Martin und die starken Männer

Kova neben drei Marathon-Männern im Jänner-GP-Halbfinale

Der ausgedehnte zweite Spieltag beim Saisonauftakt im Tennispoint Vienna hatte einige Überraschungen zu bieten. So stehen im Semifinale am Montag Abend mit Hans Ebner und Alexander Udovc sogar zwei Underdogs, die vor dem ersten Turnier des Jahres wohl niemand auf der Rechnung hatte. Neben den beiden Überraschungs-Männern haben sich auch noch Martin Kova und Markus Altsinger für das Semifinale beim Jänner-GP-Turnier 06 qualifiziert. Und in diesem matchen sich am heutigen Abend neben dem Sieger von 2002 (Kova) drei “starke Männer”. Udovc, Ebner und Altsinger, sie alle hatten auf ihrem Weg ins Semifinale drei kraftraubende Hürden überwunden.

Hans Ebner liefert sensationelles Tour-Debüt mit Semifinal-Einzug ab

Tour-Neuling Hans Ebner ist bislang die Sensation beim derzeit laufenden Saisonauftakt-Turnier. Der auf Empfehlung von Christoph Foitik erstmals auf der Tour aufschlagende Niederösterreicher steht nach 3 klaren Erfolgen im Semifinale des Jänner-GP-Turniers, und hat auf seinem Weg dorthin erst 9 Games abgegeben. Der 36jährige schaltete nach einer konstanten Leistung mit Robert Piatek, Florian Dinter und Ronald Raith nacheinander drei starke Gegner aus. Ebner überzeugte bei seinem Debüt vor allem mit einer enormen Sicherheit in seinen Schlägen, und einer phantastischen Beinarbeit. Dabei scheint der Tour-Neuling noch gar nicht in Bestform zu sein. “Ich habe die letzten zwei Jahre kaum Tennis gespielt. Ein Tennisarm hat mich daran gehindert. Davor war ich in meinem Heimatclub in Niederösterreich aber intensiv im Einsatz”. Auch wenn Ebner am Sonntag Nachmittag ohne großen Widerstand durch den Jänner-GP-Raster eilte, so spürte er nach dem letzten seiner drei erfolgreichen Auftritte eine gewisse Müdigkeit. “Ich hoffe am Montag antreten zu können, weil sich gerade ein Krampf im Beim bemerkbar macht”. Während der Tour-Debütant also einen lupenreinen Hattrick und eine geniale Start-Performance auf die Courts im Tennispoint zauberte, sorgte seine Art Tennis zu spielen bei den bezwungenen Gegnern wie erwartet für unterschiedliche Reaktionen. Während Ebners erstes Opfer Robert Piatek nach nur einem gewonnenen Game eigentlich zu Tode deprimierte sein sollte, würdigte und lobte der routinierte Pole seinen Bezwinger: “Hans spielt ein extrem sicheres Tennis, er macht kaum Eigenfehler und hat eine gute Länge in seinen Schlägen. Er kann noch sehr weit kommen auf der Tour”. Ähnlich die Reaktion von Piateks Doppel-Partner Johann Krammer. “Ebner ist sehr stark, er ist ballsicher und außerordentlich schnell. Was ich gesehen habe ein kommender Mann”. Einen ganz anderen Eindruck hinterließ der Foitik-Freund bei Viertelfinalist Ronald Raith. “Das ist kein Tennis, wenn ich nochmals gegen ihn gelost werde, dann gebe ich w.o.”.

Raith frustriert und Foitik enttäuscht

Der Frust über das aus seiner Sicht wenig ansehnliche Viertelfinal-Match saß tief beim 44jährigen. Kein Wunder, immerhin schaltete Raith auf seinem Weg unter die letzten Acht des Jänner-GP-Turniers eine Runde davor mit Christoph Foitik sogar den Geheimfavoriten auf den ersten Saisontitel aus. “Ich habe gegen Christoph vor allem im ersten Satz sehr gut gespielt. Das neue Racket scheint mir zu liegen”, war Ronny nach seinem zweiten Einzelsieg des Jahres zufrieden, ehe der unrühmliche Auftritt gegen Ebner folgte. Für einen kam der Höhenflug des Hans E. beim Jänner-GP nicht überraschend. Oktober-Without-Top-Ten-Sieger Foitik avisierte Ebner gleich mit dem Hinweis “beim derzeitigen Teilnehmerfeld ist er aus meiner Sicht einer der Favoriten”. Selbst hatte der 27jährige Linkshänder am Sonntag wenig Grund zur Freude. Zwar gewann der 2fache Turniersieger des Vorjahres den am Freitag abgebrochenen Tie-Break-Krimi im Schlagerspiel zur 1. Runde gegen Philipp Svatek mit 6:3, verbesserte sich im Vergleich zum letztjährigen Antreten wo er gleich zum Auftakt scheiterte, musste im Achtelfinale gegen Raith aber seine Sieges-Ambitionen begraben. Beim 2:6, 3:6 Ausrutscher wirkte Foitik wenig frisch, und nicht im Vollbesitz seiner Kräfte. “Ich war sehr müde, wahrscheinlich hat das Spiel am Freitag gegen Svatek doch mehr Kraft gekostet als erwartet”. Leicht möglich, immerhin dauerte der Marathon mit dem Juli-Without-Top-Ten-Sieger insgesamt knapp mehr als 3 Stunden.

“Die zweite Überraschung” Alex Udovc sprintet mit Sieg-Hattrick in sein 1. Karriere-Semifinale

Ähnlich lange hielt sich auch Alexander Udovc am Sonntag Nachmittag mit Tennis auf, allerdings erledigte er in dieser Zeit einen famosen Sprint von Runde 1 ins Semifinale. Ohne Satzverlust und mit nur 10 abgegebenen Games realisierte der TC Schmelz-Neuzugang sein erstes Halbfinale auf der Tour beim 5. Antreten. “Es war ein anstrengender Nachmittag, aber ich habe speziell im Match gegen Tader sehr gut aufgeschlagen”, meinte Alex. Seine Auftritte haben etwas vom “Öffnen einer Wundertüte”. Nie weiß man was drinnen ist. Auch die Matches von Udovc liefern immer einen Überraschungseffekt. Einmal besiegt er nach großartiger Leistung beinahe einen Spieler wie Markus Altsinger, beim nächsten Mal ist er gegen den Kinderstar Matthias Lohr ohne Chance. Diesmal scheint die Wundertüte aber besondern prall gefüllt, immerhin kann der Szele-Freund nach drei tollen Vorstellungen mit seinem 1. Karriere-Semifinale aufwarten. Nach Christian Moller, der sich in Runde 1 noch am besten gegen Udovc verkauft hatte, und seinen Start in die neue Saison mit einem süffisanten “Ich bin zufrieden” quittierte, war im Achtelfinale Matthias Tader bei seinem Comeback nach über 4 Monaten Turnierpause chancenlos. Dem 15jährigen Ottakringer war die lange Pause und die damit verbundene fehlende Matchpraxis anzumerken. Vor den Augen seines Trainers Franz Korger, gelangen dem Junior zwar einige herrliche Winner, insgesamt war beim ersten Antreten seit 2. September 2004 aber nichts zu holen. “Immerhin habe ich die erste Runde überstanden, damit bin ich weiter als im letzten Jahr”, versuchte Tader nach einem w.o Erfolg über Thomas Windisch die positiven Seiten des nachmittäglichen Ausflugs herauszustreichen. Für Matthias setzte es damit die 6. Erstrunden-Niederlage in Serie, sein letzter voller Erfolg datiert vom 10. Juli des Vorjahres und gelang dem 15jährigen Teenager in der ersten Runde des Juni-Super-4-Turniers über Nico Athanasiadis. Das letzte Udovc-Opfer war im Gegensatz zu den anderen Besiegten nicht unzufrieden mit seiner “ersten Leistung im neuen Jahr”. Johann Krammer “wedelte” direkt von den Skipisten Schladmings in die dritte Runde des Jänner-GP-Turniers im Tennispoint. Krammer musste nach einem Freilos in Runde 1 und dem letztlich klaren Erfolg über Nihad Berzengi im Achtelfinale, gegen Udovc den Kraftanstrengungen der letzten Tage Tribut zollen. “Im zweiten Match war ich schon ziemlich müde. Einerseits war ich vergangene Woche Skifahren, und die relativ lange Wartezeit zwischen meinen beiden Spielen war auch nicht förderlich für eine gute Leistung. Das soll aber alles keine Ausrede sein. Udovc hat sehr stark gespielt, so gut habe ich ihn noch nie gesehen. Und außerdem bin ich mit meinem 1. Antreten nicht unzufrieden. Im Vorjahr bin ich nach meinem Skiurlaub gleich in Runde 1 ausgeschieden, diesmal habe ich es sogar bis ins Viertelfinale geschafft”, freute sich der älteste Teilnehmer des Turniers.

“Der souveräne Favorit” Martin Kova bleibt auf Kurs Richtung zweitem Jänner-GP-Titel seiner Laufbahn

Neben den beiden Überraschungs-Spielern Hans Ebner und Alexander Udovc, stehen aber auch zwei arrivierte Tour-Akteure im Halbfinale des Jänner-GP-Turniers. Nicht unerwartet hat der Jänner-GP-Champion von 2002 Martin Kova die Vorschluss-Runde erreicht. Bei seinem 4. Jänner-GP-Antreten zog der 22jährige locker in sein 3. Semifinale ein, und machte mit zwei “unspektakulären” Erfolgen über Mario Eberhard und Günter Zack sein katastrophales Masters-Abschneiden vergessen. Für viele Beobachter des Turniers wie beispielsweise Masters-Finalist Christoph Wagner, kann sich Kova dieser Tage nur selber schlagen. “Es wäre eine Schande, wenn er dieses Turnier nicht gewinnt”, meinte der September-Grand-Slam-Sieger, der übrigens als erster Top-Ten-Star für die 200-Punkte-Veranstaltung am kommenden Wochenende nannte. Einen zufriedenen Eindruck hinterließ am Ende des 2. Spieltages nur Günter Zack von den von Kova bezwungenen Gegnern. “Natürlich bin ich zufrieden mit meinem Abschneiden beim Jänner-GP. Sehr sogar, und ich freue mich jetzt schon auf das Grand-Slam-Turnier nächste Woche”, analysierte Zack nach seiner Premieren-Vorstellung beim Saison-Auftakt-Bewerb.

Markus Altsinger im “New Look” ins neue Tennisjahr gerutscht

Der letzte Mann im Semifinale des Jänner-GP-Turniers heißt Markus Altsinger. Und der 18jährige November-Without-Top-Ten-Sieger von 2004 scheint unter dem Motto “Alles Neu” ins Tennisjahr 2006 zu starten. Im “New Look” mit Kurzhaarschnitt und im “New Stile” mit stark verbessertem Tennis, katapultierte sich der Mixed-Olympiasieger aus seinem “2005er-Schatten”. Future-Tour-Superstar Matthias Lohr war trotz guter Leistung chancenlos und mit einer doppelten Null das erste Opfer des “neuen Altsinger”. Im Achtelfinale revanchierte sich Markus im besten Match des Tages an Roman Ainberger für die auf den Tag genau zwei Monate zurückliegende Final-Schlappe beim November-GP-Turnier 2005. Das damalige 3:6, 1:6 Debakel machte Altsinger mit einer spielerischen, kämpferischen und mental stark verbesserten Sonderleistung vergessen. “Markus hat heute sehr gut gespielt. Bei mir lief es aufgrund einiger anderer Dinge nicht optimal, aber das soll seine Leistung nicht schmälern. Im Vergleich zum Finale beim November-GP-Turnier hat er heute viel besser gespielt. Er war auch nicht so nervös wie damals. Jetzt hoffe ich auf ein gutes Jänner-Grand-Slam-Abschneiden”, blickte der 19fache Turniersieger Roman Ainberger der Hobby-Tennis-Tour schon wieder in die Zukunft. Im Viertelfinale beendete Altsinger dann auch noch den Erfolgs-Run von Bernhard Wittholm. 6:3, 6:0, “immerhin habe ich 2 Games mehr gemacht als im letzten Sommer beim Juni-Grand-Slam-Turnier” kommentierte der junge Mann aus Baden sein viertelfinales Scheitern. Der Niederösterreicher qualifizierte sich für das zweite Karriere-Duell mit Altsinger durch einen souveränen Zweisatzsieg über Alexander Szele, mit dem auch Bernhards Opa zufrieden war. “Es ist eine augenscheinliche Steigerung in seinem Spiel zu erkennen. Noch mehr als die Leistung gegen Szele hat mich aber sein Auftreten im ersten Satz gegen Altsinger beeindruckt. Da hat Bernhard sehr stark aufgezeigt. Leider hat er danach vor allem taktisch viele Fehler gemacht, und meine Tipps nicht angenommen”. Trotz Aus im Achtelfinale will auch Alex Szele unbeirrt seinen Weg fortführen. “Ich werde wahrscheinlich am Mittwoch und Donnerstag schon wieder trainieren. Beim Grand-Slam sehen wir uns wieder. Bernhard war ein sehr starker Gegner, von einer 50:50 Chance konnte man da nicht sprechen”, meinte er in Richtung Veranstalter, der ihm eine solche gegen Wittholm eingeräumt hatte.

Future-Tour-Stars Lohr & Berzengi mit Niederlagen

Zu den Verlieren des Tages zählten die Future-Tour-Spieler. Im Falle des Matthias Lohr klingt das trotz 0:6, 0:6 gegen Markus Altsinger kurios, weil der 12jährige, der vor genau einem Jahr sein Tour-Debüt feierte, trotz Debakel nicht schlecht aussah. Lohr zeigte im Duell mit dem übermächtigen Gegner wenig Respekt, versuchte sein in unzähligen Trainingsstunden neu adaptiertes Können auszuspielen, und beeindruckte auch seinen Bezwinger mit großartigen Schlägen. Der “neue Lohr” ist da, das lästige Schupfen längst vergessen, und der Knirps auf dem unaufhaltsamen Weg nach oben. Die Top Ten sind zwar noch außer Reichweite, der Rest der Konkurrenz aber immer öfter in seinem Bereich. Mit seinem 6 Jahren älteren Gegenüber lieferte sich der noch immer jüngste Einzelsieger der Tour-Geschichte sehenswerte Ballwechsel, und auch wenn am Ende wie im Vorjahr nicht mehr als ein Erstrunden-Aus herausschaute, zeigte der Futre-Tour-Kinderstar sein enormes Zukunfts-Potential. Über ein solches verfügt ohne Zweifel auch Nihad Berzengi, freilich schöpft der Challenger-Triumphator der letzten Monate dieses aber bei weitem noch nicht aus. Nach seinem “angekündigten” Auftakterfolg über Helmut Gruna, konnten im Achtelfinale Nihads Ansagen nicht mit der Realität mithalten. “Ich werde ihn einfach laufen lassen”, hatte Berzengi sein Rezept für einen Erfolg über Krammer parat. Doch die Taktik ging nur 5 Games lang auf, brachte dem Junior eine zwischenzeitliche 4:1 Führung. Damit war die Berzengi`sche Herrlichkeit aber vorbei. Der Oldie im Feld machte Ernst, überließ dem Future-Tour-Spieler nur mehr 2 Games, und nahm ihn anschließend ins Gebet. “Hans hat mir erklärt, dass ich mich nicht selbst fertig machen soll, und weniger Emotionen auf dem Platz besser wären”. In der Tat hat Berzengi in den letzten Turnieren einige Spiele trotz Führung aus der Hand gegeben. Die Gründe dafür glaubt der Junior zu kennen: “Ich bin mir oft zu sicher, dann lasse ich ein wenig nach, und schon bin ich aus dem Rhythmus gekommen. So war es auch gegen Krammer im Achtelfinale. Nach der klaren 4:1 Führung habe ich nach dem Gameverlust zum 2:4 nur gedacht – das macht ja nichts -. Dann wurde ich immer nervöser. Überhaupt bin ich leicht aus der Ruhe zu bringen, wenn es nicht so läuft wie ich mir das vorstelle. Insgesamt muss ich aber mit dem ersten Turnier im neuen Jahr zufrieden sein. Mit dem Sieg über Gruna in der ersten Runde habe ich die Pflicht erfüllt, gegen Krammer habe ich zeitweise auch gut mitgehalten, und am Ende bin ich mit dem Achtelfinale immerhin sogar unter den den Top Ten im Champions-Race”, zog der 15jährige Bilanz.

Claus Lippert, 13.Jänner 2006