechnen konnte. Final-Debütant Marko Bogdanov startete nervös in sein erstes Karriere-Endspiel, schaffte gegen den keineswegs als Power-Server bekannten Pliemitscher nur drei Punkte beim Return, und blieb auch bei eigenem Aufschlag vieles schuldig. Der viel gerühmte und im Semifinale gegen Martin Knab gesehene erste Aufschlag des Deutschen, im ersten Satz des April-Second-Series-Finales absolute Fehlanzeige. Stattdessen streute der Duisburger zwei Doppelfehler in seinem ersten Aufschlagspiel ein, und agierte für den Rest des Satzes ängstlich und defensiv an der Grundlinie, während sein Gegner mit einem Start-Furioso der Extraklasse überfallsartig für klare Verhältnisse zu sorgen schien. Sogar ein Ass hatte 43jährige in dieser Phase zu bejubeln, nach nur 29 Minuten schien das zweite deutsch-österreichische Final-Duell zum Tag vorzeitig entschieden.

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Bogdanov kontert im zweiten Satz mit geänderter Taktik und einem 6:2

Bei der Final-Premiere mit einem Debakel vom Centercourt zu müssen, ein Albtraum den Bogdanov unbedingt vermeiden wollte. Und so begann der 30jährige sein Spiel umzustellen, mit Erfolg wie sich zeigen sollte. Zunächst einmal konsolidierte sich der Duisburger bei eigenem Aufschlag, servierte er sich doch ohne Break durch den zweiten Satz. Und er gab das sture Paarlaufen an der Grundlinie auf, suchte sein Heil fortan am Netz. Mit einem geglückten Smash gewann Bogdanov sein erstes Aufschlagspiel zum 1:1, und mit seiner allerersten Break-Chance in diesem Finale ging der Deutsche mit 2:1 erstmals auch in Führung. Der Wahl-Wiener konnte in der Folge sein Service halten, während Pliemitscher nach seiner Galavorstellung im ersten Durchgang leistungsmäßig markant abbaute. “Das ist wie Tag und Nacht”, brummte ein enttäuschter Fritz während des Seitenwechsels.

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Dritter Satz bringt das Beste was die Second-Series je zu bieten hatte

Ein sensationell aufspielender Pliemitscher im ersten Satz, ein famos und taktisch klug agierender Bogdanov im zweiten Heat, doch zum Glück gab es auch noch einen entscheidenden dritten Satz, und in diesem spielten dann beide Finalisten endlich auf einem annähernd gleichen Level. Damit war ein grandioser Schlagabtausch gewiss, mit einem für Second-Series-Verhältnisse äußerst beachtlichen Niveau, das selbst den im Publikum sitzenden Olympiasieger Christoph Mayer beeindruckte. Der Kärntner spendete immer wieder Applaus für sehenswerte Ballwechsel und er war wie alle Anwesenden von der unglaublichen Spannung die in der Schlussphase des Endspieles aufkam restlos begeistert. Pliemitscher führte mit zwei Breaks scheinbar uneinholbar 4:0, glänzte dabei immer wieder mit spektakulärsten Vorhand-Passierbällen, insgesamt 6 am Stück, und schien dem deutschen Herausforderer die Schneid abgekauft zu haben. “Doch aufgeben – diesen Begriff gibt es nicht im Deutschen”, erklärte der Mann aus dem Ruhrpott nach dem Finale seine atemberaubende Aufholjagd. Mit einem sensationellen Passierball von der Rückhand verkürzte der 30jährige auf 1:4. Die Aufholjagd war gestartet, 1:4, 2:4, 3:4, beide Breaks waren zurückgewonnen und “Service technisch” alles wieder auf der Reihe. Die Blicke des Publikums schweiften fortan zwischen dem großartigen Geschehen am Centercourt und der drohenden Dunkelheit am Simmeringer Abendhimmel hin und her. Spannung pur an beiden Fronten, wer würde das erste Freiluft-Second-Series-Turnier des Jahres gewinnen, und vorallem würde er es ob der nahenden Dämmerung noch an diesem Abend schaffen? Die Antwort folgte um exakt 20:02 Uhr, als Pliemitscher mit dem zweiten Matchball und Bogdanovs Vorhand-Outball jubeln durfte. Ein lautes “Ja”, dazu die Faust, Fritz lief glückstrahlend ans Netz, wärend draußen im Publikum Sohnemann Marcel mit einem Luftsprung den zweiten Tour-Triumph seines Vaters auch frenetisch feierte.

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“Wenn ich meine Tugenden ausspielen kann, dann wird es sehr schwer mich auf Second-Series-Ebene zu schlagen”

“Die Freude über diesen Erfolg ist sehr groß. Den Second-Series-Titel vom März wiederholt zu haben, noch dazu auf zwei verschiedenen Belägen, das ist eine Super-Sache für mich. Im ersten Satz ist mein Ziel voll aufgegangen. Marko spielte sein erstes Finale, und ich weiß aus eigener Erfahrung, wie das ist. Ich wollte einfach furios starten und seine Anfangs-Nervosität ausnützen. Das ist mir wirklich sehr gut gelungen. Ich hätte danach auch nicht geglaubt, dass ich den zweiten Satz verlieren könnte. Doch der Marko hat in den ersten drei Games des zweiten Satzes nur einen Fehler gemacht, wodurch ich plötzlich aus dem Rhythmus, und er voll da war. Marko hat im zweiten Satz einfach sehr gut gespielt, und ich habe keine Möglichkeiten bekommen um ins Spiel zurück zu finden. Der dritte Satz war wirklich toll, ich glaube wir haben den Zusehern ein schönes Match geliefert, speziell für Second-Series-Niveau”, resümierte der neue April-Second-Series-Champion. Ein Sieger, der immer mehr in die Rolle des “Aushängeschilds” der zweiten Tour-Garnitur schlüpft. Wo immer Fritz auf Second-Series-Ebene auftaucht, ist er der große Gejagte und Favorit auf den Titel. Der Druck wächst, doch vorerst scheint der 43jährige damit noch recht gut umgehen zu können. “Natürlich wusste ich, auch hier bei diesem Turnier im Favoritenkreis dabei zu sein. Aber ganz ehrlich, es hätte auch in Runde 1 gegen den Raimund Aigner schon vorbei sein können. Eines ist aber natürlich auch klar: Wenn ich meine Tugenden voll ausspielen kann, dann wird es für jeden Second-Series-Spieler schwer mich zu schlagen. Genauso wird es auf der anderen Seite aber auch für mich nie leicht eine Partie im Vorbeigehen zu gewinnen”, warnte Pliemitscher die Konkurrenz.

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“Der aktivere Spieler ist immer der Idiot”

“Das war heute das klassische Beispiel, dass der Aktivere meist der Idiot ist”, fand der unterlegene Marko Bogdanov ein perfektes Statement um das unmittelbar erlebte Final-Geschehen in passende Worte zu kleiden. “Man macht und macht, und es kommt ein Ei nach dem anderen übers Netz und du kannst nichts daraus machen. Ich bin das Match ganz sicher falsch angegangen. Viel zu forsch und vielleicht zu übermotiviert. Fritz hingegen hat sehr gut begonnen. Im zweiten Satz habe ich dann nur mehr auf Prozent aufgeschlagen, weil was anderes hätte nichts gebracht. Und auch im dritten Satz war ich trotz 0:4 Rückstand nicht besorgt. Weil wenn zwei Leute ein ähnliches Level spielen, dann sind schon mal 3 oder 4 Games rasch weg. Ich habe mich aber deshalb nicht rausbringen lassen”, bilanzierte der Duisburger nach seinem bislang größten Karriere-Erfolg. “Ja ich glaube ich bin jetzt definitiv auf der Hobby-Tennis-Tour angekommen”.

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Claus Lippert, 29. April 2009