David gegen Goliath, oder wie sich Underdog Klapil gegen Rasenkönig Vukicevic wehrte

Ganz anders als gewohnt, präsentierte sich am gestrigen Eröffnungstag des zweiten Rasen-Weekends, das Wetter bei WAT Landstrasse. Mit den mittlerweile bereits 20 zur Austragung gelangten Turnieren in der Hans Bock Anlage assoziiert man aus den Erfahrungen der Vergangenheit eigentlich Hochsommer-Hitze bei tropischen Temperaturen und Sonnenschein pur. Nicht so am gestrigen Freitag, wo bei kühlen und wolkenverhangenen 18 Grad der Startschuss zur im Doppelpack stattfindenden Generalprobe für das in einer Woche anstehende “HTT-Wimbledon-Turnier” fiel. Nicht erwartete 74 Nennungen aus insgesamt 10 Nationen sorgen bei der 19. Auflage des Juni-Masters-Series-1000-Turniers und beim 4. Juni-Challenger für ein phantastisches Teilnehmerfeld, das schon am ersten Spieltag mit insgesamt 17 Paarungen für regen Betrieb auf der wieder einmal sensationell gepflegten Anlage des WAT Landstrasse verantwortlich zeichnete. Ein Bericht von C.L

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Die Favoriten auf den Titel beim 19. Juni-Masters-Series-1000-Turnier

Die beiden HTT-French-Open-Finalisten Peter Klager und Philipp Schneider gönnen sich im Kampf um die Nummer 1 Position weiter eine Pause, dafür sind mit dem Ranglisten-Dritten und Jänner-Grand-Slam-Sieger Renee Glatzl sowie dem serbischen Titelverteidiger Vladimir Vukicevic zwei “HTT-French-Open-Abwesende” am Start des fünften HTT-1000er-Saisonturniers. Spitzenspieler ohne Ende bei den absoluten Top-Events, auch das ist eine neue Qualität der Hobby-Tennis-Tour anno 2014. Noch vor drei Wochen beim Saisonhöhepunkt der besten Spieler auf der roten Asche des UTC La Ville, sprach angesichts eines unfassbaren Star-Auflaufs kaum jemand vom fehlenden Top-Duo, dass dieser Tage am “grünen Rasen” des WAT Landstrasse freilich in den Fokus der Tour-Community gerät, und ein gewichtiges Wörtchen bei der Titelvergabe mitzureden haben sollte. Doch mit dem Ranglisten-Dritten und dem Rasenkönig aus Serbien, ist das “Promi-Potential” beim 42. Saisonturnier noch lange nicht erschöpft. Als da auch ein gewisser Patrick Wiesmühler in der Nennliste aufscheint, der sich 2011 zum HTT-Olympiasieger krönte, und auf Rasen bei WAT Landstrasse auch schon zu Titelehren gekommen ist. Aufpassen heißt es auch auf die Nummer 2 des Turniers, den Juni-Masters-Series-1000-Champion von 2008 Fabian Mayrhuber, der auf Rasen mit 3 Karriere-Turniersiegen in der Ewigen Bestenliste aller Turniersieger auf Kunstrasen immerhin Platz 3 einnimmt. Dann ist auch der frischgebackene Juni-HTT-500-Gewinner Mathias Wagner vom TK Big Point Muckendorf mit seinem Premieren-Titel im Gepäck, und auch Englands Nr. 1 Adam Goodsell will auf den heimischen Plätzen des WAT Landstrasse mehr als nur eine gelungene Generalprobe für das eine Woche später auf dem Programm stehende dritte Major-Event des Jahres abliefern.

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Englands Nr. 1 Adam Goodsell feiert “daheim” bei WAT Landstrasse gegen alternden HTT-Wimbledon-Sieger von 2008 Michael Kunz mit klarem 6:1, 6:2 den 60. Einzelsieg seiner Karriere

Und die gleich am Eröffnungstag im Einsatz befindlichen Topstars des 780. Single-Events der Open Ära gaben sich wie erwartet keine Blöße, und feierten teils bemerkenswerte Auftaktsiege. Englands Nr. 1 Adam Goodsell hielt sich zum Auftakt der vielleicht wichtigsten zwei Turnierwochen seiner HTT-Saison “daheim bei WAT Landstrasse” im Erstrunden-Match mit Michael Kunz nicht lange auf, und demontierte den alternden HTT-Wimbledon-Sieger von 2008 mit 6:1 und 6:2. Der 24jährige Brite – im Vorjahr im Viertelfinale am Deutschen Jan-Philip Hupasch gescheitert – legte nach leichten Anfangsschwierigkeiten jegliche Scheu vor Gegner und Heim-Atmosphäre ab, und feierte in knapp über einer Stunde Spielzeit den 60. Einzelsieg seiner HTT-Karriere. Während Goodsell ohne zu glänzen und ohne die für ihn so pregnanten Netzangriffe souveränst das Achtelfinale erreichte, hat Michael Kunz eine Woche vor seinem Lieblingsturnier noch einige Baustellen zu lösen. Der 43jährige Deutsch Wagramer agierte “gehemmt und fehlerhaft”, ließ seine gewohnte Aufschlagstärke vermissen, und zeigte auch am Return erhebliche Schwächen. Zudem fehlte dem Rasenkönig von vor 6 Jahren auch die nötige Aggressivität, um einen Gegner vom Kaliber der britischen Nr. 1 ernsthaft gefährden zu können. Kuriosum am Rande: Am Tag davor hatten sich Goodsell und Kunz zum Training verabredet, und am Centercourt der herrlich gelegenen Tennisanlage des WAT Landstrasse drei Sätze gespielt. Für alle Interessierten: Goodsell gewann 6:0 ,6:3, 6:4. “Der Adam Goodsell auf Kunstrasen ist halt nicht unbedingt ein Wunschlos für die erste Runde, aber ich muss mich im Hinblick auf das Grand-Slam-Turnier in einer Woche schon gewaltig verbessern”, urteilte Kunz nach seinem 265. Karriere-Match, mit dem er beim 6. Juni-Masters-Series-Start zum zweiten Mal nach 2009 (Gerald Kostolani) in der Auftakt-Runde strauchelte.

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Vladimir Vukicevic gewinnt ungleiches Auftakt-Duell gegen David Klapil in 30 Minuten mit 6:0, 6:0 und poliert seine sensationellen Rasen-Bilanzen weiter auf

Knapp vor 19 Uhr tauchte auch er dann plötzlich auf, der serbische Titelverteidiger, HTT-Wimbledon-Champion und Rasenkönig Vladimir Vukicevic. Der 32jährige aus Sombor erfreut sich beim Gastgeber-Verein riesiger Beliebtheit, und mittlerweile ist der amtierende HTT-Olympiasieger auch bei der Konkurrenz ob seiner außergewöhnlichen Leistungen auf dem Kunstrasen von WAT Landstrasse höchst anerkannt. Die Auftakt-Partie für den an Nummer 3 gesetzten Ranglisten-Fünften wird für den Vorjahressieger aber eher eine lästige Verpflichtung gewesen sein. Da stand auf der anderen Seite des Netzes eine höchst aufgeregte Nr. 115 der HTT-Computer-Rangliste, der seine wöchentlichen Tenniserfahrungen zumeist auf Future- und Challenger-Ebene macht, und für den das Treffen mit Vukicevic zum “Match des Jahres” ausartete. Die Rede ist von David Klapil, der sich über sein Erstrundenlos beim 60. Rasenturnier der HTT-Geschichte wie ein kleines Kind auf Weihnachten freute. Und das zu Recht, denn wann kommt man als Challenger-Spieler schon einmal in den Genuss, mit einem Topstar wie Vukicevic die Kräfte zu messen. Natürlich war es ein ungleiches Duell, “David gegen Goliath”, bei dem der Sieger schon vor dem ersten Aufschlag feststand. Doch dieses Erstrunden-Duell hatte – zumindest für die Zuschauer – einen gewissen Reiz. Wieviele Games oder Punkte würde der Underdog abstauben können, wie lange wird sich Klapil am Centercourt halten, und fällt gar der Rekord für die schnellste Single-Partie der Geschichte? Nun zur Auflösung: Ein gut gelaunter Vukicevic, der im letzten der 12 Games sogar versuchte, dem tapfer kämpfenden Außenseiter ein Ehrengame zukommen zu lassen, siegte 6:0, 6:0, und das in exakt 30 Minuten. Mit drei Assen in Serie gleich zu Beginn seines ersten Aufschlagspieles hatte sich der serbische Titelverteidiger in Schwung gebracht, und am Ende seines 30. Karriere-Matches den 25. Sieg herausgespielt. Mit seinem Kantersieg polierte der Rasenkönig aus Sombor auch seine glänzenden Rasenbilanzen weiter auf. Inklusive Olympia – das eigentlich nicht zur HTT zählt – ist Vukicevic auf Rasen seit 14 Spielen ungeschlagen, und insgesamt mit 17:1 Siegen natürlich Titelfavorit Nr. 1. Klapil hingegen rutschte vergeblich über den Centercourt, zumindest aus ergebnistechnischer Sicht. 15 Punkte holte er immerhin, und jeder einzelne war es wert. “Ich habe jede Sekunde dieses Matches voll genossen”, strahlte der 22jährige noch weit nach der erhaltenen Trainerstunde in Runde 1 des Juni-Masters-Series-1000-Turniers.

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Juni-HTT-500-Sieger muss im Erstrunden-Schlager gegen Alexander Scheller erstmals heuer einen Satz auf Rasen abgeben, feiert aber schließlich doch seinen 5. Sieg in Serie

Der frischgebackene Juni-HTT-500-Champion Mathias Wagner hat erstmals in dieser Saison einen Satz auf Rasen abgegeben, ist aber dennoch ungeschlagen geblieben. 72 Stunden nach dem Gewinn seines ersten Karriere-Titels am Floridsdorfer Wasserpark, musste Wagner schon wieder ran, und das gleich im Topschlagerspiel der ersten Runde gegen die Nummer 4 des Turniers Alexander Scheller. Der 26jährige vom TWR 21 verzeichnete im Auftaktmatch seines 50. Karriere-Turniers den besseren Start, und holte sich den ersten Durchgang mit 6:4. Mit Fortdauer der Partie übernahm aber Wagner das Kommando, und fixierte schließlich mit 4:6, 6:2, 6:0 den fünften Rasen-Einzelsieg in Serie.

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Rumäniens ehemalige Nr. 1 Rares Maftei scheitert zum dritten Mal nach 2010 und 2011 in Runde 1 des Juni-Masters-Series-1000-Turniers, diesmal am serbischen Jungstar Nemanja Dejanovic

Was tat sich sonst noch am ersten Spieltag des 19. Juni-Masters-Series-1000-Turniers? Für Rumäniens ehemaligen Top-Ten-Star Rares Maftei hat es auch bei seinem dritten Antreten bei diesem Event nicht zum ersten Sieg gereicht. Nachdem der 32jährige 2010 an Andreas Tolunay und 2011 an Roland Klinger scheiterte, musste er sich diesmal dem serbischen Jungstar Nemanja Dejanovic geschlagen geben. Der 14jährige “Lehrling” von Rasenkönig Vladimir Vukicevic, der seit heuer bei WAT Landstrasse Meisterschaft spielt, kämpfte auf heimischem Boden die ehemalige rumänische Nr. 1 in drei Sätzen mit 6:1, 4:6, 6:2 nieder, und verhindert damit wohl die Neuauflage des vorjährigen HTT-French-Open-Zweitrunden-Duells zwischen Maftei und dem an Nr. 2 gereihten Fabian Mayrhuber. Beim 25. Turnierstart steht Dejanovic damit so wie im Vorjahr im Achtelfinale, wo nun eben ein Duell mit der HTT-Nr. 4 winken könnte.

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Markovic sagt nach Erstrunden-Aus gegen Meinhart seinen HTT-Wimbledon-Start ab, Michael Gaunersdorfer steht nach Comebacksieg im Achtelfinale und der Sieg von Alexander Lovrek im “Kräuter-Peter-Derby” gegen Clemens Wimmer

Den kompletten serbischen Erfolg am Eröffnungstag vereitelte derweil Jungstar Filip Markovic. Der 20jährige vom Alt Erlaaer TC lieferte ein verkorkstes Rasen-Debüt ab, und rutschte gleich in Runde 1 gegen den weitaus routinierteren Patrick Meinhart aus. Drei Jahre älter, vorallem aber 97 Turnierteilnahmen erfahrener, spielte Meinhart in seinem 255. Karriere-Single den Faktor Routine beinhart aus, und drehte die Auftakt-Partie mit Markovic nach verlorenem ersten Satz noch in einen 5:7, 7:5, 6:3 Erfolg. Markovic sagte daraufhin seinen HTT-Wimbledon-Start ab, während es Meinhart im Achtelfinale mit Michael Gaunersdorfer zu tun bekommt. Der junge Niederösterreicher, der 2009  noch bei den HTT-Turnieren in Wien auf Punktejagd ging, und in den letzten beiden Saisonen sein Engagement auf die HTT Niederösterreich konzentrierte, fertigte Comebacker Markus Biegler glatt mit 6:1 und 6:3 ab. Der 28jährige lag schnell 1:6 und 0:4 zurück, als er eine zwischenzeitliche Aufholjagd schaffte und bis auf 3:4 herankam. “Ich bin mit dem Platz nicht zurecht gekommen. Das war ungewohnt für mich”, erklärte der Unterlegene. Kein Erfolgserlebnis gab es auch für den zweiten Spieler des Alt Erlaaer TC, nämlich für Michael Schwärzli. Obwohl der 18jährige im Gegensatz zu seinem Vereinskollegen Filip Markovic eigentlich ganz gerne auf Kunstrasen spielt, ließ sich sein Erstrunden-Ausrutscher in Höhe von 4:6 ,5:7 gegen einen immer besser werdenden Thomas Janzso nicht vermeiden. Ein interessantes Duell setzte es schließlich noch zwischen Alexander Lovrek und Clemens Wimmer. Jetzt werden Tour-Insider fragen, was denn am Treffen zwischen der Nr. 29 und dem Challenger-Rekordsieger so interessant sein soll! Nun, immerhin handelte es sich beim Duell zwischen Lovrek und Wimmer um eine Art “Kräuter-Derby” aus dem Hause Baumann. Auf dieses seit Wochen von sich Reden machende Wundermittel, mit dem sich einige HTT-Stars in Form zu bringen scheinen, und das im Volksmund “als ausgepresste Kräuterwiese” belächelt wird, schwören nämlich sowohl Lovrek als auch Baumann. Fit waren sie also beide, letztlich machte die spielerische Klasse Lovreks den Unterschied im “Kräuter-Peter-Derby” aus.

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Jungstar Yannik Podesser gewinnt Generationen-Duell gegen Oldboy Karl Pater nach 6 abgewehrten Matchbällen und nach einem in 3:14 Stunden errungenen 4:6, 7:6, 7:6 Erfolg

Machen wir zum Abschluss auch noch einen kurzen Blick zum 4. Juni-Challenger-Turnier, das mit 38 Spielen mehr als großartig besetzt ist. Für die Schlagzeilen des Tages sorgten wohl Jungstar Yannik Podesser und Oldboy Karl Pater, die sich in ihrem Erstrunden-Treffen 3:14 Stunden gegenüberstanden, ehe der 14jährige nach Abwehr von 6 Matchbällen einen wahren Tie-Break-Krimi mit 4:6 ,7:6, 7:6 für sich entschieden hatte. Eigentlich muss man fast sagen, dass Karl Pater am Freitag Nachmittag den Aufstieg ins Achtelfinale selbst vergeigt hat. Der Routinier vom TC Donaufeld hatte genug Möglichkeiten, dem aufmüpfigen Youngster dessen Grenzen aufzuzeigen und dem jugendlichen Ansturm Einhalt zu gebieten. So führte Pater 6:4, 3:0, bei 6:5 und ließ er die ersten beiden Matchbälle ungenützt, und als er sich plötzlich im dritten Satz neuerlich in einem alles entscheidenden Tie-Break widerfand, schien bei einer 6:2 Führung alles klar für einen zwar knappen aber letztlich doch erwarteten Erstrundensieg. Unfassbares spielte sich dann jedoch im Finish ab, als Pater zunächst einen Satzball mit einem kläglich verhauten Smash vergab, und danach auch noch richtig Pech ausfasste. Der Routinier hatte sich den Platz perfekt aufgemacht, als Podesser völlig in die Defensive gedrängt noch zu einer Art “Notschlag” ansetzen kann. Dieser fliegt gerade um ein paar Zentimeter über das Netz und vorbei am eigentlich schon siegreichen Donaufeld-Oldie. Bei 6:6 fabriziert Pater dann zu allem Überfluss auch noch einen Doppelfehler, ehe Podesser nach dem nächsten Ballwechsel samt Punktgewinn die Arme zum Zeichen des Sieges hochreißt, und einen ganz speziellen Triumph genießt.

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Mario Ferrari gewinnt kurioses Auftakt-Match gegen Julian Barth aus Deutschland

Einen kuriosen Erfolg feiert Mario Ferrari im Duell mit Deutschlands Julian Barth. Der Semifinalist von 2012 gewann zwei Sätze zu Null und sein Auftakt-Single beim 4. Juni-Challenger doch nur in drei Sätzen. Weil er dazwischen eine künstlerische Pause einlegte und einen Tie-Break verlor, hieß es Überstunden schieben, ehe das Achtelfinal-Ticket gebucht war. Ebenfalls eine Runde weiter ist Tour-Neuling Marcus Ochsner, der Dieter Schickblicher in einer spannenden Begegnung mit 7:6 und 6:4 aus dem Turnier nehmen konnte. Von der verletzungsbedingten Aufgabe Markus Sellmeisters profitierte am Freitag Nachmittag Michael Kenn. Der 44jährige stieg trotz 3:6, 0:4 ins Achtelfinale auf, wo auch Dominik Skrzypek wieder aufschlagen wird. Der 28jährige kämpfte über zweieinhalb Stunden lang, ehe er März-Future-Champion Robert Rother mit 6:4, 3:6, 6:4 niedergekämpft hatte. In der Qualifikation siegte schließlich noch Petra Herold, die dem ein Comeback feiernden Maximilian Mayr mit 6:4 ,7:5 das Nachsehen erteilte.

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