Michael Kunz holt im Kampf um die Masters-Quali weiter auf

Das Rennen um die beiden noch offenen Masters-Startplätze bleibt weiter spannend. Michael Kunz hat nämlich am Dienstag Abend mit einem 7:5, 6:2 Sieg im Semifinale des November-Super-4-Turniers über Thomas Seemann seine Aufholjagd auf Ermin Dzafic & Tashi Liu erfolgreich fortgesetzt. Kunz fehlen vor dem Endspiel gegen den Russen Stanislav Perepelkin im Champions-Race nur noch 48 Punkte auf den zur Masters-Quali notwendigen achten Platz. Der Semifinalbericht von C.L

Kunz & Seemann liefern sich sensationellen Schlagabtausch

Natürlich stand die Entscheidung um die Masters-Quali vor dem Semifinale im Mittelpunkt, selbstverständlich wurde darüber auch nach dem Spiel heftig diskutiert, doch das allgegenwertige Thema auf der Tour rückte am Dienstag Abend für gut eineinhalb Stunden total in den Hintergrund. Möglich machten das die beiden Halbfinal-Protagonisten Michael Kunz und Thomas Seemann, die sich in einem “sensationellen Schlagabtausch” um den zweiten Finalplatz neben Stanislav Perepelkin duellierten. Schon im Vorfeld erwarteten Tour-Insider ein großes Match. “Der Seemann ist sehr stark, ich denke er hat eine gute Chance zu gewinnen”, meinte auch Oktober-Without-Top-Ten-Finalist Robin Douglas Stunden vor dem Spiel.

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Erster Satz bringt bestes Hallentennis seit langer Zeit

Doch wie oft schon wurden in der Vergangenheit aus zu erwartenden Schlagerspielen mäßige Durchschnittspartien. Nicht so aber an diesem Abend, wo die Zuseher, unter ihnen Oktober-GP-Sieger Bernhard Nagl Zeugen eines unglaublichen Matches wurden. Der Halbfinal-Hit zwischen Kunz und Seemann entwickelte sich vom ersten Ballwechsel an zu einem richtigen Hallen-Duell. Beide Akteure höchst aufschlagstark, servierten sie sich souverän ans Ende des ersten Satzes, der nach hochklassigen 44 Minuten im Finish auch noch super-spannend wurde. Davor hatten beide Spieler die ganz wenigen Chancen die sie bei Aufschlag des Gegners erhielten, leichtfertig vergeben. Kunz ließ bei 3:2 Führung seine vier Breakbälle zum 4:2 aus, Seemann vergeigte bei 5:5 seine beiden Break-Möglichkeiten. Den logischen Tie-Break verhindert dann aber ein kurzer Augenblick der Nachlässigkeit bei Thomas Seemann, der bei 5:6 sein Service und damit den Satz abgeben musste. Ein erster Satz, der bei den Zusehern keine Wünsche offen ließ, der die selbigen zu Szenenapplaus veranlasste, und der Hallentennis vom Feinsten zu bieten hatte. Kaum einmal ein leichter Fehler, beinahe jeder Ballwechsel wurde mit einem spektakulären Punkt abgeschlossen. Kunz beeindruckte mit gewohnter Aufschlagstärke und seiner mörderischen Slice-Rückhand, Seemann brillierte mit einer phantastischen stets voll durchgezogenen Rückhand und einem gewaltigen Vorhand-Return. Ihre Paradeschläge bei vollem Tempo und höchst konstant eingesetzt, entwickelte sich vor einem staunenden und begeisterten Publikum ein grandioser Tennisabend. Das von Kunz & Seemann gleichzeitig entfachte Feuerwerk an brillanten Schlägen war für die Zuseher noch beeindruckender durch die Tatsache, dass die beiden “Könner” ihr bestes Tennis speziell bei den wichtigen, den sogennanten “big points” zeigten.

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Break zum 4:2 bringt die Entscheidung zu Gunsten von Kunz

Das Szenario in diesem zweiten Semifinale des November-Super-4-Turniers änderte sich auch zu Beginn von Durchgang zwei nicht, geschweige denn das sensationelle Niveau. Mit einem Höllentempo überquerten die kleinen gelben Filzkugeln das Netz am Centerocurt, einmal von Michael Kunz per Aufschlag abgefeuert, dann wiederum von Seemann mittels Rückhand-Passierball geschlagen. Das waren in der komplett dargebotenen Palette ihres Tennis-Repertoires die Parade-Schläge der beiden Topspieler, die sich ohne eine Blöße bei eigenem Aufschlag zu geben, vorerst zu einem 3:2 für Kunz kämpften. Das sechste Game im zweiten Heat sollte dann die Entscheidung in dieser Vorschluss-Runden-Partie bringen. Nachdem Seemann mit einer knapp ins Out fliegenden Vorhand bei 2:2 eine Breakchance ausläßt, rückt er in seinem nachfolgenden Aufschlagspiel bei 15:30 ans Netz auf, versenkt aber einen “leichten” Smash in den Maschen. 15:40 bedeutet die ersten Breakchancen für Kunz im zweiten Satz, und der September-Without-Top-Ten-Champ kann die zweite Möglichkeit zur 4:2 Führung verwerten. Zwar mit Mühe aber doch, bestätigt Kunz das Break, ehe er bei 5:2 mit einem zweiten Break das “Super-Match” beendet.

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Publikum zeigt sich begeistert

Ein Match, das gigantisches Tennis zu bieten hatte, ein Match der Superlative, das zwei zukünftige Topstars der Tour abgeliefert haben, und ein Match, das bei den vielen Beobachtern für Anerkennung und Hochachtung sorgte. “Das war mit Sicherheit das vorweggenommene Finale”, bemerkte Seemann-Freund Raimund Aigner. “Ein tolles Spiel, ich bezweifle, ob wir beim Masters ähnliche gute Spiele sehen werden”, ergänzte Masters-Sieger Bernhard Nagl. Und auch der Veranstalter zollte den beiden Akteuren seinen Respekt. “Das war ein Wahnsinns-Match auf unglaublichem Niveau und das noch dazu konstant über die gesamte Spieleit”.

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Michael Kunz von eigener Konstanz beeindruckt

Noch im Bann ihrer phänomenalen Darbietung, äußerten sich auch Kunz und Seemann zum Wahnsinns-Duell um einen Finalplatz beim Hallen-Super-4-Turnier. “Super, das war ein tolles Match. Ich habe irrsinnig konstant gespielt, meinen Aufschlag über die ganze Partie gehalten. Das war sehr wichtig und am Ende entscheidend. Bei 2:2 hatte ich auch ein wenig Glück, da hat Seemann mit einer knapp verschlagenen Vorhand eine 3:2 Führung verpasst. Thomas hat hervorragend gespielt, ich musste voll konzentriert sein. Jetzt traue ich mir den Turniersieg zu, und dann sieht es in Sachen Masters nicht schlecht aus. Ich spekuliere aber nach wie vor eher mit Platz 9. Es kann ja immer ein Spieler ausfallen, und dann könnte dieser Platz auch reichen”, meinte der 35jährige Niederösterreicher.

“Diese Match hat mir trotz Niederlage enormen Spass gemacht”

“Obwohl ich verloren habe, hat dieses Match großen Spass gemacht. Es wurde die erwartet schwierige Partie. Mir war schon im Vorfeld klar, dass ich gegen Kunz volles Risiko gehen muss. Das habe ich getan, und zum Glück ist das meiste in meinem Spiel heute voll aufgegangen. Ein kleiner Nachteil war vielleicht auch, dass Kunz das gesamte Match über vorne weg serviert hat. Bewusst hat mich das während des Spieles nicht gestört, aber im Unterbewusstsein war es sicher nicht einfach, ständig einem Rückstand nachzulaufen. Es war trotzdem sehr knapp, allerdings bin ich nur zu wenigen Breakchancen gekommen, und leider konnte ich keine davon nützen. Das war wie verhext. Man durfte sich keine Fehler und keine Aussetzer erlauben, so eng war das Match. Wir haben auf sehr hohem Niveau gespielt, am Ende sind mir dann allerdings einige dumme Fehler passiert. Das hatte aber nichts damit zu tun, dass die Luft nach dem Break bei mir raus war. Auch konditionell hatte ich überraschender Weise keine Probleme, obwohl ich gestern ein Eishockey-Match gespielt habe. Ich hoffe Kunz enttäuscht mich jetzt nicht, und er gewinnt auch das Finale. Ich wünsche ihm alles Gute, ich denke er gehört von seiner Spielstärke zum Masters. Ich persönlich spiele nicht um Punkte, eher um Spass zu haben, aber ein Turnier möchte ich schon demnächst gewinnen”, erklärte Seemann, der gemeinsam mit seinem Bezwinger, sowie mit Masterssieger Bernhard Nagl und dem Veranstalter bis weit nach Mitternacht die abgelieferte Halbfinal-Gala feierte.

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Claus Lippert, 8. November 2006