Sieg zum Geburtstag

Patrick Meinhart feiert einen Tag nach seinem 16. Geburtstag seinen 1. Karriere-Titel

Einen Tag nach seinem 16. Geburtstag hat sich Patrick Meinhart am Mittwoch Nachmittag sein schönstes Geschenk selbst gemacht. Der Nachwuchsspieler des TC Schmelz feierte mit einem 6:2, 6:3 Finalerfolg über Günther Glatzl den ersten Titel seiner Karriere und gewann ohne Satzverlust das September-Second-Series-Turnier. Ein Bericht von C.L

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Zweites Second-Series-Endspiel mit zwei Final-Debütanten bleibt farblos

Es war ein farbloses, ohne Höhepunkte dahinplätscherndes exakt 64 Minuten dauerndes zweites Endspiel der neuen Second-Series-Turnierreihe, eines dem die großen, die spektakulären Ballwechsel fehlten und das von großer Nervosität geprägt war. Kein Wunder, standen sich im 20. Endspiel der laufenden Saison doch zwei Finaldebütanten gegenüber. Zwei Spieler, die bislang noch nie in ihrer Laufbahn über ein Viertelfinale hinausgekommen sind, matchten sich plötzlich um einen Hobby-Tennis-Tour-Titel. Die auf beiden Seiten herrschende Nervosität war daher nur all zu gut verständlich. Und so fällt die Nachbetrachtung auf das September-Second-Series trotz fehlender Knalleffekte auch nicht ganz so negativ aus.

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Glatzl verliert ersten Satz ohne ein Aufschlagspiel gewonnen zu haben

Besonders schlimm äußerste sich die Nervosität der beiden Finalprotagonisten in den ersten vier Games dieses Endspiels. Meinhart eröffnete die Partie mit einer zittrigen Hand und vier unerzwungenen Fehlern. Kaum besser das erste Aufschlagspiel seines Kontrahenten, in dem Glatzl gleich drei Doppelfehler in die Maschen des Centercourt-Netzes setzte. Erst nach gut 20 Minuten beim Stand von 2:2 und jeweils 2 Breaks, nahm die bis in die Zuseherränge spürbare Anfangsnervosität ab. Vor allem Meinhart stabilisierte sein Tennis, brachte als erster Spieler sein Service durch und ging mit 3:2 in Führung. Der Glatzl-Konter blieb allerdings aus, spielte der 37jährige doch in dieser Phase das Horror-Game des Finales. Vier Doppelfehler in Serie, bescherten Meinhart ohne einen Ball geschlagen zu haben die vorentscheidende 4:2 Führung. Zwar mit Mühe und erst nach Abwehr von zwei Breakbällen erhöhte der 16jährige auf 5:2, ehe im längsten und letzten Game endlich so etwas wie Spielfluß und Spielkultur in das September-Second-Series-Finale Einzug hielt. Da gab es erstmals herrliche Ballwechsel zu sehen, lieferten sich die beiden Akteure intensive Rallyes von der Grundlinie und wehrte sich Glatzl ganz vehement gegen den Verlust des ersten Satzes. Gleich drei Satzbälle konnte Günther abwehren, den ersten mit einem Service-Winner, den zweiten mit einem risikoreichen Stopp und den dritten mit einem wuchtigen Smash. Mit einem seiner insgesamt 35 unerzwungenen Fehler beendete der 37jährige dann den ersten Durchgang aber selbst, und das ohne ein einziges durchgebrachtes Aufschlagspiel.

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Aufschlag wird zum “finalen Sargnagel” des Günther Glatzl

Wie überhaupt der Aufschlag zum “finalen Sargnagel” des Günther Glatzl wurde. Das Service in den Vorrunden noch der große Trumpf des 37jährigen wurde ausgerechnet im Endspiel zur großen Enttäuschung. Wenn man einen ganzen Satz lang kein Aufschlagspiel ins Trockene bringt, insgesamt nur 2 Servicegames gewinnt und dabei unglaubliche 15 Doppelfehler produziert, dann kann man am Ende nicht als Sieger vom Platz gehen. Dennoch kam zu Beginn des zweiten Satzes kurzfristig etwas Hoffnung im Glatzl-Lager auf. Mit einem raschen Break und einem konsolidierten Aufschlag holte Günther eine zwischenzeitliche 3:1 Führung heraus. Das war es dann aber auch schon mit der “Glatzl-Herrlichkeit”. Fortan hatte der Oldie dem Junior nichts mehr entgegen zusetzen. Weder in Punkto Aufschlag, noch im spielerischen Bereich und schon gleich gar nicht in Sachen Kraft. Während Meinhart längst die Sicherheit in seinem Tennis gefunden hatte, und im Finish plötzlich das Tempo in seinen Grundschlägen verschärfte, fiel Glatzl auch konditionell ab. Meinhart gab bei drei Aufschlagspielen nur einen einzigen Punkt ab, während die Glatzl`schen Service-Games eher was von Lotto hatten. Doppelfehler, Service-Winner, Doppelfehler, Ass, die unkonstanten Versuche des 37jährigen den Ball effektiv und zielgerecht ins Spiel zu bringen, scheiterten immer öfter am Netzband. Nach 64 Minuten war es dann so weit. Zunächst läßt Patrick noch zwei Matchbälle aus, doch den dritten verwandelte das 16jährige Geburtstagskind mit einem unerreichbaren Rückhandpassierball zum Titelgewinn.

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Meinhart wird mit 20. Sieg im 40, Match seiner Laufbahn der 57. Turniersieger der Tour-Geschichte

Die Uhr zeigte exakt 18.58 Uhr, die Sonne war längst hinter den Hochhäusern der Hauffgasse verschwunden, als der sympathische Jungstar zum Shakehands ans Netz lief. Jubelposen und ähnliches blieben beim ruhigen, introvertierten Jugendspieler erwartungsgemäß aus, stattdessen folgte ein 15minütiges lockeres Ausspielen mit Richard Kerschenbauer. Das schien der 57. Turniersieger der Hobby-Tennis-Tour sichtlich zu genießen. Ohne Satzverlust September-Second-Series-Sieger, 35 Punkte für das Champions-Race und einen schönen Pokal erobert, und das alles einen Tag nach seinem 16. Geburtstag mit dem 20. Einzelsieg im 40. Match seiner Karriere. Mister 50 % konnte rundum glücklich sein, und diesen Eindruck bestätigte auch das erste Interview mit dem neuen Champion.

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“Ich habe doch einiges an Druck verspürt”

“Ich freue mich total über meinen ersten Turniersieg. Ein wenig traurig bin ich nur über das heutige Finale, das weder spannend noch gut war. Auch meine eigene Leistung war heute nicht berauschend. Taktisch habe ich aber sehr klug gespielt. Ich musste nicht sehr viel für das Spiel tun, weil Günther unglaublich viele Fehler gemacht hat. Am Beginn der Partie war ich sehr nervös, das hat sich erst nach dem 2:2 gebessert. Ich habe doch einiges an Druck verspürt und weiß jetzt wovon die anderen immer sprechen. Ein Finale ist doch ein ganz anderes Spiel. Schon vor dem Turnier war der Druck recht groß. Da habe ich mir den Raster angesehen und plötzlich gemerkt, hoppla das Turnier kannst du ja sogar gewinnen. Eigentlich musste ich es sogar gewinnen. Gegen Alex Szele und Jakob Kerschenbauer hatte ich keine Probleme, aber vor dem Viertelfinale gegen Peter Golzar sind mir erstmals Bedenken gekommen. Immerhin hatte er Nihad Berzengi geschlagen. Im Halbfinale habe ich Vladimir Popovski schwer unterschätzt, weil er einmal gegen den Thomas Windisch verloren hat. Aber Vladimir spielt jetzt scheinbar viel besser Tennis als damals. Und dann das heutige Finale eben. Vor der Saison hätte ich nie gedacht, heuer ein Turnier gewinnen zu können. Und jetzt das, die Saison ist absolut toll und jetzt schon gerettet. Im Champions-Race wollte ich über 100 Punkte am Jahresende haben, das ist mir mit diesem Erfolg bereits gelungen. Im Entry-Ranking will ich noch die 1000 Punkte-Marke knacken. Dann wäre ich total happy”, erklärte der Sieger.

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“Ich bin wirklich total enttäuscht”

Schwer geknickt zeigte sich hingegen Günther Glatzl unmittelbar nach Spielende. “Ich bin wirklich total enttäuscht. Mein Aufschlag hat heute leider überhaupt nicht nach Wunsch funktioniert. Das war der entscheidende Faktor. Wenn mein Service so geklappt hätte wie in den Runden davor, dann hätte ich eine echte Siegchance gehabt. Da sind sicherlich 70 Prozent meiner ersten Aufschläge gekommen. Warum das heute nicht so war kann ich nicht sagen. Ich weiß es nicht, keine Ahnung. Einmal geht es gut, dann wieder nicht. Und heute war eben so ein schlechter Tag. Das ist echt ärgerlich. Nervös war ich überhaupt nicht, aber extrem müde”, analysierte der 37jährige.

Claus Lippert, 20. September 2006