Jahrhundert-Krimi zum Saison-Grand-Slam-Finale

224 Fehler – Ebner & Nagl sorgen trotzdem für ein Grand-Slam-Finale der Superlative

Hans Ebner und Bernhard Nagl, zusammen haben sie im letzten Grand-Slam-Endspiel des Jahres unglaubliche 224 Fehler fabriziert, und dennoch wird die am Freitag Nachmittag über die Bühne gegangene 16. Auflage des September-Grand-Slam-Finales allen Beteiligten sehr lange in Erinnerung bleiben und als ganz großes Match in die Tour-Analen eingehen. Es war eines jener Spiele, die nur alle paar Jahre einmal vorkommen, und die der Veranstalter nur ganz selten zu Gesicht bekommt. Hochklassiges, großes Tennis war dabei gar nicht nötig, alleine der Spielverlauf sorgte für eine unglaubliche Spannung, dramatische Szenen und einen Tennisnachmittag im Hobby-Bereich, den Vollprofis nicht spannender hätten gestalten können. Nach 3 Stunden und 12 Minuten, 365 ausgespielten Punkten und vier unheimlich knappen und hochspannenden Sätzen wurde der Hobby-Tennis-Tour zudem beim letzten Grand-Slam-Turnier des Jahres noch eine echte Überraschung serviert, blieb doch der in Spielerkreisen maximal als Außenseiter gehandelte Hans Ebner mit 7:6, 7:5, 4:6, und 7:6 gegen Bernhard Nagl erfolgreich. Ebner feierte den ersten Grand-Slam-Titel seiner Karriere, und steht mit den 200 gewonnenen Champions-Race-Punkten mit einem Bein beim Masters-Turnier Mitte November im Tennispoint Vienna. Ein Bericht von C.L

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Hans Ebner holt als großer Außenseiter gestartet den letzten Saison-Grand-Slam-Titel

Rückblende in den Jänner 2006. Christoph Foitik avisiert gleich für den Saisonstart einen neuen Tourspieler. Sein Name ist Hans Ebner, damals 35jähriger Korneuburger, der gleich bei seinem ersten Antreten beim Jänner-GP-Turnier die Konkurrenz verblüffte. Bei seinem Debüt stürmt der Neuling mit nur 12 abgegbenen Games und ohne Satzverlust auf Anhieb ins Finale, wo er nur von Martin Kova am “Sensations-Debüt” gehindert wird. Traumhaft verläuft die Tour-Premiere des Hans E. dennoch, gewinnt der 35jährige doch drei Wochen später beim dritten Antreten schon seinen ersten Titel. Ebner sichert sich den Jänner-Without-Top-Ten-Titel ohne Satzverlust, deklassiert die Gegnerschaft und läßt eine verdutzte Konkurrenz zurück. Doch ein Seriensieger wurde dieser freche Newcomer mit dem Traumstart dennoch nicht. Was folgte war zwar eine sensationell konstant gespielte erste Saison mit der problemlosen und auf Anhieb geschafften Masters-Qualifikation, fünf weiteren Finalteilnahmen und der Saison-Bestmarke von 41 gewonnenen Einzelspielen, zu Siegesehren reichte es seit dem Jänner-Without-Top-Ten-Turnier 2006 aber nicht mehr, und auch auf Grand-Slam-Ebene blieb der Name Ebner meistens im Hintergrund. Mit einer Ausnahme aber, nämlich dem Mai-Grand-Slam-Turnier 2006. Sein Gegner damals ein gewisser Bernhard Nagl, das Resultat von damals ein Viersatz-Triumph mit 5:7, 6:4, 6:2, 6:1 für sein Gegenüber. 15 Monate später sollte Ebner also Gelegenheit zur Revanche bekommen. “Ich brauche die 200 Punkte, und ich will sie unbedingt holen”, mit dieser Ansage – von der Konkurrenz teilweise belächelt – sorgte der neue “US Open-Sieger der Hobby-Tennis-Tour” schon am Sonntag vor zwei Wochen für Aufsehen. Es klang ziemlich ernst, auch wenn dem gewagten Sager ein verschmitztes Lächeln folgte. Hatte Ebner schon am zweiten Spieltag gewusst, dass er knapp 14 Tage später den letzten Major-Titel der Saison gewinnen wird? Natürlich nicht, aber der 37jährige startete wie eine weitere Hand voller Mitkonkurrenten mit der Gewissheit in das Hartplatz-Grand-Slam-Event, in Abwesenheit der Tour-Top-Stars Harbarth, Wagner, Douglas & Kiss eine reelle Siegchance zu haben. Es war also scheinbar noch nie so leicht, ein Grand-Slam-Turnier zu gewinnen, und es wird in den nächsten 10 Jahren auch nicht mehr so einfach wie diesmal werden, waren sich die restlichen Top-Ten-Asse einig. Andererseits machte es gerade diese vermeintlich leichte Ausgangslage extrem schwierig, den 200-Punkte-Hartplatz-Klassiker in der Südstadt zu gewinnen, warnte Veranstalter Claus Lippert. Eine These, die der Sieger von 2003 Martin Kova bestätigte. “Jeder wusste, dass ohne Harbarth und Wagner die Chance hier zu gewinnen sehr groß ist. In Wahrheit wuchs damit aber der Druck”, meinte Kova.

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Ebner gewinnt einen spielerisch schwachen Startsatz gegen Nagl im Tie-Break

Dieses Faktum war vielleicht auch mit ein Grund, warum das letzte Grand-Slam-Finale des Jahres eher langsam in die Gänge kam, und die beiden Finalprotagonisten den Zusehern zunächst spielerische Schmalkost servierten. Dabei war für den letzten finalen Major-Showdown der Saison alles perfekt angerichtet, mit Kaiserwetter über der Südstadt und einem prächtigen auf den neuen Champion wartenden Pokal. Nur die beiden Endspiel-Teilnehmer konnten in einer nervös und fehlerhaft geführten Startphase dem großen Finale noch nicht das entsprechende Grand-Slam-Flair vermitteln. “Der Start war äußerst schwach und wenig sehenswert”, meinte auch Besucher Markus Seitner, der mit entblösstem Oberkörper mehr die herrliche September-Sonne als das matte Treiben am Centercourt genießen konnte. Eklatant zu Beginn ist vorallem die Aufschlagschwäche der beiden Finalisten, speziell beim amtierenden Masterssieger Bernhard Nagl. Der 29jährige fand beim Aufschlag kein Timing, produzierte in seinen ersten beiden Service-Games gleich ein halbes Dutzend Doppelfehler und war so nach rund 25 Minuten mit einem 2:4 Rückstand denkbar schlecht in sein 7. Grand-Slam-Karriere-Finale gestartet. Doch weil auch Ebner beim Aufschlag entscheidend schwächelt, kommt der 4fache Grand-Slam-Champion noch einmal zurück ins Match und in einen ersten finalen Tie-Break an diesem später noch so großartig werdenden Nachmittag. Dieser Tie-Break ist zugleich der Auftakt eines wahrlich denkwürdigen und wirklich großartigen Schlagabtausches, den sich Ebner und Nagl in den folgenden fast zweieinhalb Stunden liefern sollten. In diesem Tie-Break des ersten Satzes vergibt “Bernie” eine 3:1 Führung, kann nach fünf abgegebenen Punkten in Folge zwar noch die ersten beiden Satzbälle seines Gegners mit einem grandiosen Vorhandpassierball und einem gefühlvollen Stoppball abwehren, muss danach aber nach genau 56 Minuten mit einem seiner 35 im ersten Durchgang gemachten Grundlinienfehler den Eröffnungssatz von einem Urschrei begleitet abgeben.

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Nach exakt 100 Minuten führt Ebner mit 2:0 Sätzen und schielt in Richtung Titel

Satz Nummer 2 dauert dann mit 44 Minuten auch wieder verhältnismäßig lang, ist geprägt von einem knappen Spielverlauf, vielen Breaks und einem langsam besser werdenden Gesamteindruck, den Ebner und Nagl auf den Hartcourt in der Südstadt zaubern. Mit einem Break geht Nagl 2:1 in Führung und muntert sich mit dem Ausruf “Gemma nur mehr 16 Games bis zum Sieg” selbst ein wenig auf. Doch den Vorteil des frühen Breaks raubt sich der Ex-Mödlinger mit einem katastrophal gespielten sechsten Game, wo er Ebner mit zwei Doppelfehlern zum 3:3 Ausgleich verhilft. Richtig zur Sache geht es freilich erst wieder im Finish des Satzes, wo Nagl bei einer 5:4 Führung mit eigenem Aufschlag zum Satzgewinn serviert, dabei bei 30:30 nur zwei Punkte vom Satzausgleich entfernt ist, Minuten später seine Träume vom fünften Grand-Slam-Titel und ersten Saisonerfolg aber meilenweit entschwebt scheinen. Ebner bringt nach Abwehr von zwei Breakchancen sein Aufschlagspiel zum 6:5 durch, während Nagl an der nervenzerreißenden Aufgabe scheitert, sein Service zum Erreichen des Tie-Breaks durchzubringen. So sind sind exakt 100 Minuten gespielt, als sich Ebner mit einer 2:0 Satzführung erstmals mit dem Gedanken des “US Open-Triumphs der Hobby-Tennis-Tour” anfreunden kann.

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2:0 in Sätzen, doch bei 4:1 im dritten Durchgang erlebt Ebner einen massiven Einbruch

“Es ist absolut sinnlos” mit diesem Ruf sind viele der Nagl`schen Grundlinienfehler des 29jährigen Masterssiegers zu Beginn des dritten Satzes begleitet. Kein Wunder, scheint doch im fünften Game dieses dritten Durchgangs das letzte Grand-Slam-Turnier des Jahres entschieden. Ebner kann bei eigenem Aufschlag eine Breakchance Nagls abwehren, und das scheinbar vorentscheidende 4:1 fixieren. 2:0 Satzführung, dazu ein komfortables 4:1 im dritten Heat, das 16. September-Grand-Slam-Finale der Geschichte schien unaufhaltsam und ohne die ganz großen Höhepunkte einem sicheren Ende entgegen zu steuern. Niemand ahnte zu diesem Zeitpunkt des Geschehens, dass das bislang Gesehene noch lange nicht die Highlights des Nachmittags waren, das für Hans Ebner eine atemberaubende Hochschaubahnfahrt der Gefühle folgen sollte, und das Endspiel noch mehrere “scheinbar sichere” Sieger sehen würde. 7:6, 7:5, 4:1, alles klar Herr Kommissar! Ebner auf dem Weg ins Endspiel stets in zwei Sätzen siegreich geblieben, schien seinen ersten Grand-Slam-Erfolg ohne Satzverlust einzufahren. Doch plötzlich erlebte der 37jährige einen massiven Einbruch. War er auf einmal unkonzentriert, nicht mehr voll bei der Sache? Ging dem Routinier nach zweieinhalb höchst intensiv geführten Sätzen plötzlich die Kraft aus, oder bekam der Korneuburger die gleichermaßen bekannte wie gefürchtete Zitterhand, und die Angst vor dem “Gewinnen”? “Ich hatte einen groben körperlichen Durchhänger”, sollte Ebner später anaylsieren. Fakt ist aber auch, dass sein scheinbar schon geschlagenes Gegenüber urplötzlich wieder begann Tennis zu spielen. Fünf Games lang schlich ein “weinerliches Etwas” über den Court, bedauerte sich selbst und seine stetig grausam steigende Fehler-Bilanz, ehe “Bernie” zeigte, warum er Masterssieger und 4facher Grand-Slam-Champion ist. Er begann zu kämpfen, trug damit auch maßgeblich dazu bei, dass aus dem letzten Grand-Slam-Endspiel der Saison ein echtes Highlight wurde, und er startete mit einer “Leistungssteigerung im spielerischen Bereich” eine sehenswerte Aufholjagd. Bis 1:4 ging in diesem dritten Satz gar nichts, bei 1:4 versenkte er seinen ersten Rückhand-Winner in diesem Durchgang, bei 2:4 schoss “Bernie” den ersten Vorhand-Winner, bei 3:4 brachte er endlich wieder einen seiner insgesamt 13 prächtigen Stopps erfolgreich an, und bei 4:4 flog Ebner auch der erste Return in diesem Satz um die Ohren. Als Ebner im längsten Game des dritten Satzes bei 4:4 auch noch zwei Spielbälle zum 5:4 ausläßt, ist der Nagl-Express nicht mehr zu stoppen. Mit fünf Games in Serie reißt der 29jährige die Partie herum und verkürzt nach weiteren 42 Minuten auf 1:2 in Sätzen.

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Ebner kommt nach 2:5 und 5 abgewehrten Satzbällen zurück und zu Titelehren

Den Schock des Satzverlustes nach 4:1 Führung schien Ebner freilich locker wegzustecken, immerhin präsentierte sich der 37jährige bei seinen beiden ersten Aufschlagspielen im vierten Satz höchst souverän. Allerdings ließ auch Ebners Gegenüber beim Aufschlag zunächst “nichts anbrennen”. Dafür brannte Minuten später der Hut von Hans Ebner, und zwar “lichterloh”. Die Power schien draußen beim Champions-Race-Achten aus Korneuburg, und die Tour erstmals in ihrer Geschichte auf ein 5-Satz-Finale zuzusteuern. Unaufhaltsam sogar, fand Nagl doch nach zwei Breaks bei 5:2 und einer 40:15 Führung zwei Bälle zum Satzausgleich und zum erstmaligen fünften Durchgang vor. Augenzeugen der dramatischen Geschehnisse waren längst auch Brigitte und Gerald Scheller, die sich nach der Absage des Doppels in der Leberstraße, die fulminante Entscheidung vor Ort und live nicht entgehen lassen wollten. Draußen auf der Spielerbank bastelte Veranstalter Claus Lippert bereits gedanklich am Abgesang des Hans E., an der Schlagzeile des verlorenen Grand-Slam-Titels nach 2:0 Satzführung samt 4:1 Vorsprung im Dritten, freute sich im Besucherraum Gery Scheller schon auf den historischen weil ersten Fünfsatz-Fight der Tourgeschichte, ehe Nagl mit zwei seiner insgesamt 120 Grundlinienfehler Ebners Re-Break zum 3:5 einleitete. Cool und wild entschlossen, sich einen kraft- und nervenverschlingenden fünften Satz zu ersparen, verkürzte Hans mit eigenem Aufschlag locker und souverän auf 4:5, schaffte mit einem weiteren Break das “5 beide” und schien im Finish des Satzes doch noch zum tragischen Helden zu werden. Weil der 37jährige längst am Rande seiner körperlichen Grenzen agierend trotz zweier Spielbälle zum 6:5 mit einem Doppelfehler seine gigantische Aufholdjagd selbst bremst, und Minuten später bei Aufschlag Nagl und 0:40 dem mit Schrecken erfüllten fünften Satz ganz tief in die Augen sehen muss. Nagl hingegen führt 6:5, 40:0 bei eigenem Aufschlag, sieht den rettenden fünften Satz ganz dicht vor sich, und womöglich nichts anderes mehr. Drei weitere Satzbälle, insgesamt die Chancen Nummer 3, 4 und 5 bleiben von “Bernie” nämlich ungenützt. Eine unnötig weil ganz leicht verschlagene Vorhand, ein Spitzen-Return von Ebner und ein kapitaler 14ter und letzter Doppelfehler bringen Ebner den Einstand, dem Match einen zweiten Tie-Break und dem 16. September-Grand-Slam-Turnier ein phantastisches, an Spannung nicht überbietbares Finish. Bis 4:4 führt keiner der beiden Spieler mit mehr als einem Punkt Vorsprung, ehe der spätere Sieger nach so vielen Rückschlägen in den Sätzen 3 und 4 plötzlich doch seine ersten beiden Matchbälle vorfindet. Mit einem Service-Winner treibt Nagl die Spannung noch weiter in die Höhe, bei 6:5 und eigenem Aufschlag kann Ebner dann die an Dramatik nicht mehr zu topende Partie endlich beenden. Und er tut dies mit einem spektakulären Ballwechsel, der dem einzigartigen Geschehen an diesem längst zum Abend gewordenen Freitag nur allzu gerecht wird. Ein wuchtiger Aufschlag Ebners, den Nagl mit der Rückhand ziemlich cross ins gegnerische Feld returniert und Ebner im Halbfeld ans Netz zwingt, bringt Nagl in die Situation einen gelungenen Passierball spielen zu müssen. “Bernie” versucht es longline, trifft dabei das Netzband, von wo der kleine gelbe Filz zunächst scheinbar unnehmbar für Ebner ins Feld fällt. Doch Ebner “taucht ab”, und macht seinerseits mit einem Vorhandschlag einen für seinen Gegner unnehmbaren Ball. Die Entscheidung nach vier dramatischen Sätzen war gefallen. Um punkt 18:06 Uhr war der gigantische finale Showdown mit einer geballten Ebner-Faust und einem Luftsprung beendet.

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Hans Ebner als 20. Grand-Slam-Sieger der Tour-Geschichte mit großer Freude

Ebner hatte sich also in einer Neuauflage des Sand-Grand-Slam-Finales von 2006 mit Erfolg für die damalige Viersatz-Niederlage revanchiert. “Ich habe nicht eine Sekunde an dieses Spiel damals und eine mögliche Revanche gedacht”, beteuerte der 37jährige. Vielmehr überwiege die ganz große Freude über den ersten Grand-Slam-Titel seiner Karriere. “Die Freude über diesen Sieg ist deshalb so besonders groß, weil ich so einen Erfolg nie mehr wiederholen können werde”. Im zweiten Grand-Slam-Finale seiner Tour-Laufbahn zum großen Titelgewinn, damit beendete Ebner auch eine 15 Monate dauernde Sieglosigkeit ohne Turniererfolg. Hier beim letzten Major-Event des Jahres den größten Karriere-Triumph zu realisieren, das hatten wohl nur die kühnsten Optimisten und größten Ebner-Fans aus seinem Umfeld für möglich gehalten. Der 37jährige pirschte sich lautlos und unauffällig gegen Markus Sellmeister, Stefan Rieger, Tashi Liu durch den Turnier-Raster. Erstmals so richtig aufmerksam wurde man auf den Sandplatz-Spezialisten im Halbfinale, wo er gegen die Nummer 1 des Turniers Michael Kunz seine persönliche Negativ-Serie gegen den Deutsch Wagramer bendete und nach drei Niederlagen erstmals siegreich blieb. “Mit dieser Beteiligung ohne Harbarth und Wagner war mir klar, dass auch ich Chancen auf den Turniersieg hatte. Es waren zwar nur Außenseiter-Chancen, aber an einem guten Tag war mir klar, dass alles möglich wäre. Das ich dann gegen Kunz im Semifinale und gegen Nagl das Finale gewinne ist natürlich nicht zu erwarten gewesen. Der Kunz Michi gewinnt von 10 Spielen wahrscheinlich 7 gegen mich. Beide hintereinander zu besiegen, da musste am Ende schon sehr viel zusammenpassen”, jubelte der neue Champion. Zum Spiel selbst äußerste sich der 20. Grand-Slam-Sieger der Tour-Geschichte in seiner bekannt ehrlichen und sympathischen Art.

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“Ich habe im vierten Satz bei 2:5 die zweite Lunge bekommen”

“Es war ein Super-Match, schwer fein. Bei 1:4 im dritten Satz sah ich zwar wie der sichere Sieger aus, aber in Wahrheit habe ich mir da schon Sorgen wegen meinem körperlichen Zustand gemacht. Ich war in dieser Phase komplett im Eck. Erst bei 2:5 im vierten Satz ist es komischer Weise wieder besser geworden. Da habe ich praktisch die zweite Lunge bekommen. Ich habe dann mit mehr Risiko gespielt. Es war extrem schwer gegen den Bernie zu spielen, weit schwieriger als im Semifinale gegen den Kunz. Der Michi ist wie ein Panzer, kommt er in Fahrt, wird man überrollt, gibt es für mich nichts zu gewinnen. Mit dem Bernie aber habe ich immer lange Ballwechsel. Ich habe das Match super gefunden, aber ich hätte auch mit einer Niederlage noch genug Freude gehabt über ein so tolles Match. Gegen den Bernie zu verlieren, damit hätte ich außerdem kein Problem gehabt. Zum Schluss möchte ich noch sagen, dass es auch ohne Harbarth und Wagner extrem schwer war, hier zu gewinnen. Ein Heuberger, ein Seitner und wie sie alle heißen, einen Liu, Scheller, Kova nicht zu vergessen, haben aus diesem Turnier ein wirklich sehr starkes Event gemacht”, schloss Ebner sein erstes Grand-Slam-Sieger-Interview ab. Als nunmehr ältester September-Grand-Slam-Sieger, der nach der Siegesserie von Claus Lippert von 1996 bis 2001, und den Jugend-Erfolgen von Martin Kova 2003, Patrick Schwing 2004 und Christoph Wagner 2005-2006 wieder für einen Oldies-Sieg sorgte, ist die Saison damit schon fast vorbei und wohl nur mehr der Start beim Masters eine reizvolle Aufgabe.

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“Ich habe im Moment einfach nicht die Form um ein Grand-Slam-Turnier zu gewinnen”

Während Ebner im Final-Duell der “Langzeit-Titellosen” also die Oberhand behielt und erstmals seit Jänner 2006 wieder einen Siegespokal in Empfang nehmen durfte, muss der 11fache Turniersieger Bernhard Nagl weiter auf seinen ersten Saisontitel warten. Seit dem Masters-Triumph im vergangenen November ist “Bernie” sieglos, und am letzten Freitag schrammte der 29jährige Ex-Mödlinger zudem an einem wahrlich historischen Erfolg vorbei. Nagl wäre mit seinem ersten “US Open-Titel der Hobby-Tennis-Tour” erst der vierte Spieler der Tourgeschichte gewesen, der nach Claus Lippert, Klaus Hofer und Christian Kainz das Kunststück zu Wege gebracht hätte, alle vier Grand-Slam-Turniere zumindest einmal gewonnen zu haben. “Schade, aber ich habe heute einfach nicht zu meinem Spiel gefunden. Ich hatte in vielen Phasen des Matches nicht das richtige Gefühl für meine Schläge”, resümmierte der unterlegene Finalist. Das neue Racket mit der Kaufhausbespannung war sicherlich auch nicht von Vorteil, wollte Bernie aber nicht als Ausrede gelten lassen. Es ist ärgerlich, vorallem die fünf Chancen im vierten Satz. Bei 6:5 40:0 muss ich einfach einen Punkt machen. Aber insgesamt gesehen habe ich derzeit einfach nicht die Form um ein Grand-Slam-Turnier zu gewinnen”, lautete die ernüchternde Nagl-Bilanz. “Jetzt konzentriere ich mich voll auf die Hallensaison und die Masters-Titelverteidigung. Die wird schwer genug”, verkündete “Bernie”, der mit seinen fünf vergebenen Satzbällen im vierten Durchgang des Endspiels auch ein weiteres Tour-Gesetz nicht außer Kraft setzen konnte. Es gibt auf der Tour einfach keine Fünfsatz-Endspiele. Auch im 24. Versuch bleibt es dabei.

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Claus Lippert, 25. September 2007