Super-Sonntag beim Jänner-GP mit vielen Überraschungen

Erster echter Marathon-Tennis-Tag des neuen Jahres, und am “Super-Sonntag” beim Jänner-Grand-Prix-Turnier mit insgesamt 17 Partien setzte sich der Trend der letzten Tage mit vielen überraschenden Ergebnissen fort. Daneben stehen mit Vorjahresfinalist Hans Ebner, April-Without-Top-Ten-Sieger Filip Vladkov, Hallen-Super-4-Champion Michael Kunz und Thomas Seemann auch die ersten vier Halbfinalisten der neuen Saison fest. Ein Bericht vom 3. Jänner-GP-Spieltag von C.L

Achtelfinal-Niederlage der Nummer 1 – Wagner verliert erstmals gegen Kunz

Kommen wir zurück zu den Überraschungen des gestrigen Sonntags. Da wäre einmal Überraschung Nummer 1, mit dem frühen Aus des Ranglisten-Ersten Christoph Wagner. Der 16jährige musste sich im Achtelfinal-Duell der Hallen-Super-4-Sieger von 2005 und 2006 gegen Michael Kunz mit 4:6 und 3:6 geschlagen geben. Für Wagner, der zum ersten Mal seit seinem Finalsieg beim September-Grand-Slam-Turnier wieder auf der Tour aufschlug, war es die “früheste” Niederlage seit mehr als eineinhalb Jahren. Damals im Juni 2005 musste sich der Jungstar beim Mai-Grand-Slam ebenfalls im Achtelfinale – damals gegen Bernhard Nagl – verabschieden. Das gestrige Scheitern bei seinem Jänner-GP-Debüt, nahm der Entry-List-Leader aber relativ gelassen. Immerhin zog Wagner gegen einen echten Hallenspezialisten und nach einem echt starken Spiel den Kürzeren. “Ich kann mir nichts vorwerfen, ich habe gut gespielt, zwar noch nicht in Topform, aber für meine lange Pause war es schon ganz ok. Außerdem hat Kunz heute einfach alles getroffen. Im zweiten Satz habe ich zwar auf seinen obligaten Einbruch gewartet, aber Michael hat bis zuletzt stark gespielt”, zog der Junior eine nicht unzufriedene Bilanz. Einen weiteren Grund für das relativ glatte Ergebnis sah der 16jährige auch in seiner mangelnden Spielpraxis zuletzt. “Ich habe nach meinem September-Grand-Slam-Sieg eine längere Pause gemacht, dann ist mir auch noch meine Verletzung beim Masters dazwischen gekommen. Außer ein paar Wintercupspielen und der ein oder anderen Trainingseinheit habe ich nicht sehr viel gespielt”, erläuterte Wagner.

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Stimmt exakt wenn man einen Blick auf die Match-Statistik von Wagner wirft, speziell im Vergleich zu jener seines gestrigen Bezwingers. Seit dem erwähnten Wagner-Erfolg beim “US Open der Hobby-Tennis-Tour” hat Kunz 30 Matches gespielt, und Wagner eines. Und zwar jenes in Runde 1 gegen Johann Krammer, das mit einem 6:0, 6:0 Kantersieg im 140. Karriere-Auftriit endete. “Ich bin deshalb auch unabhängig davon das es wenige Punkte beim Jänner-GP-Turnier zu gewinnen gibt hierher gekommen um Spielpraxis zu bekommen. Ich kann aus jedem Match noch immer lernen, auch aus einer Niederlage so wie heute gegen Kunz”, rang Wagner auch dem bitteren Saison-Auftakt positive Aspekete ab. Kunz selber hatte sich für das erste Duell mit Wagner in der Halle auch mit einem 6:0, 6:0 Schützenfest gegen Herbert Stegmüller eingeschossen, und war nach dem ersten vollen Erfolg über den Ranglisten-Ersten im dritten direkten Duell natürlich hoch zufrieden. “Mir ist heute fast alles aufgegangen wie ich es mir vorgenommen habe. Ich habe schon im Vorfeld ein wenig auf meinen ersten Erfolg über Wagner spekuliert. Immerhin war es auf Sand zuletzt beim August-GP mit 6:7, 6:7 ziemlich knapp, und in der Halle bin ich mit Sicherheit um einiges stärker als im Freien. Wagner hat heute vielleicht noch nicht im Topform gespielt, aber schwach war er nicht gerade drauf”, sah der Niederösterreicher seinen Erfolg als verdient an. Ob es ein Start in eine erfolgreiche Saison war wird sich weisen, Ziele hat der zweifache Hallen-Turniersieger aber in jedem Fall. “Ob ich heuer Nummer 1 werden kann, weiß ich nicht. Aber die Top 3 sollten sich ausgehen und sind mein erklärtes Ziel”, so der 35jährige, der bei allen seinen bisherigen Hallen-Turnier-Teilnahmen zumindest immer das Semifinale erreichte.

Favoriten-Schreck Martin Bölzlbauer sorgt weiter für Furore

Zum absoluten Favoriten-Schreck und zur Überraschung Nummer 2 avancierte beim ersten Saisonturnier Martin Bölzlbauer. Der 24jährige warf nach seinem Erstrundensieg am Freitag Abend gegen Raimund Aigner am Sonntag Nachmittag mit Roman Ainberger den nächsten höher eingeschätzten Spieler aus dem Bewerb. Der 6:4, 6:4 Erfolg über den 19fachen Turniersieger und Hallen-König der 90er-Jahre war nicht einmal unverdient wie Ainberger nach dem Spiel meinte: “Das Martin sehr laufstark ist war mir bekannt, dass er aber auch über hervorragende Schläge verfügt, hat mich überrascht. Vorallem mit seiner Vorhand hat er immer wieder gepunktet. Er hat verdient gewonnen, ich muss ihm gratulieren”. Ainberger selbst, in den letzten Tagen durch ein Darmvirus geschwächt, sah seinen zweiten Jänner-GP-Start positiv. “Meine Pause war lange, ich bin weit weg von meinem besten Tennis, daher habe ich auch hier beim Jänner-GP genannt. Ich brauche noch einige Matches, für mich ist im Augenblick jedes Spiel das ich bekommen kann sehr wichtig. Die Siege hebe ich mir dann für das Jänner-Grand-Slam auf”, so der 32jährige. Eine Stunde später wäre Martin Bölzlbauer dann beinahe vom Favoriten-Schreck zum “Giganten-Killer” mutiert. Ein am Netzband entlang kullernder Ball bewahrte Wagner-Bezwinger Michael Kunz vor dem ersten Satzverlust im Verlauf des Turniers. Bei 5:3 fand “Bölzl” zwei Breakchancen und somit auch zwei Satzbälle vor, eine Möglichkeit davon endete wie erwähnt mit einem unglücklichen Netzroller aus seiner Sicht. Beim Stand von 5:5 läßt der ehemalige Fußballer zwei weitere Breakbälle ungenützt, einen Luxus den man sich gegen einen Michael Kunz in der Halle nicht leisten darf. Die Strafe folgte auf den Fuß. Bölzlbauer konnte seinen Aufschlag nicht halten, und so war der erste Satz mit 5:7 verloren. Zu Beginn von Durchgang 2 stemmt sich der November-Without-Top-Ten-Halbfinalist noch erfolgreich gegen den wachsenden Druck seines Gegners, ehe sich im Finish die Klasse von Kunz doch durchsetzte. “Ich bin mit meinem ersten Turnier heuer sehr zufrieden. Ich ärgere mich nur ein wenig über die vergebenen Möglichkeiten gegen Ende des ersten Satzes. Da muss ich eine Chance zum Satzgewinn nützen, vielleicht läuft das Match dann ganz anders”, übte der 24jährige ein wenig Selbstkritik. Immerhin hielt Bölzlbauer aber seinen Privat-Rekord, noch nie seit seiner Tour-Zugehörigkeit in Runde 1 ausgeschieden zu sein. Und als Belohnung für einen starken Hallen-Auftritt ist er ab Mittwoch die Nummer 5 im Champions-Race.

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Russische Konstanz auf dem Vormarsch – Robert Macheev startet mit Viertelfinale

Überraschung Nummer 3: Die ist ohne Zweifel Robert Macheev. Der November-Second-Series-Finalist hielt am ersten Turnier-Wochenende des neuen Jahres die “russische Fahnen” in Abwesenheit von Stanislav Perepelkin und Alexander Komarov hoch, und er tat dies höchst erfolgreich. Zunächst prolongierte Macheev mit einem überraschend klaren Erfolg über Werner Novak seine phantastische Serie an erfolgreichen Auftaktspielen in der Halle. Noch nie ist der sympathische Russe in einer ersten Indoor-Runde ausgerutscht. Der 6:0, 7:6 Erfolg über Novak verblüffte allgemein, der 6:0, 6:4 Triumph über einen überraschend stark spielenden und engagiert kämpfenden Jeffry Dang aus Vietnam bestätigte die Konstanz, die Macheev`s Spiel im Moment auszeichnet. “Ich bin mit meinem Abschneiden echt glücklich. Ich fühle mich derzeit extrem gut und sicher auf dem Platz. Ein Viertelfinale gleich zum Auftakt gibt Selbstvertrauen und Sicherheit für mein Tennis. Ich glaube es könnte eine echt gute Saison werden”, sagte der 26jährige nach seinem “Triple” am Sonntag Abend. Nach den beiden Erfolgen musste sich Macheev nämlich im viertelfinalen “Ost-Derby” dem bulgarischen April-Without-Top-Ten-Sieger Filip Vladkov geschlagen. “Das macht gar nichts, Vladkov spielt hervorragendes Tennis, und ich war im ersten Satz trotzdem dabei”.

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Die Routiniers Ebner und Vladkov “besiegen und loben” die Jungen der Tour

Was tat sich sonst noch abseits der Überraschungen an diesem dritten Spieltag des Saison-Auftakt-Turniers? Hans Ebner steht nach einem Sololauf durch die untere Rasterhälfte und einem Doppelpack am Sonntag Nachmittag im Halbfinale und nur mehr ein Match vor einer neuerlichen Finalteilnahme wie im letzten Jahr. Der 37jährige Korneuburger überließ seinen teils überforderten Kontrahenten Jürgen Thomann und Patrick Meinhart gerade einmal zwei Games. Neben einem großen Lob für seinen Viertelfinal-Gegner Patrick Meinhart prophezeite Ebner dem 16jährigen Junior auch eine große Zukunft. “Wenn Patrick weiter an sich arbeitet wie zuletzt, dann wird er uns schon sehr bald gefährllich werden. Er hat das Zeug, schon heuer an die Top Ten anzuklopfen”, meinte die Nummer 2 des Turniers. Ebenfalls mit einem Doppelschlag am Sonntag Nachmittag krönte April-Without-Top-Ten-Sieger Filip Vladkov sein Hallen-Debüt auf der Tour. Vor dem Viertelfinal-Erfolg über Macheev, hatte der Bulgare mit Nihad Berzengi einen echt aufmüpfigen und speziell im zweiten Satz groß aufspielenden Gegner zu besiegen. 5:3 führte der 16jährige, ließ mit einem verschlagenen Smash sogar die Chance auf einen Satzgewinn aus, ehe Vladkov im Finsih des letzten Achtelfinalspieles seine ganze Routine und Klasse ausspielte. “Nihad hat sich extrem verbessert. Kein Vergleich zum Vorjahr als ich ihn das letzte Mal spielen sah”, lobte Vladkov. “Mit einer Niederlage kann man nie zufrieden sein. Hätte ich im ersten Satz auch so gespielt wie im zweiten Duchgang, dann wäre vielleicht mehr drinnen gewesen und ich wäre zumindest mit der Leistung zufrieden. Ich habe heute leider viel zu viele Überkopfbälle verhaut”, ärgerte sich Berzengi.

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Seemann nach harter Arbeit gegen Foitik siegreich

Ebenfalls im Semifinale, übrigens dem zweiten seiner Karriere steht Thomas Seemann. Dabei verlebte der 30jährige auf seinem Weg in die Vorschlussrunde des Jänner-GP-Turniers einen intensiven Tennis-Nachmittag mit zwei völlig unterschiedlichen Aufgaben. Zunächst stand ein schweißtreibender drei Sätze dauernder Kampf gegen Christoph Foitik auf dem Programm, den Seemann nach einem wahren Auf und Ab am Ende für sich entschied. Eine explosive Startphase mit 4:1 Führung kann “Tom” überraschender Weise nicht zum Satzgewinn nützen. Das bekannte Kraftpaket Foitik, als echte Kampfmaschine unter der Tour-Stars gefürchtet, verwickelte den Hallen-Super-4-Semifinalisten des Vorjahres in einen intensiven Schlagabtausch und holte sich neben dem ersten Satz auch eine zwischenzeitliche 2:1 Führung im zweiten Heat. Doch dann schwanden bei Foitik zunächst die Kräfte und am Ende auch seine Chance auf das Viertelfinale gegen Florian Dinter. Beängstigend schnell verlor der immer müder werdende Foitik die Kontrolle über das Match, musste sieben Games in Folge abgeben und sich schließlich mit 7:6, 2:6, 2:6 bei seinem dritten Jänner-GP-Start wie im Vorjahr im Achtelfinale geschlagen geben. “Leider ist mir im zweiten Satz die Kraft ausgegangen, aber beim Jänner-Without-Top-Ten werde ich voll angreifen”, erklärte Foitik. Für Seemann gab es nach dem anstrengenden und kräfteraubenden Marathon gegen Foitik eine mühelose viertelfinale Kür gegen Florian Dinter. Das 6:1, 6:1 ohne nennenswerte Schwierigkeiten sicherte Seemann sein Halbfinal-Ticket, während Dinter mit bösen Blicken die Halle in Wien-Erdberg verließ. “Ich bin unzufrieden und verärgert. Was hilft mit ein erreichtes Viertelfinale wenn ich dann dort so schlecht spiele”, resümmierte “Flo”, der scheinbar dem Dreisatz-Duell mit Robert Piatek in der Runde davor Tribut zollen musste. Der polnische Routinier hatte seinerseits davor den überraschenden Erfolgslauf von Michael Januska beendet. “Für den Auftakt war es heute nicht schlecht, obwohl ich gegen Januska noch recht unsicher gespielt habe, und gegen Dinter nach dem ersten Satz plötzlich “ein wenig die Sterne” sah. Das war ein Zeichen, und ich habe gleich ein paar Gänge runtergeschlatet. Immerhin war ich lange nicht mehr im Einsatz und habe 4 Kilo zugelegt. Aber es war ein guter Start in die Saison”, freute sich der Pole ehe er sich einen Saunabesuch gönnte. Markus Posteiner wandelte nach seiner Startpleite gegen Michael Januska auf den Spuren seines Onkels Walter, und zerbeulte sein Racket, und Werner Novak kassierte gegen Robert Macheev bereits die 11. Auftaktniederlage in der Halle in Serie.

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Claus Lippert, 15. Jänner 2007