Die Oktober-GP-Favoriten haben ins Geschehen eingegriffen

Am zweiten Spieltag des Oktober-GP haben erstmals auch zwei Topfavoriten auf den Titelgewinn ins Turniergeschehen eingegriffen. Bernhard Nagl und Michael Kunz haben dabei ihre Auftaktspiele erfolgreich absolviert und sich ohne Satzverlust für das Achtelfinale qualifiziert. Was sich sonst noch an diesem Freitag Abend getan hat, kannst Du im nachfolgenden Bericht von C.L nachlesen.

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Komarov gewinnt “russisches Duell” gegen Macheev

Begonnen hatte der zweite Oktober-GP-Spieltag aber mit dem rein russischen Duell zwischen Alexander Komarov und Robert Macheev. Ein Match, das die oft kuriose aber doch so interessante Bandbreite dieses Sports wiederspiegelte. Nach 15 Minuten führte Macheev 2:1, deutete in einer von langen, engen und spannenden Ballwechseln geprägten Anfangs-Viertelstunde alles auf einen weiteren Marathon-Auftritt der Hobby-Tennis-Tour-Stars hin. 35 Minuten später war die ganze Partie vorbei, und Macheev ohne weiteren Spielgewinn in ein 2:6, 0:6 Debakel geschlittert. Der russische Aufschlagriese Komarov war nach 50 Minuten bei seinem Hallen-Debüt auf der Tour im Achtelfinale und mit seiner Leistung höchst zufrieden. “Es war ein gutes Match von mir. Robert hat leider zu nervös gespielt, nie den richtigen Zeitpunkt zur Attacke gefunden”, meinte der Sieger. Die Enttäuschung über das Aus in der zweiten Runde hielt sich bei Macheev nach seinen Auftaktsieg vom Donnerstag und der großen Erwartungshaltung vor dem innerrussischen Duell trotz Debakel in Grenzen. “Ich habe mir im Vorfeld schon gute Chancen ausgerechnet, weil ich mich in der Halle viel wohler fühle als auf Sand, und weil ich doch glaubte, gegen Komarov gewinnen zu können. Dann lief es in den ersten Games auch ganz gut, danach habe ich ein wenig hektisch gespielt. Mir hat die innere Ruhe gefehlt, weil ich später noch einen Termin wahrnehmen musste. Dann ist bei mir nichts mehr gegangen”, analysierte Macheev.

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Perepelkin steht nach neuerlichem Sieg über Svatek als erster Viertelfinalist fest

Der Erstrundensieg Komarovs war aber nicht der einzige russische Erfolg an diesem Abend. Wie schon zuletzt beim Oktober-Without-Top-Ten-Turnier sorgten die Hobby-Tennis-Stars aus der Tennis-Großmacht Russland auch beim ersten Hallen-Event der Saison für Furore. Im Blickpunkt dabei vor allem Oktober-Without-Top-Ten-Finalist Stanislav Perepelkin. Der 23jährige aus Moskau stammende Tour-Newcomer steht nach einem 6:7, 6:3, 7:5 Erfolg über Vorjahresfinalist Philipp Svatek als erster Spieler im Viertelfinale der 15. Auflage des Oktober-GP. Damit gewann der Russe auch das zweite direkte Duell mit Svatek innerhalb von 14 Tagen, und neuerlich behielt er in drei knappen Sätzen die Oberhand. Nach zweidreiviertel Stunden schlichen die beiden “Spätschichtler” abgekämpft und gezeichnet von einer regelrechten Grundlinienschlacht vom Platz. Perepelkin zog mit seiner ruhigen, besonnenen Art und seiner extrem sicheren Spielweise seinem ungeduldigen Gegenüber wieder einmal den Nerv. Dabei hatte man vor dem zweiten Svatek-Auftritt beim Oktober-GP so große Erwartungshaltungen in den Vorjahresfinalisten gesetzt. Und das nicht zu Unrecht, präsentierte sich der 25jährige in seinem Auftaktmatch gegen Florian Dinter nicht nur von seiner besseren, sondern sogar von seiner allerbesten Seite. Wie er einen keineswegs schwachen Florian Dinter mit 6:1 und 6:2 abfertigte, wie er ihn dabei mit extrem druckvollem Hallentennis von der Grundlinie über den Platz jagte, waren in der Tat höchst beeindruckend. Lohn war dabei vorerst der 35. Einzelsieg seiner Karriere und ein großes Lob der Zuschauer. Veranstalter Claus Lippert hatte schon die Lobeshymnen für die unglaubliche Wandlung des Philipp S. von Sand im Freien auf Teppich in der Halle im Kopf, als Svatek im ersten Achtelfinalspiel des Turniers sein zweites Gesicht zeigte. Der Juli-Without-Top-Ten-Sieger von 2005 präsentierte sich einfach nicht flexibel genug, sein Spiel auf die geänderten Verhältnisse, sprich auf das Tennis von Perepelkin umzustellen. So kam einmal mehr klar zu Tage, wie und wann Svatek Probleme am Tennisplatz bekommt. Das ausgerechnet im 60. Match seiner Tour-Karriere mit einer Niederlage wahrscheinlich auch die erstmalige Masters-Quali den Bach runter ging, störte den 25jährigen nach dem Marathon-Match weniger als die Art und Weise wie er auch das zweite Duell mit Perepelkin verloren hatte. “Ein Wahnsinn”, seufzte Philipp. “Mir dauert das alles viel zu lange in seinem Spiel. Schade, denn gegen den Flo (Anm.: Florian Dinter) habe ich ein Supermatch gemacht. Sichtlich erleichtert ob des knappen Sieges, allerdings auch so richtig erfreut zeigte sich der russische Sieger im ersten Interview. “Ich habe mich heute echt gesteigert. Gestern gegen Leiner habe ich mich noch nicht wohl gefühlt, haben wir beide schlecht gespielt. Heute war mir vor dem Match klar, dass es gegen Svatek viel schwerer werden würde als vor zwei Wochen im Semifinale des Oktober-Without-Top-Ten-Turniers auf Sand. Aber ich habe mich wie gesagt gesteigert und gut gespielt. Dieser Sieg macht mir große Freude”, strahlte Perepelkin, der nun im Viertelfinale auf den Gewinner der Achtelfinalpartie Ainberger gegen Eberhard trifft.

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Helmut Gruna fightet Daniel Zecevic in drei Sätzen nieder

Der zweite Spieltag hatte noch einen zweiten Erstrunden-Marathon zu bieten. Helmut Gruna kämpfte in einer ausgeglichenen Partie Daniel Zecevic mit 6:7, 6:4 und 6:4 nieder. Ein offener Schlagabtausch im ersten Satz endete erwartungsgemäß im Tie-Break, den Zecevic mit 7:3 gewann. Doch Gruna kämpfte sich mustergültig zurück ins Spiel, und fand speziell in den entscheidenen Phasen der Sätze 2 und 3 in seinem wuchtigen ersten Aufschlag das richtige Rezept, um dem pfeilschnellen und topfit wirkenden Zecevic mit Erfolg beikommen zu können. “Ich bin heute einerseits über das positive Ergebnis froh und mit meinem Service sehr zufrieden. Ich denke einmal das 70 bis 75 % meiner ersten Aufschläge gekommen sind” resümierte Gruna. “Sonst war es aber kein großes Match, eher Not gegen Elend, und Elend hat halt gewonnen. Es war auch verdammt schwer gegen Daniel zu spielen. Er ist so schnell auf den Beinen, man muss gegen ihn mehr Risiko nehmen”. Das frühe Aus bei seinem Hallen-Debüt begründete Zecevic mit unnötigen leichten Fehlern, vor allem gegen Ende des dritten Satzes wo es darauf angekommen wäre, die Punkte sicher nach Hause zu spielen.

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Michael Kunz deklassiert Markus Altsinger und wird seiner Favoritenrolle gerecht

Tag 2 beim Oktober-GP war aber wie schon erwähnt auch der Tag der Turnierfavoriten, die sich am Abend ihren Auftaktgegnern zu stellen hatten. Und die waren keine “kleinen Kaliber”, musste Michael Kunz doch beispielsweise gegen Markus Altsinger ran, und Bernhard Nagl sich mit dem großen Unbekannten des Turniers Matthias Fink messen. Vorweg, beide Favoriten sind weiter, letztlich sogar souverän in zwei Sätzen. Er ist zwar “nur” die Nummer 20 im Computer der Hobby-Tennis-Tour, “nur” zweifacher Without-Top-Ten-Sieger, und nur die Nummer 12 des Turniers, doch in Spielerkreisen gilt der frischgebackene Doppel-Masterssieger Michael Kunz als ganz heißer Tipp für die anstehende Hallensaison. Kaum einer der Top-Ten-Stars der ihn nicht auf der Rechnung hat, und seit gestern Abend weiß auch einer dieser Top-Ten-Stars warum das so ist. Markus Altsinger ist bei seinem zweiten Oktober-GP-Antreten wie schon vor zwei Jahren in der ersten Runde ausgeschieden, diesmal mit 0:6 und 1:6 aber auch noch unter die Räder gekommen. Schon bei seinem ersten Auftritt in der Halle bestätigte Kunz die ihm zuerkannte Favoritenrolle. Denn der 35jährige hat am Freitag Abend nicht nur hoch gewonnen, er hat sich souveränst und ohne großartige Kraftanstrengung für das Achtelfinale qualifiziert, und das nicht gegen irgendwen! Immerhin ist Markus Altsinger, “Beinahe-Fixstarter beim Masters”, die aktuelle Nr. 5 im Hobby-Tennis-Tour-Ranking und als Semifinalist des Jänner-Grand-Slam-Turniers auch kein “Nasenbohrer unter den Hallenspielern der Tour”. Aber so chancenlos und vorallem ratlos wie an diesem gestrigen Abend hat man den 19jährigen Ottakringer noch nie gesehen. Nach knapp 40 Minuten saß Kunz schon im Restaurant, beschäftigte sich Altsinger noch einmal rückblickend mit den wohl bittersten 40 Minuten seiner Hobby-Tennis-Tour-Karriere. “Ich komme mit dem Spiel von ihm überhaupt nicht zu Recht. Dieses Slicespiel ist ein Wahnsinn, Tempo und Ballwechsel kommen nicht zu Stande. Ich habe am Mittwoch und Donnerstag noch trainiert, da hat alles ganz anders ausgesehen. Ich glaube auch nicht, dass ich eine schlechte Form habe, wenngleich mir natürlich in den letzten Wochen aufgrund meiner Zeit beim Bundesheer ein wenig Training und Matches abgehen. Aber bis zum Masters ist ja noch ein wenig Zeit, bin ich mit Sicherheit topfit”, erklärte der 19jährige. “Das erste Hallenspiel ist gut gelaufen”, kommentierte Kunz seinen Gala-Sprint ins Achtelfinale. “Mein Aufschlag hat wie schon in den letzten Wochen perfekt funktioniert, und auch die Grundschläge waren in Ordnung. Allerdings muss man schon auch sagen, dass Altsinger sehr schlecht gespielt, und viele unerzwungene Fehler gemacht hat. Wenn er in Topform spielt, dann schaut das ganze sicher viel knapper aus”, meinte Kunz.

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Kunz gegen Dzafic – Das direkte Duell um den achten Masters-Startplatz spitzt sich zu

Und der zweifache Without-Top-Ten-Sieger der Saison scheint zudem auch der einzige ernsthaft verbleibende Gegner von Ermin Dzafic im Kampf um den achten Masters-Startplatz zu sein. Nachdem am Donnerstag Alex Udovc und Nihad Berzengi weiter Terrain gegen Dzafic verloren haben, und sich Philipp Svatek mit seiner Achtelfinalniederlage gegen Stanislav Perepelkin wohl auch vom Masters 2006 verabschiedet hat, bleibt Kunz als erster Herausforderer übrig. Und der 35jährige Niederösterreicher könnte noch zu einem echten Prüfstein für Ermin Dzafic in den nächsten Wochen werden. Schon davor kommt es aber am Sonntag zum direkten Duell der beiden Masters-Aspiranten. Und dieses Match hat absoluten “Endspiel-Charakter” für beide Akteure. Für Kunz das Spiel der letzten Chance, für Dzafic die ganz ganz große Möglichkeit schon vorzeitig alles klar zu machen und sich dem Stress der Masters-Quali zu entziehen. Die Ausgangslage ist klar. Gewinnt Dzafic den Achtelfinal-Hit, dann ist er praktisch durch, müsste Kunz die beiden ausstehenden Turniere (November-Super-4 und November-GP) schon gewinnen, wobei Dzafic dann selbst kein einziges Match für sich entscheiden dürfte. Holt Kunz den morgigen Schlager, dann würde er die Spannung für die kommenden Tage und die folgenden Wochenende extrem steigern, und im Falle eines Turniersieges hier, seinen Punkterückstand bis auf 70 Zähler verkürzen. Was dann bei einem möglichen Super-4-Titel eine Woche später beim November-GP los wäre, kann man erahnen. Kunz selbst macht seine weiteren Hallenstarts im November auch vom Abschneiden an diesem Wochenende abhängig. “Wenn ich die Chance auf das Masters noch habe nach diesem Turnier, dann werde ich voll angreifen. Aber ich rechne eigentlich jetzt nicht unbedingt damit, mich noch qualifizieren zu können. Da müsste ich schon die beiden nächsten Turniere gewinnen, und davon kann man nicht ausgehen, wenngleich es schon möglich ist. Natürlich würde ich gerne beim Masters dabei sein, immerhin habe ich ja zuletzt gute Erfahrungen mit diesem Turniermodus gemacht”, scherzte der Doppel-Masters-Sieger. “Es wird aber schwer, mir fehlen einfach ein oder zwei Grand-Slam-Resultate. Ich habe heuer kein Grand-Slam-Turnier gespielt. Wenn ich es nicht schaffen sollte, dann weiß ich wenigstens warum es sich nicht ausgegangen ist”, sieht Kunz das Thema Masters realistisch.

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Masterssieger Bernhard Nagl ist in der Halle seit 11 Spielen ungeschlagen

Fix beim Masters dabei und auch fix im Achtelfinale des Oktober-GP-Turniers ist hingegen Bernhard Nagl. Der Hallen-Grand-Slam-Sieger feierte am Freitag Abend in Runde 1 gegen Tourneuling Matthias Fink einen Sieg der ganz besonderen Art. “Bernie” jubelte im 85. Match seiner Tour-Karriere über den 75. Einzelsieg seiner Laufbahn, und ist nach dem 6:3, 6:4 gegen einen äußerst starken Matthias Fink bereits seit 11 Hallenspielen unbesiegt. Der Indoor-Wechsel scheint dem Mödlinger Masterssieger gut getan zu haben, genauso wie der Racketwechsel von Wilson auf Head. Zuletzt bekam das Nagl-Image im Freien doch einige Kratzer und Schrammen ab. Der “finale Umfaller” gegen Christoph Wagner im August-GP-Endspiel, die anschließende “US-Open-Absage”, die bei den Mitspielern für Verstimmung sorgte, das Bild vom “Tour-Helden”, der die großen Events nach Belieben gewinnt, verschwamm zuletzt zusehends. Am Freitag Abend hat der 28jährige mit einer starken Vorstellung aber wieder eine erfolgreiche Image-Korrektur zu seinen Gunsten betrieben. Denn auf der anderen Seite des Netzes stand mit Tour-Debütant Matthias Fink ein Mann, der gleich in seinem ersten Match auf der Tour sein großes Können zeigte. Unbekümmert und ohne Angst vor dem “großen Namen”, stellte sich Fink seiner ersten Herausforderung auf der Tour, und er tat dies mit Bravour. Mit dem 3:6, 4:6 konnte der Mann, der auch beruflich als Verkäufer mit Tennis zu tun hat, sehr gut leben. Und Fink richtete gleich auch noch eine Kampfansage an die Topspieler der Tour. “Das war heute nur der Anfang. In zwei bis drei Wochen bin ich voll da, und dann können wir Games zählen”. Mit dem Match selbst war der Neuling auch nicht unzufrieden. “Es hat großen Spass gemacht. Mit Nagl sind viele schöne Ballwechsel zu Stande gekommen, und auch das Tempo war ok. Leider waren meine Beine im Finish ein wenig schwer, aber im Großen und Ganzen war es schon in Ordnung”. Ähnlich auch die Meinung von Bernhard Nagl, der seinen Jubiläumssieg bei einem Bierchen feierte und auch vor Matthias Fink warnte. “Da kommt wieder ein ganz starker Spieler hinzu. Da werden sich noch einige Herren in der nächsten Zeit wundern. Ich bin froh das erste Spiel in der neuen Hallensaison gewonnen zu haben. Es ist immer schwer, wenn man als Erster auf neue Spieler kommt, weil man nicht weiß was einen erwartet. Jetzt möchte ich in diesem Turnier noch ein wenig weiter kommen, wengleich der Raster beim Oktober-GP speziell in der oberen Hälfte extrem schwierig ist”.

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Claus Lippert, 28. Oktober 2006