Juli-Without-Top-Ten als stimmungsloses Geisterturnier

Die große Hitze scheint vorbei! Pünktlich mit dem Einbruch der Dunkelheit am zweiten Spieltag des 9. Juli-Without-Top-Ten-Turniers setzte der lang herbeigesehnte Regen ein und sorgte für die dringlich benötigte Feuchtigkeit auf den Tenniscourts in der Leberstraße. Was das 15. Saisonturnier jetzt noch braucht ist Stimmung, verkam der Bewerb ohne die Top-Ten-Stars am Samstag doch zum stimmungslosen “Geister-Turnier”. Ein Bericht von C.L

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Hochsommer-Fadesse am zweiten Spieltag

Kaum Zuschauer, ein halbleerer Centercourt, phasenweise nur zwei besetzte Tennisplätze, der zweite Spieltag beim Juli-Without-Top-Ten-Turnier 2006 verkam zu einer in dieser Dimension noch nie gesehenen Fadesse. Lag es an der Urlaubszeit, am relativ kleinen Turnierraster oder am unbeständig angekündigten Wetter, dass sich eine trostlose Stimmung über die Veranstaltung legte wie ein dunkler Schleier. Heftiger Wind entpuppte sich zwar phasenweise als Spielverderber, der Grund für das hochsommerliche Desaster an diesem zweiten Spieltag wird er aber kaum gewesen sein. Dabei stand eigentlich so manch interessantes Match auf dem Programm.

Kramer träumt nach Achtelfinalsieg über Krammer vom 1. Titelgewinn

Wie zum Beispiel das Duell der Kram(m)ers im Achtelfinale. Christoph gegen Johann, jung gegen alt, oder Power gegen Routine. Das erste Treffen der Namens-Vetter auf der Tour endete mit einem 6:4, 6:2 Sieg des Juniors, der bei seinem 4. Antreten zum 2x das Viertelfinale erreichte. Der 23jährige startete allerdings recht holprig in sein 140. Karriere-Einzel, musste in Satz 1 einen 2:4 Rückstand aufholen und die gesamte Palette seines Könnens aufbieten, um den ausgefuchst und mit vollstem Einsatz dagegen haltenden Oldie in die Schranken weisen zu können. “Es war ein hartes Stück Arbeit, aber ich bin froh, das Viertelfinale erreicht zu haben”, meinte der Sieger. Noch glücklicher machte Kramer aber die Tatsache, das abendliche Achtelfinale beschwerdefrei beendet zu haben. “Die Schmerzen die ich noch vor ein paar Wochen im Schlagarm verspürt habe sind plötzlich wie weg gewesen”, strahlte Christoph. Während der Juni-GP-Finalist mit einem Bier auf seinen Erfolg anstieß, und erstmals auch öffentlich von seinem ersten Karriere-Titel träumte, bringt dem ältesten Spieler im Feld das Juli-Without-Top-Ten-Turnier weiter kein Glück. Der 59jährige musste sich wie im Vorjahr nach seinem ersten Match aus dem Bewerb verabschieden. “Schade, aber im zweiten Satz war nicht mehr drinnen. Ich hätte vielleicht den ersten Satz gewinnen müssen”, trauerte der Champions-Race-Neunte der vergebenen Chance auf einen Platz im Viertelfinale und auf einen damit verbundenen kräftigen Punktezuwachs im Champions-Race nach.

Tanja Prenner eilt bei Tour-Debüt ohne Satzverlust ins Achtelfinale

Hans Krammer kann sich damit am Sonntag auf den Doppel-Bewerb konzentrieren, während Christoph Kramer den drittletzten Schritt auf dem Weg zu seinem erhofften ersten Turniersieg gegen eine junge Dame setzen muss. Christoph bekommt es mit der abermals groß aufspielenden Tour-Debütantin Tanja Prenner zu tun. Die Steirerin rauscht weiter im Eilzugstempo und ohne Satzverlust durch die untere Tableau-Hälfte des Juli-Without-Top-Ten-Turniers. Im Achtelfinale zeigte sich die 21jährige neuerlich von ihrer besten Seite. Mit Konstanz und Übersicht, eigentlich die Stärken ihres Gegners, warf sie Hannes Gellner mit 6:1 und 6:2 aus dem Bewerb. “Es ist heute schon wieder ein Stück besser gegangen als im ersten Spiel. Schön langsam stelle ich mich auf den Sandplatz ein”, zog Tanja ein positives Resümee nach zwei Tagen Hobby-Tennis-Tour. Blumen in Form von netten Worten streute derweil der unterlegene Hannes, der seinen “nächtlichen Eskapaden” Tribut zollen musste, und der großgewachsenen Steirerin nicht nur ergebnistechnisch unter- bzw. erlag. “Sie hat heute einfach besser gespielt als ich. Ich hoffe aber auf ein Wiedersehen in Form einer Revanche. Die soll er bereits am kommenden Dienstag bekommen, vorausgesetzt Tanja beendet davor noch ihren Erfolgsrun durch das Turnier.

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Christian Weiss “spaziert” ins Viertelfinale

Auch der zweite dieser Tage im Einsatz befindliche Tour-Debütant sorgt weiter für positive Schlagzeilen. Zumindest im Einzelbewerb, wo der 30jährige einen gemütlichen Samstag Nachmittags-Spaziergang absolvierte. Den 6:1, 6:1 Kantersieg im Achtelfinale gegen Alexander Szele kommentierte der Starspieler von WAT Landstrasse mit einer klaren Analyse. “Den Unterschied machte nur der Aufschlag aus. Meinen hat er nie erwischt, und seinen habe ich sofort immer attackiert. Mehr war es nicht”. Eine Tatsache, die Szele an diesem windigen Nachmittag aber nicht mehr sonderlich “gekratzt” haben wird. Zu stark war einerseits das “Gesamtpaket Weiss”, und andererseits hatte der 24jährige sein persönliches Endspiel schon eine Runde davor hinter sich gebracht. Erfolgreich noch dazu, feierte Alex doch im 60. Match seiner Karriere gegen Jaswinder Saroy den ersten Einzelsieg auf Sand im Jahr 2006, den ersten Sieg nach 4 Erstrundenniederlagen in Serie und den dritten Triumph im dritten direkten Vergleich mit dem Asiaten. Mit einem 6:4, 6:4 löste Szele sein Ticket Richtung Achtelfinale, wo Christian Weiss Endstation bedeutete. Beinahe wäre dem Kunstrasenspezialisten sogar ein spektakulärer Doppelschlag gelungen. Mit dem kurzfristig eingesprungenen Alexander Udovc an seiner Seite, spielte Weiss im Doppelbewerb die Champions-Race-Führenden Martin Kova und Christoph Wagner an den Rand einer Niederlage. 9:6 führten Weiss & Udovc im entscheidenden Champions-Tie-Break, dazu Service des eigentlich sehr stark aufschlagenden Tour-Neulings, das Aus der beiden Turnierfavoriten im Doppel schien perfekt. Doch zwei fatale Doppelfehler von Weiss brachten Kova & Wagner wieder ins Spiel zurück und letztlich den glücklichen Aufstieg.

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Piatek knüpft im “Match seines Lebens” Kunz einen Satz ab, ehe wegen Dunkelheit abgebrochen wurde

Das zweite am Samstag ausgetragene Doppel brachte einen ungefährdeten Zweisatz- Erfolg der Juni-Super-4-Turniersieger Michael Kunz und Josef Scharbl. Härter als beim 6:2, 6:2 gegen das Duo Kramer-Eggert hatte das erfolgreiche Doppelgepann in seinen Singles zu kämpfen. Die Heimfahrt mussten Kunz & Co vorerst noch ohne Erfolgserlebnis im Einzel antreten. Der als großer Favorit auf den Titel gehandelte Michael Kunz müht sich im Duell der Slice-Artisten gegen Robert Piatek. Der achtelfinale Treff zwischen dem direkt aus dem Urlaub angereisten Kunz und dem routinierten polnischen Semifinalisten von 2004 endete mit Satzgleichstand nach der hereinbrechenden Dunkelheit. Das Kunz seine Auftaktbegegnung noch nicht erfolgreich hinter sich gebracht hat, kann getrost als Mega-Überraschung bezeichnet werden. Ein Game hatte sich Piatek vor dem Spiel gewünscht, und seine Ziele vor dem scheinbar ungleichen Duell klar gemacht. Doch der 50jährige spielte das “Match seines Lebens”, wie er in der Nachbetrachtung zum Spiel meinte. Der heftige Widerstand Piatek`s, das aufopfernde Dagegenhalten gegen den Riesen auf der anderen Seite des Platzes wurde schließlich mit dem Satzgewinn belohnt. Die famose Leistung seines Gegners musste auch Kunz anerkennen, und er lieferte zudem gleich eine Erklärung für die handfeste negative Überraschung aus seiner Sicht mit. “Piatek hat plötzlich alle Bälle perfekt getroffen, und ich habe dagegen abgebaut. Eine solche Konstellation kann immer wieder einmal vorkommen, und ist der Grund für dieses Resultat”.

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Berger von “Serve & Volley” genervt und von Scharbl voll gefordert

Ebenfalls ohne Sieger endete am Samstag Abend auch das Achtelfinale zwischen Juni-Super-4-Halbfinalist Josef Scharbl und dem 2fachen Without-Top-Ten-Champion Michael Berger. 6:3, 0:4 lautet auch hier das überraschende Zwischenergebnis. Wem der einsetzende Regen knapp nach 20 Uhr nun geschadet hat, und wem er gerade rechtzeitig kam, wird wohl erst die Fortsetzung am Sonntag zeigen. Doch auch der bisherige Schlagabtausch der beiden Akteure bedarf einer ausführlichen Analyse. Es war ein Aufeinanderprallen der Systeme. Da der Prototyp eines Sandplatzwühlers, der auf der Grundlinie zu Hause ist, Rhythmus über lange Ballwechsel bezieht, und sein Opfer quer über den Platz hetzt, ehe er zum finalen tödlichen Schlag ausholt. Dort der großgewachsene Serve & Volley-Spezialist, der den langen Rallyes aus dem Weg geht, und seine Punkte kurz und bündig am Netz zu machen versucht. Das Duell der Tennis-Systeme, an diesem Abend in den Gestalten von Michael Berger und Josef Scharbl ausgetragen, brachte zunächst klare Vorteile für den Serve & Volley-Spieler. Scharbl gestaltete und dominierte die Ballwechsel nach Belieben, während dem beinahe motivationslos wirkenden Berger nur die Rolle des Nebendarstellers blieb. Mit Kampfkraft und gewohnt starker Beinarbeit hielt sich der Eberhard-Bezwinger vom Vortag bis 2:2 in einem engen Match und sein offensives Gegenüber zumindest bei den eigenen Aufschlagspielen an der Grundlinie. Doch mit dem ersten Break zum 3:2 wurde Scharbl noch frecher, begann plötzlich sogar mit “Chip & Charge” in den Servicespielen seines längst entnervten Gegners diesen zu attackieren. Und das mit Erfolg, holte er sich den ersten Durchgang mit 6:3. “Ich habe noch nie auf dieser Tour gegen einen derart permanent Aufschlag-Volley praktizierenden Gegner gespielt. Ich weiß nicht was ich tun soll. Dieses Tennis liegt mir überhaupt nicht, das wird schnell gehen”, zeigte sich der 39jährige während und nach Ende dieses Startsatzes ratlos. Doch Berger wäre nicht Berger, wenn er nicht zumindest versucht hätte, sich aus dieser prekären Lage zu befreien. 25 Minuten nach dem wenig ruhmreichen Satzverlust und dem längst gescheiterten Wettlauf mit der herannahenden Schlechtwetterfront, stapfte der Juni-Without-Top-Ten-Sieger mit breiter Brust und einer 4:0 Führung im zweiten Heat in die Kantine um mit dem Sager “Es gibt halt doch keine Gegner die dem Berger nicht liegen” sein plötzlich wieder gefundenes Selbstvertauen darzustellen. Den Wettlauf mit der Zeit verloren, jenen mit Scharbl aber wieder spannend gemacht, Bergers phantastisches Comeback könnte also nach dem sonntägigen dritten Teil dieses Achtelfinales noch weiter gehen. “Scharbl hat im ersten Satz einfach unglaublich gespielt”, lobte Berger. “Selten hat ein Spieler gegen mich so konstant und gut volliert wie er. Seine Kick-Aufschläge direkt auf den Mann haben es mir im ersten Satz sehr schwer gemacht”, erklärte der 39jährige, dem nun ein intensiver Tennis-Sonntag ins Haus steht.

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Claus Lippert, 30. Juli 2006