Historisches Debüt

Stefan Schaaf gewinnt bei seinem Tour-Debüt das 400. Turnier der Tour-Geschichte

Gleich beim ersten Antreten historisches zu schaffen, dieses Kunststück ist am Dienstag Abend Tour-Neuling Stefan Schaaf gelungen. Der 31jährige gewann bei seinem Debüt auf der Hobby-Tennis-Tour nicht nur die Without-The-Best-Premiere im Tennispoint Vienna, sondern er sicherte sich zudem auch noch den Titel beim 400. Turnier der Geschichte. Den Jubiläumserfolg errang Schaaf im Endspiel durch einen mühevoll erkämpfen 6:4, 6:3 Erfolg über die Nummer 1 des Turniers Christoph Kramer. Ein Bericht von C.L

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Was wäre wenn …………., Hühne & Kramer trauern Sieg über Schaaf nach

Deutschlands David Hühne saß hoch droben am Schiri-Stuhl des Centercourts im Tennispoint Point und traute seinen Augen kaum. Schwerfällig und träge schleppte sich sein Halbfinal-Bezwinger über den Platz, fehlerhaft und unsicher agierte jener Mann, auf den im Vorfeld wahre Lobeshymnen von allerorts gesungen wurden. “Was wäre da alles möglich gewesen, wenn dieser 31jährige Neuling mit dem Flair einer Gummiwand gegen mich am Tag davor auch so gespielt hätte wie heute”, wird sich Hühne in den 77 finalen Minuten immer wieder gedacht haben. Und ein ähnliches Gefühl, nämlich die ganz große Chance auf einen durchaus möglichen vierten Karriere-Titel vergeben zu haben, überkam am Schlusstag der Without-The-Best-Premiere mit Sicherheit auch Christoph Kramer. Der 26jährige – obwohl topgesetzt – als großer Außenseiter in dieses zweite Saisonfinale gestartet, wusste nach dem finalen Treffen mit Schaaf nicht so recht, wie er den Auftritt in seinem siebenten Karriere-Endspiel beurteilen und einordnen sollte. Dem favorisierten Gegner – wider erwartens – mehr als nur ein einges Match abgerungen, andererseits dafür in den entscheidenden Phasen des Finales vorallem bei seinen sonstigen Stärken klar geschwächelt, damit überwog letztlich doch die Enttäuschung.

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Kramer “schwächelte” in den entscheidenden Phasen des ersten Satzes

Dabei hatte der Ranglisten-Sechste überaus gut in dieses 400ste Endspiel der Tour-Geschichte gefunden. Kramer war von Beginn an bemüht, die am Vortag von Vladusic-Coach Niki Patzak vorgegebene Taktik umzusetzen. Rhythmus- und Tempowechsel, damit hatte Schaaf nicht gerechnet, und Kramer zunächst einmal Erfolg. Mit der Rückhand druckvoll und höchst effektiv, mit der Vorhand immer wieder das Tempo gedrosselt, so verwirrte Kramer sein Gegenüber in der Anfangsphase ganz gekonnt, und so konnte sich der 26jährige gleich im Auftaktgame ein Break sichern. Nachdem er drei Breakchancen leichtfertig verschleuderte, verwandelte er den vierten Breakball mit einem mächtigen Return zur 1:0 Führung. Doch der unerwartete Vorteil war schon im Folgespiel wieder dahin. Weil Kramer beim Aufschlag – sonst seine Stärke – gewaltig schwächelte. Zu Null kassierte er das Re-Break, und dieses Schauspiel wiederholte sich Minuten später noch ein zweites Mal. Den abermaligen Vorteil eines zweiten Breaks wieder nicht genützt und neuerlich ohne Punkt beim Aufschlag geblieben, die Breakorgie zu Beginn des Finales war auf ihrem Höhepunkt angelangt. Und irgendwie hatte man als Beobachter schon in dieser Anfangsphase das Gefühl, eine Art Vorentscheidung gesehen zu haben. Stefan Schaaf kam zweimal trotz Rückstand zurück in den Satz, während Kramer zweimal in wichtigen Momenten schwächelte. Eine Art Trend, der sich im Verlauf des Finales durchsetzten sollte. Schaaf hatte sich vom zweimaligen Warnschuss eines Breaks erholt und sich vorallem beim Service konsolidiert. Damit servierte er plötzlich vorne weg, ein Umstand der Kramer nach exakt 42 Minuten zum Verhängnis werden sollte. 4:5, 30:0, und wieder stand eine dieser heißen und wichtigen Phasen in diesem Jänner-Without-The-Best-Finale an. Und wieder “vermurkste” Kramer die “big points” die notwendig gewesen wären, um in diesem ersten Satz zu bleiben. Doch mit vier Punkten in Folge – oder besser gesagt – mit vier Fehlern in Serie, ebnete der Ranglistensechste seinem Konkurrenten den Weg zum Gewinn des ersten Durchgangs. Unnötig wie ein Kropf, weil sein Gegner auch nicht seinen besten Tag hatte. Gespannt war man deshalb im Vorfeld auch auf Schaafs Match-Statistik von hobbytennistour.at, zumal der Newcomer im Verlauf des Turniers so gut wie keine Eigenfehler beging. Am Finaltag selbst, sah die Bilanz des siegreichen Tour-Debütanten dann freilich nicht mehr so imposant wie erwartet aus. Den zehnten sogenannten “unforced error” hatte der 31jährige unerwarteter Weise schon im neunten Game zu verzeichnen, ein abermaliger Beweis, wie groß die Chance Kramers an diesem Abend war, die finale Überraschung zu liefern.

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Schaaf solide, Kramer spektakulär und am Ende 4:6, 3:6 Verlierer nach 77 Minuten

Im zweiten Satz dann das selbe Bild. Schaaf als der solide Arbeiter an der Grundlinie, der bei den wichtigen Punkten hell wach scheint, und auf der anderen Seite des Netzes ein Christoph Kramer, der für die spektakulären Schläge und Punkte sorgt, in den kritischen Situationen aber nur “Zweiter” ist. Es waren eben insgesamt die Fehler in den entscheidenden Phasen, wie eben bei 4:5 im ersten Heat, oder auch beim ersten Break in Durchgang 2, welches Kramer trotz 40:15 Führung zum 1:3 hinnehmen muss. Was nützte es da, wenn er prompt im Gegenzug seinem Gegenüber das Re-Break abringen konnte, und mit seinem Paradeschlag der Rückhand ein phantastisches Game zum 3:3 spielte. Denn zu oft in diesem Finale brachte sich der Aufsteiger der Vorsaison mit mentalen Aussetzern und leichtfertigen Fehlern um die Früchte seiner eigentlich ganz ansehnlichen und disziplinierten Vorstellung. Wer 6 von 19 Games zu Null abgibt, der macht es seinem Gegner eben viel zu einfach. Kramers Ärger war daher nur zu verständlich, doch auch bei Schaaf sah man immer wieder heftiges Kopfschütteln. Der 31jährige war mit sich und seiner Leistung auch alles andere als zufrieden. “Inferior, unglaublich, wahnsinnig, katastrophal”, so kommentierte der Neuling immer wieder seine persönliche Vorstellung am Centercourt. Nur gut, dass sich Schaaf in der Schlussphase zumindest auf Kramers obligate Aussetzer verlassen konnte. Und die folgten so sicher wie das Amen im Gebet, und im entscheidenden Finish mit 8 abgegebenen Punkten in Serie noch dazu in richtig desatrösem Ausmaß. So sicherte sich Schaaf eine 5:3 Führung, die er schließlich um exakt 22:33 Uhr zum ersten Titelgewinn seiner Tour-Karriere ausservierte.

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“Bei einer Niederlage im Finale hätten sie mich im Gästebuch sicher verspottet”

“Ich bin schon sehr erleichtert über den Sieg im Finale. Denn hätte ich dieses Match verloren, dann wäre ich auf der Webseite im Gätebuch sicher verspottet worden. Ich hatte zu Beginn des Spieles schon so meine Zweifel. Erstens fühlte ich mich gesundheitlich nicht wohl, und zweitens sind meine ersten beiden Aufschlagspiele knapp verloren gegangen. Und wenn man so viele knappe Games verliert, dann verliert man meistens auch das Match. Ehrlich gesagt hatte ich heute riesiges Glück. Ich konnte meine Stärken nicht wie gewohnt ausspielen, und der Christoph konnte meine Schwäche zum Glück nicht nützen. Und ärgern muss sich eigentlich auch der David, denn hätte ich so im Semifinale gespielt, wäre es sehr eng geworden”, zog der Sieger eine erste Bilanz. Auch wenn Schaaf bei seinem Debüt “nur” ein Without-The-Best-Event für sich entscheiden konnte, verspricht die Art und Weise wie er zu Titelehren kam, auch einiges für die großen Turniere. “Ich hoffe stark auf den Sommer. Da habe ich mehr Zeit. Wenn ich bei den “French Open der HTT” mitspielen kann und dort vielleicht ins Finale komme, und noch das ein oder andere Topergebnis bei den großen Turnieren holen kann, dann könnte ich beim Masters vielleicht als Achter gerade noch so hineinrutschen. Dort beim Masters dabei zu sein, wäre schon mein Ziel. Und vielleicht schaffe ich ja auch am Wochenende beim Hallen-Grand-Slam 140 Punkte”, ließ der 31jährige sein mögliches Major-Debüt offen.

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Sportinvalide Stefan Schaaf: “Mein Vorbild ist der Franz Mayrhuber”

Wer aber ist nun dieser Stefan Schaaf, der sich am zweiten Jänner-Wochenende zum 95. Turniersieger der Tour-Geschichte empor spielte? In der Hobby-Tennis-Szene Ostösterreichs ist der 31jährige kein unbeschriebenes Blatt. Wo immer Hobbytennis in Turnierform ausgetragen wurde, war Schaaf mit Erfolg dabei. Nur auf der Hobby-Tennis-Tour galt der Sandplatzspezialist bislang als kompletter Nobody. “Dabei hat der Roman Ainberger schon vor mehr als 10 Jahren von der Hobby-Tennis-Tour erzählt, ehe ich im letzten Jahr übers Internet fündig wurde. Im vergangenen Oktober wurde ich allerdings an der Schulter operiert, wodurch ich erst wieder im Dezember mit Tennis beginnen konnte. Daher verschob sich mein erster Start auch auf den Jänner. Und ich finde diese Turnierserie einfach genial, und wenn ich mehr Zeit hätte, dann wäre ich jede Woche am Start”, meinte Schaaf. Und dabei ist jeder einzelne Turnierauftritt des 31jährigen schon ein kleines Wunder und ganz hoch einzuschätzen. Insgesamt sechs Operationen, an der Schulter, am Meniskus und nach einer Brandverletzung, Schaaf holte den Jänner-Without-The-Best-Titel eigentlich als Sportinvalide. Kurios ist daher eigentlich auch, dass der “Mehrfach-Bediente” auf den Courts Ostösterreichs ein so kraftaufwendiges Tennis spielt. “Da versuche ich mein großes Vorbild den Franz Mayrhuber zu kopieren. Sein Spiel ist von draußen wunderschön anzusehen. Ich versuche seinen Rückhandslice zu kopieren, und auch sonst sind wir uns im Spiel ziemlich ähnlich. Mit der Vorhand spielt der Franz auch viel Topspin, am Netz sind wir beide keine Macht und unser Aufschlag ist auch nicht so besonders. Aber sein Spiel ist äußerst erfolgreich und von Außen wie schon gesagt sehr schön anzusehen”, erklärte Schaaf.

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“Es war heute ein ständiges Auf und Ab”

Ein Krügerl an der Point-Bar, damit versuchte derweil Christoph Kramer den Frust über sein viertes verlorenes Tour-Endspiel hinunter zu spülen. “Ich ärgere mich maßlos, weil in den entscheidenden Phasen einfach überhaupt nichts gegangen ist. Speziell beim Aufschlag, der sonst meine Stärke ist, habe ich viele Chancen vergeben. Phasenweise war es ja ganz ok, aber ich hätte heute auch gewinnen können. Ich hatte genug Möglichkeiten, aber igrendwie war das heute ein ständiges Auf und Ab. Insgesamt bin ich aber nicht unzufrieden, immerhin habe ich das Finale erreicht”, resümierte Kramer.

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Claus Lippert, 21. Jänner 2009