Philipp Schneider trotz Niederlage mit versöhnlichem Masters-Abschied

Der bislang im Turnierverlauf auf allen Linien enttäuschende Philipp Schneider hat sich am Donnerstag Abend mit einer klaren Leistungssteigerung und einem sehenswerten Auftritt im dritten und letzten Vorrunden-Match bei den HTT-Tour-Finals 2016 im UTC La Ville rehabilitiert und gleichzeitig auch für diese Saison verabschiedet. Der 2fache Masterssieger bot im ersten Single des sechsten Spieltages dem amtierenden HTT-US-Open-Champion und bereits vorzeitig als Gruppensieger feststehenden Gabriel Jovanovic fast zwei Stunden lang einen mehr als ebenbürtigen Schlagabtausch, und musste sich erst nach hartem Kampf mit 5:7, 6:2 und 2:6 geschlagen geben. Von welcher Güte die abschließende Masters-Vorstellung des krisengebeutelten 16fachen Turniersiegers war, dokumentierte am Ende des Tages auch die Match-Statistik von hobbytennistour.at, in der Schneider insgesamt sogar einen Punkt mehr als sein Bezwinger machte. Hinter dem ungeschlagenen serbischen Jungstar, zog der Ranglistenerste Damian Roman ins Semifinale des Saisonfinales der Top 8 ein. Der 34jährige aus Negresti Oas demonstrierte im letzten Vorrunden-Einzel der heurigen “Finals” seine momentane Stärke und Konstanz, und warf Angstgegner Bernhard Scheidl in knapp eineinhalb Stunden mit 6:3, 7:5 aus dem Bewerb. Im Semifinale kommt es daher zu den Duellen Jovanovic gegen Schager und zum Top-Hit zwischen dem Ranglisten-Ersten Damian Roman und der Nummer 2 der HTT Vladimir Vukicevic. Ein Bericht von C.L

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Philipp Schneider wie in alten Zeiten und nach 15 Minuten mit 5:1 Führung gegen den bislang unantastbaren Gabriel Jovanovic

Wer hätte das gedacht! Der zum Prügelknaben abgestempelte und zuletzt in einer tiefen Krise agierende Philipp Schneider hat am Donnerstag Abend mit einem höchst gelungenen Auftritt im letzten Gruppenspiel der HTT-Tour-Finals 2016 seine Kritiker Lügen gestraft, und sich selbst mit einer ganz starken Vorstellung ein positives Gefühl zum Saisonabschluss beschert. Der 36jährige Routinier vom UTC Waidhofen musste im Duell mit dem halb so alten HTT-US-Open-Sieger Gabriel Jovanovic zwar die vierte Masters-Niederlage in Serie hinnehmen, der mit 5:7, 6:2, 2:6 verloren gegangene Auftritt des 16fachen Turniersiegers war aber als deutliches Lebenszeichen in der Szene wahrnehmbar. Mit dem Umstand im Rücken spielend, dass es mit Ausnahme von 200 Ranglisten-Punkten eine “Partie ohne Wert” zu bestreiten galt, spielte Schneider speziell im ersten Satz wie in vergangenen erfolgreichen Zeiten auf. Der 2fache Masterssieger deklassierte den bis hierher so dominant auftretenden Jovanovic in beeindruckender Art und Weise, und hatte sich bombastisch servierend in nur 15 Minuten eine 5:1 Führung herausgeschossen. Und selbst als der Team-Donaufeld-Clubmeister 28 Minuten später mit sechs in Serie abgegebenen Games den ersten Satz doch noch mit 5:7 verloren hatte, bewies der Ranglisten-Dritte große Charakterstärke an diesem Abend. Der Routinier verwickelte einen überraschten und in Sachen Taktik auch nicht vorbereiteten Jovanovic immer wieder in intensive Grundlinien-Duelle, die Schneider oftmals mit seinem Paradeschlag der Rückhand für sich entschied. Am Ende hatte Jovanovic zwar in drei Sätzen seine weiße Weste auf der HTT behalten, Schneiders Vorstellung imponierte aber auch dem Jungstar aus Serbien bei der anschließenden Pressekonferenz.

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Jovanovic von der Leistung seines Gegners angetan, “und manchmal muss dir ein Plan B den Arsch retten”

“Der Philipp Schneider hat mir bislang die größten Schwierigkeiten von allen meinen Gegnern auf der Hobby-Tennis-Tour bereitet. Selbst gegen Damian Roman habe ich mir leichter getan als heute gegen Schneider. Er hat phasenweise unglaubliche Schüsse losgelassen und sehr präzise gespielt. Dazu hat er sehr solide aufgeschlagen, also es war richtig schwer heute hier zu gewinnen. Bei mir lag es aber nicht an der Motivation heute, sondern am fehlenden Gefühl. Solche Tage gibt es, die kennt jeder der Tennis spielt. Es funktioniert gar nichts, man fühlt sich nicht wohl, die Einstellung passt nicht, und dann muss man halt einen Plan B haben. Meiner Plan B war es über die Ausdauer und das Laufen es zu richten, und den Ball reinspielen bis er den Fehler macht. Manchmal muss dir ein Plan B den Arsch retten, und so war es heute”, bilanzierte der Erste Bank Open-Champion.

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Der 2fache Masterssieger bei der Pressekonferenz und zum Thema Stellung nehmend, wie sehr kritische Berichterstattung auf der HTT belasten kann

Die letzte Pressekonferenz etwas erleichtert, nahm dann auch Philipp Schneider in Angriff, nachdem er sich schon beim Oncourt-Interview unmittelbar nach Spielende mit einem lustigen Spruch Luft nach der zuletzt steigenden Kritik auf hobbytennistour.at machte. “Geprügelte Hunde freuen sich auch über kleine Knochen”, so kommentierte der 2fache Masterssieger seinen zwar verlorenen aber doch gelungenen letzten Auftritt im Gespräch mit Centercourt-Moderator Mathias Wagner. Eigentlich hatte Schneider am Vorabend nach der entscheidenden Niederlage im Doppel an der Seite von Andreas Trinko schon mit einer Absage des letzten Vorrunden-Matches gegen Gabriel Jovanovic spekuliert. Es drohte dem ohne Selbstvertrauen und ohne Form agierenden Schneider ein böses Debakel gegen den Power-Server vom TC Stockerau, doch dann bewies der 2fache Masters-Champ Charakter und stellte sich doch der kniffligen Herausforderung. Und ohne Druck, befreit von allen Lasten, zeigte Schneider dann auch wieder einmal, wozu er wirklich fähig ist. “Natürlich ging es um nichts mehr, da hat man dann die entsprechende Lockerheit. Auf der anderen Seite habe ich mich heute von der Spitzigkeit und der Bewegung her sehr wohl gefühlt, scheinbar bin ich ein bißchen zu spät in Form gekommen”, analysierte Schneider, der dann noch ein interessantes Statement zum Thema “HTT-Medien” und dem dortigen Umgang mit seiner Krise parat hatte. “Ich habe das schwer unterschätzt. Oberflächlich und rational denke ich mir, das Ganze ist eh witzig. Auch damals mit dem Grand-Slam-Fluch, aber wenn du Sachen immer wieder liest, und es Thema unter den Spielern wird, und man wird darauf angesprochen, ich muss sagen, das habe ich echt unterschätzt wie sehr sich das in den Kopf reinbrennt. Jetzt muss ich halt Wege finden damit umzugehen. Auch beim Zitat im heutigen Online-Bericht habe ich kurz gedacht – war das notwendig? Aber ich denke das gehört dazu. Die Spieler werden auch übertrieben in den Himmel gelobt wenn sie gut spielen, also ist das auch in Ordnung wenn über die schlechten Leistungen geschrieben wird”, so Schneider nach seiner vierten Masters-Niederlage in Folge.

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