Hitze-Hölle macht auch Tour-Jugend zu schaffen

Wer hätte gedacht, dass die Hitze-Hölle vom Samstag noch zu übertreffen ist, der “Backofen WAT Landstrasse” quasi noch eine Stufe höher drehbar ist? Wohl niemand, aber was sich am gestrigen Sonntag am dritten Spieltag des Juni-Grand-Slam-Turniers unter der Mittagssonne abgespielt hat, war schon hart an der Grenze dessen was auch gesundheitlich noch vertretbar ist. Musste am Vortag mit Thomas Prinz noch ein “Routinier” wegen Unwohlsein aufgeben, wandelte gestern sogar die Jugend am Rande des gesundheitlichen Absturzes. Eine Zusammenfassung des Viertel- und Halbfinaltages von C.L

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Harbarth gewinnt auch Final-Revnache vom Juni-Super-4-Turnier gegen Wagner

Mit Unmengen Wasser, Bananen und sogar Medikamenten vollgestopft, so überstand beispielsweise die Nummer 1 der Hobby-Tennis-Tour Christoph Wagner die Hitze-Hölle zu High Noon. Der erst 16jährige wankte mit schweren Krämpfen im Schlagarm und mit kalter Gänsehaut am Rande eines Kreislaufkollaps vorbei. Vorbei schrammte er auch an seinem ersten Rasen-Grand-Slam-Finale, und das in der mit viel Emotion aufgeschaukelten Final-Revanche für das Juni-Super-Turnier gegen Andreas Harbarth. Ein Spiel, eine Aufführung in zwei Akten. Teil 1 eine One-Man-Show von Andreas Harbarth, der sich Durchgang 1 mit 6:0 holt. Während der Juni-Super-4-Sieger auf “Altbewährtes” zurück griff, und mit dem Tempo seines jugendlichen ungestüm angreifenden Gegners agierte, fiel Wagner nur durch Schimpforgien und einen hochroten Kopf auf. Eine “Kopfwäsche” des 3maligen Juni-Grand-Slam-Siegers Claus Lippert nach Ende des erstes Satzes, brachte den unter “mentaler Hochspannung” stehenden Jungstar zumindest ergebnistechnisch in für ihn entsprechende Sphären. “Du musst die emotionale Ebene ausblenden. Denke Dir auf der anderen Seite steht der Piatek, und spiele dein Spiel”, war noch der nettere Kommentar Lipperts in Richtung Wagner. So wurde Teil 2 des Spieles eingeleitet, und prompt führte Wagner 3:0, später sogar 6:5 um sich dann aber den Luxus zu leisten, mit angeschlagener körperlicher Verfassung und gegen einen phantastisch aufspielenden Gegner Chancen zum Satzgewinn auszulassen. So fand sich Wagner zu seinem Verdruss plötzlich im Tie-Break. Für die Zuseher hingegen war es reines Glück und Vergnügen, dieses “Elfmeterschießen des Tennissports” mitverfolgen zu können. In dieser heiklen Phase des Halbfinales spielen die beiden Tourstars ihr bestes Tennis. So stellt man sich ein Tennismatch als Zuseher vor. Da war trotz unmenschlichen äußeren Bedingungen ein Wahnsinns-Tempo im Spiel, lieferten sich die beiden Protagonisten sensationelle Ballwechsel ud begeisterten obwohl am Rende ihrer Belastbarkeit stehend, das Publikum. “Es war unglaublich. Man musste sich bei jedem Ballwechsel enorm überwinden, aber ich weiß nicht ob ich noch einen dritten Satz hätte spielen können. Ich bin konditionell noch nicht so weit nach meiner Verletzung vom vergangenen Winter. Ich habe in dieser Zeit fast 10 kg abgenommen, bin nur mehr Haut und Knochen”, meinte Harbarth unmittelbar nach seinem Finaleinzug und dem zweiten Erfolg über die Nummer 1 der Tour.

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Wagner nach seinem Rasen-Grand-Slam-Auftritt unzufrieden

Während Harbarth nach seinem bereits 10. Einzelsieg in Serie auf der Tour als Fleißaufgabe noch beide Platzhälften abzog, saß der 4fache Super-Champion Christoph Wagner schweißgebadet, zittrig und mit Wasser vollgepumpt unter einem Schirm im rettenden Schatten. “Dieser Kunstrasenplatz liegt mir einfach nicht. Harbarths Spiel ist auch sehr schwer zu lesen. Man kann kaum erkennen, wohin sein nächster Schlag kommt. Das ist ganz anders als zum Beispiel gegen Nagl. Ich hätte die zwei Chancen zum Satzgewinn einfach nützen müssen. Das ärgert mich. Zwar hätte ich vor dem dritten Satz aufgegeben, aber ein Satzgewinn gegen Andreas wäre eine enorme Genugtuung für mich gewesen”, klagte Wagner. Dabei könnte der 16jährige durchaus auch positive Aspekte aus seinem ersten “Wimbledon-Turnier der Tour” mitnehmen. In seiner bisherigen gesamten Tour-Karriere hat er ein einziges Einzelmatch auf Rasen gewonnen, an diesem Wochenende seine Bilanz gleich verdoppelt. Im Viertelfinale behielt Wagner im Duell mit dem Marathonmann vom Samstag Michael Schremmer mit 6:3, 6:2 die Oberhand. Recht unterschiedlich fielen die Analysen der beiden Spieler aus. “Wagner wird mich vielleicht als unrealistisch bezeichnen, aber es wäre in diesem Spiel mehr möglich gewesen, unter bestimmten Umständen sogar ein Satzgewinn”, analysierte Schremmer. Wagner kommentierte diese Aussage zwar nicht direkt, meinte nur später nach dem verlorenen Semifinale: “Vielleicht habe ich mich zu lange mit Schremmer aufgehalten”. Kann sein, denn Harbarth vernaschte in einer schnellen Nummer Slice-Gott Hans Ebner mit 6:1 und 6:4. Der Korneuburger Jänner-Without-Top-Ten-Sieger, der unmittelbar zuvor das letzte nachzutragende Achtelfinale gegen Hans Krammer mit 6:2, 6:3 für sich entschied, war nach seinem Treffen mit dem neuen Shooting-Star der Tour vollends begeistert.

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Slice-Gott Ebner von Shooting Star Harbarth begeistert

“Ich hatte absolut keine Chance gegen Harbarth. Er spielt großartiges Tennis, und ich glaube sogar, dass er momentan der stärkste Spieler auf der Tour ist. Er kann zwar technisch nichts viel besser als beispielsweise Wagner, aber er spielt enorm sicher. Und der entscheidende Punkt aus meiner Sicht ist, dass er diese Sicherheit auch bei hohem Tempo hat, wo die anderen Spieler dann fehleranfällig werden. Es ist echt schön ihm spielen zuzusehen”, so der unterlegene Ebner. Harbarth diktierte Satz nach Belieben, schraubte laut eigener Aussage im zweiten Satz zurück um dennoch mit 6:4 siegreich zu bleiben. “Das ist kein Zufall. Schau dir einmal Harbarths Ergebnisse an. Er gewinnt den ersten Satz immer klar”, mahnte Ebner in Richtung Veranstalter.

Nagl baut Siegesserie bei Grand-Slam-Turnieren weiter aus

Die unglaubliche Serie des Bernhard Nagl bei Grand-Slam-Turnieren geht weiter. Der 28jährige setzte seiner Super-Serie die Einzelsiege Nr. 22 und 23 auf Grand-Slam-Ebene bei, blieb am dritten Spieltag des Juni-Grand-Slam-Turniers zwar weiter ohne Satzverlust, nicht aber ohne Substanzverlust. Der sonntägige Auftritt, das Treffen mit der Tourjugend hinterließ auch beim amtierenden Masterssieger seine Spuren. Im Viertelfinale, gleichzeitig der Neuauflage des Vorjahresendspiels stand der Titelverteidiger im ersten Satz gegen Christopher Scharrach bei 1:5 mit dem Rücken zur Wand, ehe er sich mit bekanntem Kampfgeist und der großzügigen Mithilfe seines Gegenübers aus der Affäre zog. “Eine heikle Phase”, die Nagl da überstand, und die vielleicht sogar Turnierentscheidend gewesen sein könnte. Denn so sparte sich der Mödlinger einen Satz, den er laut eigener Aussage im Semifinale (möglicher 3. Satz) gegen Markus Altsinger nicht mehr geschafft hätte. Doch zurück zur Final-Revanche von 2005, wo sich der 16jährige Nagl-Herausforderer dilettantisch anstellte. “Ich bin unfähig, einen 5:1 Vorsprung in einen Satzgewinn umzuwandeln”, lautete Scharrachs selbstkritscher Kommentar nach dem Spiel. Während der Partie hörte sich das noch so an: “Ich habe Kopfweh, kann nicht mehr weiter spielen. Ich bin erst um halb Vier Uhr schlafen gegangen”. Wie auch immer. Sowohl Vorbereitung auf dieses Match wie auch Ausführung ab der 5:1 Führung im ersten Heat waren mangelhaft und unprofessionell. Dabei begann der Vorjahresfinalist ganz hervorragend, stützte sein Spiel wieder auf die unnachahmliche Beinarbeit, und machte so dem Favoriten das Leben schwer. Nagl machte das Spiel und auch die Fehler. “Ich hätte Bernie gerne in drei Sätze gezwungen und auch gerne gesehen, was dann passiert wäre. Andererseits wollte ich wieder einmal ein Turnier spielen, Spass haben und gute Punkte für die Rangliste machen. Das ist mir gelungen”, resümierte der 16jährige Stunden später.

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Altsinger mit kräftigem Lebenszeichen und einer Halbfinal-Quali

Ein richtig großes Lebenszeichen hat auch Jänner-Grand-Slam-Halbfinalist Markus Altsinger von sich gegeben. Der 18jährige Ottakringer erreichte heuer schon sein zweites Semifinale bei Grand-Slam-Turnieren, und überzeugte auch auf spielerischer Ebene. Das 6:0, 2:1, w.o. gegen Reinhard Hos war zwar kein Maßstab, auch nicht die Halbfinalniederlage gegen Bernhard Nagl, wo der November-Without-Top-Ten-Sieger von 2004 zu lange wieder das Kaninchen vor der Schlange wirkte, sehr wohl aber im später stattfindenden Doppelbewerb. Eigentlich wirkte Altsinger topfit, vollmotiviert, als erster Spieler die Superserie des Bernhard N. zu durchbrechen. Doch der Mister-Grand-Slam machte keine Anstalten, auch nur einen Milimeter des Platzes kampflos seinem Gegner zu überlassen. Am Ende freute sich “Bernie” über den 8. Einzelsieg im “Wimbledon der Tour in Folge” und auf das Endspiel mit Harbarth.

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Heißes Derby im Doppel

Zurück zum angesprochenen Doppelbewerb und zu Markus Altsinger. Die gute Form spielte er im Doppel an der Seite seines Freundes Sebastian Eggert perfekt aus. Und viel hätte nicht gefehlt, und diese starke Vorstellung der beiden Ottakringer hätte zum Finaleinzug gereicht. Andererseits hätten sich “Markus & Boris” auch nicht beschweren können, wenn schon im Viertelfinale gegen Scharrach-Tader Schluss mit Lustig gewesen wäre. Ein Prestige-Duell auf höchster emotionaler Ebene, ein Schlagerspiel der besonderen Art, dass Eltern und viele Zuseher auf Platz 11 anlockte. Eggert und Tader waren einst Klassenkameraden und Vereinskollegen, ehe Matthias wie auch Altsinger von Ottakring nach Simmering zum TC Schmelz wechselte. Heiße Duelle, obwohl längst bewölktes und “kühleres” Wetter herrschte waren daher vorprognostiziert. Das dazu noch Heißsporn Christopher Scharrach das Quartett an ehemaligen und gegenwärtigen WAT-Ottakring-Spielern komplettierte, machte die Auseinandersetzung nur noch heißer. Brenn heiß sogar, lieferte sich dieses Doppel neben tollen Ballwechseln auch das ein oder andere Schreiduell. Ein flottes, über weite Strecken hochklassiges Derby ging letztendlich im Champions-Tie-Break an Altsinger-Eggert und in einen “vierten Satz”. Weit nach Spielende wurde noch über knappe Outbälle, Treffer auf den Körper sowie Glück & Unglück” diskutiert.

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Dabei hatten Altsinger-Eggert längst bewiesen, dass ihr Aufstieg über Scharrach-Tader kein Glück war, und gleichzeitig die Leistung der Unterlegenen mächtig aufgewertet. Denn das Jugend-Duo aus Ottakring trotzte den hohen Favoriten Lippert-Korger einen knappen Champions-Tie-Break-Entscheid ab. Die Masters- und Champions-Race-Sieger im Doppel hatte nach anfänglichen Startproblemen das Spiel schnell im Griff und Satz 1 mit 6:2 gewonnen. Doch wer dachte, damit wäre die Vorentscheidung gefallen, der irrte gewaltig. Ein rasches Break transportierten Altsinger und Eggert beinahe bis ans Satzende, ehe dem favorisierten Duo doch noch das Re-Break gelang. Doch Lippert-Korger patzten an diesem Tag speziell bei den “big points”, und so ließen die beiden Doppel-Stars bei 6:2, 6:5 gleich drei Matchbälle leichtfertig ungenützt. Auch weil Altsinger und Eggert hervorragend servierten, retournierten und im Teamwork mit leidenschaftlicher Art um die große Sensation kämpften. Und die schien kurzfristig in greifbarer Nähe, jubelten die Underdogs doch plötzlich nach gewonnenem Tie-Break über den Satzgleichstand. Doch in der entscheidenden Phase des Champions-Tie-Breaks spielten Korger und Lippert ihre große Routine aus. Korger beeindruckte mit mächtigen Returns und wuchtigen Aufschlägen, und Lippert der über die gesante Spielzeit eher wenig zu sehen war, glänzte wie schon in alten Zeiten mit den besten Bällen in den wichtigsten Momenten. Zwei großartige Aufschläge, und ein grandioser Return sorgten für eine 8:5 Führung. Ein Mini-Break musste her, ehe Korger bei 9:6 und zwei Aufschlägen endgültig für den Aufstieg sorgen konnte. Und das tat er dann auch mit einem Super-Aufschlag, den Eggert nur mehr ins Out retournieren konnte. Lippert-Korger machten dem “Champions”-Tie-Break alle Ehre, und feierten wenn auch mühevoll den 20. Sieg in Serie. Erfolg Nr. 19 fuhren sie im Viertelfinale gegen Meinhart-Pröbstl ein, das zum 6:1, 6:2 Probegalopp für das Semifinale wurde, während die Gegenüber in ihrem “Finale” zu glänzen versuchten. Und das gelang zeitweise auch. Mit einer phasenweise imposanten Aufschlagleistung von beiden Seiten, mit starken Returns von Meinhart und mit seriöser Netzarbeit von Pröbstl, ließen die beiden Unterlegenen erahnen, wie sie beim April-GP-Turnier im Viertelfinale die große Sensation gegen Valek-Zimmermann geschafft haben.

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Kova-Wagner nach 12 Doppelsiegen erstmals wieder gescheitert

Das vorzeitige Aus im Doppelbewerb des Juni-Grand-Slam-Turniers kam auch für die bisherigen Saisondominatoren im Doppel Christoph Wagner und Martin Kova. Gemeinsam haben sie heuer schon drei Titel an Land gezogen. Böse Zungen & Kritiker behaupten aber, dass diese Erfolge ohne Konkurrenz erzielt wurden. Das mag nach dem Juni-Grand-Slam-Turnier mit seiner Topbesetzung vielleicht sogar stimmen, doch einerseits können die beiden Tour-Stars nichts dafür, wenn die anderen Top-Doppel durch Abwesenheit glänzen, und zudem dürften sie dann doch nicht so schwach sein wie viele Kritiker im Vorfeld meinten. Das beweist schon ein Blick auf das Halbfinal-Resultat, das mit 7:5, 4:6, 9:11 gegen das von ITC Leopoldsdorf meisterschaftserprobte Doppel Harbarth-Winkler knapper nicht ausfallen hätte können. Während Harbarth mit einer tollen Show am Netz und perfekt unterstützt von Super-Oldie Karl Winkler letztlich die Kastanien aus dem Feuer holte und sich seinen zweiten Finalplatz beim Juni-Grand-Slam sicherte, mussten Kova-Wagner im superspannenden Tie-Break die erste Doppelniederlage 2006 und die erste Niederlage nach 12 Siegen in Folge hinnehmen. Für Wagner setzte es wie im Einzel auch im Doppel die zweite Niederlage gegen Harbarth, und für Kova platzte der Traum von der erfolgreichen Titelverteidigung des “Wimbledon-Doppel-Titels”. Wie knapp es allerdings ingsesamt an diesem dritten Tag im Doppelbewerb zuging beweist ein Blick auf die Ergebnisse, wonach gleich 5 der 6 Doppelmatches im Champions-Tie-Break entschieden wurden. So knapp wie Kova-Wagner im Halbfinale nämlich gescheitert sind, so knapp sind sie in dieses Semifinale überhaupt erst gekommen. Denn ein 6:3, 4:6, 10:8 Erfolg über das kongeniale Duo Ebner-Stepanek hievte die 3fachen Saisonsieger überhaupt erst in die Vorschlussrunde. “Ich bin heute nicht so richtig ins Spiel gekommen, aber eine Niederlage im Champions-Tei-Break ist halt immer möglich”, zog Ebner ein wenig enttäuscht Bilanz. Denn eigentlich hatte der 36jährige große Hoffnugen auf den Doppel-Bewerb gesetzt, und mit Partner Karl “Charlie-Radek” Stepanek einen Sieg eingeplant. Er war sich so sicher, dass er vor dem Viertelfinal-Duell mit Kova-Wagner sogar Wetten abschloss. Übrigens: Wetten, dass die beiden Juni-Grand-Slam-Finalspiele was Wetter und Spielverläufe angeht noch heißer werden?

Claus Lippert, 24. Juli 2006