Patrick Wimmer gewinnt halbfinalen Tie-Break-Krimi gegen Thomas Lenzinger

Die langsam aber sicher unheimlich anmutende Serie neuer Turniersieger im Jahr 2014, geht auch am letzten Hallen-Wochenende der am Dienstag Abend zu Ende gehenden Wintersaison weiter. Denn bei der 6. Auflage des März-HTT-150-Turniers im UTC La Ville stehen sich mit Patrick Wimmer und Oliver Scheriau erneut zwei Final-Debütanten im Endspiel gegenüber, womit am Dienstag Abend – live ab 21:15 Uhr auf www.hobbytennistour.at – das fünfte neue Siegergesicht in Folge ermittelt wird, und bereits der 10. Premieren-Titel im erst 17. Saisonturnier des Jahres 2014 zur Disposition steht. Die beiden Kandidaten auf die Nachfolge von Martin Steinbauer heißen wie bereits erwähnt Oliver Scheriau und Patrick Wimmer. Erstgenannter deklassierte am Montag Abend in nur 61 Minuten Spielzeit einen vorallem beim Aufschlag schwächelnden Lokalmatador Klaus Stattmann mit 6:3, 6:2, während sich Patrick Wimmer erst nach einem dramatischen Halbfinal-Krimi gegen Baumann-Bezwinger Thomas Lenzinger in 2:25 Stunden mit 3:6, 6:3 und 7:6 für seine Final-Premiere qualifizieren konnte. Ein Bericht von C.L

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 WAT Liesing-Star Oliver Scheriau stürmt mit überzeugender Leistung gegen Lokal-Matador Klaus Stattmann in seiner erstes Karriere-Finale auf der Hobby-Tennis-Tour

Mit einer großartigen – und über weite Strecken auch höchst souveränen – Vorstellung hat sich WAT-Liesing-Star Oliver Scheriau am Dienstag Abend im ersten Semifinale des 6. März-HTT-150-Turniers präsentiert, und La-Ville-Lokalmatador Klaus Stattmann bei dessen Heimspiel in knapp über einer Stunde Spielzeit keine Chance gelassen. Der 46jährige gewann das “Oldies-Derby” gegen den März-HTT-150-Finalisten von 2011 glatt mit 6:3, 6:2, und erreichte bei seinem 6. Karriere-Turnierstart zum ersten Mal ein Finale. Bislang hatte Scheriau in seiner noch kurzen HTT-Laufbahn als beste Resultate zwei Viertelfinal-Teilnahmen vorzuweisen, wobei der Routinier eigentlich in noch keinem seiner Auftritte vollständig überzeugen, und sein bestes Tennis abrufen konnte. Bis gestern Abend, als Scheriau mit einer äußerst konzentrierten Darbietung eine Klasse-Leistung ablieferte, und sich in die Favoritenrolle für das am Dienstag Abend anstehende Endspiel hievte. Gestützt auf eine mehr als solide und konstante Aufschlag-Performance, hatte Scheriau das Semifinal-Duell der Oldboys stets im Griff, und damit weitaus weniger Mühe, als man allgemein im Vorfeld erwartet hatte. Denn Stattmann gilt in der Szene als solider Wert auf HTT-150-Ebene, der immer wieder mit seinem so “leicht und locker” wirkenden Grundlinien-Tennis für Furore sorgt. Das zeigt auch schon ein Blick auf seine Karriere-Bilanzen, die er am Sonntag Nachmittag im Viertelfinale auf “fesche Jubiläums-Werte” aufpolierte. Gegen Sensations-Jüngling und Kunz-Bezwinger Fabian Dopf feierte Stattmann im 60. Match seiner Karriere bereits den 40. Sieg, vom sechsten Finaleinzug seiner Laufbahn war der 50jährige Lokal-Hero am Montag Abend aber doch meilenweit entfernt. Und das hatte zwei gute Gründe:

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Selbstkritischer Klaus Stattmann: “Nur 5 Prozent erste Aufschläge sagen alles, da zerbröselt der Rest”

Da war zunächst einmal die erschreckend schwache Serviceleistung Stattmanns, der exakt die Hälfte seiner acht Aufschlagspiele abgeben musste. Und das noch obendrein zu strategisch recht ungünstigen Momenten, wie im ersten Satz, als er sich per “Doppel-Break” einen unaufholbaren 1:5 Rückstand einhandelte. So konnte sich Scheriau kurz darauf seine einzige ganz kurze Schwächephase folgenlos leisten, als er sein einziges Break zum 2:5 kassierte. Nach 31 Minuten war der erste Satz aber dennoch hochverdient mit 6:3 an Scheriau gegangen, der in einer perfekten Mischung aus konstanter Grundlinien-Arbeit und immer wieder höchst erfolgreich vorgetragener Offensiv-Kunst am Netz, keinerlei Rhythmus beim Gegner aufkommen ließ. Als Scheriau dann im zweiten Durchgang noch zwei ganz frühe Breaks zum 1:0 und 3:0 gelangen, war “der Käse gegessen”. Der 46jährige konnte nun vorne weg spielen und sein bestes Tennis “stresslos” abrufen. Stattmann konnte zwar noch mit zwei gewonnenen Aufschlagspielen für ein wenig Ergebniskosmetik sorgen, nicht aber den souveränen Finaleinzug seines wirklich überzeugend spielenden Gegners verhindern. Scheriau zeigte keinerlei Schwächen mehr, und verwandelte am Ende nach exakt 1:01 Stunden Spielzeit mit einem wuchtigen Service-Winner seinen Matchball zum 6:3 und 6:2 Erfolg. “Ich habe heute wirklich gut gespielt, meine beste Leistung seit ich auf der Hobby-Tennis-Tour spiele”, freute sich der Sieger, während sich der unterlegene Klaus Stattmann durchaus selbstkritisch zeigte: “Ungefähr 5 Prozent erste Aufschläge, das sagt alles. Da zerbröselt der Rest”, unkte der 50jährige La-Ville-Star.

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Patrick Wimmer setzt sich in 145 aufregenden Semifinal-Minuten gegen Thomas Lenzinger mit 3:6, 6:3 und 7:6 durch

Ganz anders verlief derweil das zweite Semifinale beim heurigen März-HTT-150-Turnier, das bis 15 Minuten vor Mitternacht dauerte, und in einem hoch dramatischen Tie-Break-Krimi endete. Mit einem Happy End für Patrick Wimmer obendrein, der sich nach 145 abwechslungsreichen, aufregenden, und diskussionsvollen Minuten im zweiten Vorschluss-Runden-Duell mit Baumann-Bezwinger Thomas Lenzinger durchsetzte, und sich mit 3:6, 6:3, 7:6 für das erste Finale seiner Karriere qualifizieren konnte. Dem 33jährigen Wiener, der in seinen bislang 27 absolvierten Karriere-Turnierstarts seit Mai letzten Jahres, ergebnistechnisch völlig unauffällig durch den Circuit “tourte”, und mit zuletzt 5 Erstrundenniederlagen in Serie zum März-HTT-150-Turnier anreiste, scheint just am letzten Indoor-Weekend der Wintersaison der Knopf aufgegangen zu sein. Spielerisch hatte Wimmer in den letzten Wochen zwischendurch immer wieder mal zu überzeugen gewusst, ab und an mit großartigen Teilerfolgen aufhorchen lassen, und sich so durchaus Aufmerksamkeit in Kollegenkreisen erspielt. Zu mehr als einem toll gespielten Satz reichte es aber selten bis nie, und das lag speziell an seinen massiven Schwierigkeiten im mentalen Bereich. Immer wieder reichten in der Vergangenheit einzelne Szenen, um einen gut spielenden Patrick Wimmer aus der Fassung, und sich damit selbst um die durchaus erntbaren Früchte seiner Arbeit zu bringen. All die Beispiele der kopfbedingten Wimmer-Aussetzer aufzuzählen, würde den Rahmen dieses Berichts sprengen. Und ein weiteres Kapitel dieser unsäglichen Geschichte schien der 33jährige am Dienstag Abend im Duell mit Tour-Newcomer Thomas Lenzinger zu schreiben.

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Wieder sorgte ein einziger Punkt für ein mentales Blackout bei Patrick Wimmer

Denn beim Stand von 3:3 im ersten Satz war es wieder “nur” ein Punkt, der den bis hierher stark spielenden und vorallem mental höchst seriös auftretenden Patrick Wimmer die Contenance verlieren ließ. Bis dahin hatten beide Akteure je zweimal ihren Aufschlag abgeben müssen. Lenzinger ließ mit kassiertem Re-Break zum 1:2 die große Chance aus, früh mit 3:0 davonzuziehen, und Wimmer wiederum war nicht fähig, sein gelungenes Break zum 3:2 mit eigenem Service zu bestätigen. So stand es also 3:3, als sich die aus Sicht Wimmers verhängnisvolle Szene ereignete. Lenzinger hatte einen nahe zur seitlichen Linie fliegenden Ball zunächst als “in” betrachtet, ehe er nach Rücksprache mit dem Publikum plötzlich auf “out” entschied. Das brachte Wimmer erstmalig in diesem Semifinal-Krimi aus der Fassung und sorgte für ein fünf Games dauerndes “Blackout” beim 33jährigen Wiener. Er gab seinen Aufschlag zum 5:3 ab, ließ eine Break-Chance zum 4:5 mit einem schlecht getimten Lob ungenützt und musste nach exakt 34 Minuten den ersten Satz mit 3:6 abgeben.

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Die unerwartete “mentale Auferstehung” des Patrick Wimmer

Wenige Minuten später schien die Situation am Centercourt des UTC La Ville endgültig zu eskalieren. Wimmer spielte eine Vorhand lange in Richtung Grundlinie, als sofort der – übrigens berechtigte – Outruf seines Gegenübers folgte. Und weil Wimmer-Freundin und Betreuerin Ines Kreilinger ihren Schützling mit einer falschen Information noch zusätzlich “heiß” machte, war der brodelnde Wimmer-Vulkan endgültig zum Ausbruch bereit. Mit zwei “von unten” servierten Aufschlägen “schenkte” der 33jährige erbost das erste Game ab, und damit schien dieses Match entschieden. Wie so oft in der Vergangenheit hatten ein oder zwei kritische Szenen ein für Wimmer gut laufendes Match zum kippen gebracht. Lenzinger stellte staubtrocken agierend auf 2:0, das Ende schien nah, und eine ganz brutale und bittere Null aus Sicht Wimmers drohte. Doch dann wurde das Publikum am Centercourt Zeuge von einer noch nie dagewesen “mentalen Auferstehung” Wimmers, der sich fast zwei Stunden später nach vielen weiteren Rückschlägen in diesem Semifinale zum Sieger küren sollte. Für den 33jährigen könnte der Abend des 17. März 2014 zum Schlüsselerlebnis seiner Tenniskarriere geworden sein. 27 Turnierstarts und 40 Matches lang hatte Wimmer nicht kapiert, dass die seelische Balance im Tennis von aller größter Wichtigkeit ist. Mit dem gestrigen Erfolgserlebnis – gespickt mit seinen beiden Aussetzern in der Anfangsphase – könnte der Ranglisten-Vierzigste nun aber endlich geschnallt haben, welche erfolgstechnischen Unterschiede sich ergeben, wenn man die mentalen Herausforderungen eines Tennismatches positiv besteht. Und von diesen Herausforderungen gab es am Montag Abend noch einige zu meistern, ehe der erste und vielumjubelte Finaleinzug seiner Karriere perfekt war. Wimmer hielt im zweiten Satz fortan sein Service, und holte sich mit zwei Breaks zum 2:2 und 4:2 schließlich den zweiten Durchgang nach 36 Minuten mit 6:3.

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Wimmer holt im dritten Satz einen 1:4 und 3:5 Rückstand auf, und sichert sich schließlich im Tie-Break den ersten Finaleinzug seiner Karriere

Im alles entscheidenden dritten Satz lieferte Wimmer dann eine “mentale Sonderleistung” ab, behielt er doch trotz mehrmaliger und auch scheinbar vorentscheidender Rückstände die Nerven, und das gegen einen äußerst routiniert, clever und ausgepufft spielenden Thomas Lenzinger. Der 49jährige warf seinen ganzen Erfahrungsschatz in diese Entscheidung, ehe ihm beim Stand von 2:0, 40:40 bereits zum zweiten Mal in diesem Spiel die Saite eines seiner Rackets kaputt ging. Mit einem von Terra-Rossa-Star Lucas Rydl geborgten Racket, servierte Lenzinger in der Folge vielleicht um die Spur schärfer und präziser, sein von viel “Touch” geprägtes Tennis mit langen Rückhand-Slice-Bällen und vielen Stopps funktionierte mit dem neuen Racket aber nicht mehr nach Wunsch. Das der 49jährige im Finish 4:1 und 5:3 führte lag auch daran, dass sich Wimmer weiterhin als echter Chancentod präsentierte. Der Peyerl-Bezwinger ließ beim Stand von 1:3 ein 0:40 und insgesamt sogar 4 Breakchancen ungenützt. Es gelang Wimmer auch nicht, sein zum 3:4 geschafftes Re-Break im nachfolgenden Aufschlagspiel zu bestätigen, und das obwohl er sich mit zwei guten ersten Aufschlägen und einem brillant gesetzten Volley ein 40:0 herausgeschossen hatte. Dennoch blieb Wimmer im Match, weil Lenzinger bei 5:3 verabsäumte, das Spiel auszuservieren. Wimmer zeigte Nervenstärke, servierte gleich zwei Mal gegen den drohenden Matchverlust, und somit musste der Tie-Break über den Finaleinzug beim 6. März-HTT-150-Turnier entscheiden. Dort hatte zunächst Wimmer den besseren Start. Er profitierte von einem Volleyfehler seines Gegners zum 1:0, legte mit einem Service-Winner zum 2:0 nach, und stellte nach einem selbst produzierten Doppelfehler per Vorhand-Kracher auf 3:1. Die Seiten wurden dennoch bei 3:3 gewechselt, weil Wimmer eine Slice-Rückhand ins Out schob, und Lenzinger auf einen völlig wahnwitzigen Netzangriff Wimmers mit einem sicher platzierten Vorhand-Passierball antwortete. Drei leichte Fehler des 49jährigen bescherten Wimmer dann bei 6:3 aber drei Matchbälle, die er mit zwei Aufschlägen realisieren hätte können. Doch kurzfristig ereilte Wimmer auch noch das Phänomen “Zitterhand”, dem schließlich ein zweiter Doppelfehler in diesem Tie-Break und ein völlig verunglückter Rückhand-Passierball geschuldet war. “Augen zu und durch”, unter diesem Motto verwandelte letzte Woche im Endspiel des März-HTT-500-Finales ein gewisser Christoph Beutler seinen Matchball mit einem Ass gegen Philipp Schneider. Und so ähnlich legte es auch Patrick Wimmer gestern Abend an, als er um exakt 23:45 Uhr und nach 2:25 Stunden Spielzeit mit einem “Alles oder Nichts-Vorhand-Return-Winner” seinen vierten Matchball erfolgreich verwandelte. Die geballte Faust zum Zeichen des Sieges, begleitet von einem Urschrei, der die ganze Anspannung von 145 höchst aufreibenden Minuten löste, schritt Wimmer dann ans Netz zum Shakehands, womit am Ende doch noch sowas wie “leichte Harmonie” zwischen den beiden Halbfinal-Protagonisten herrschte.

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Die Stimmen zum Halbfinal-Krimi beim März-HTT-150-Turnier 2014

“Also mein Ziel war, dass ich Kopf vor Körper diese Partie gewinne. Ich wollte intelligent spielen, nur habe ich es spielerisch nicht gebracht. Am Schluss hat sein Druck gesiegt. Aber ich habe die Partie selber im zweiten und dritten Satz ausgeschüttet”, analysierte der unterlegene Thomas Lenzinger, während sich Patrick Wimmer extrem über seinen gelungenen ersten Karriere-Halbfinal-Abend freute. “Das war eine arge Partie, ganz wild. Ich habe nie aufgegeben, wollte dieses Match unbedingt gewinnen. Ich habe um jeden Ball gekämpft, und das ist dann rausgekommen. Es war heute eine extrem schwierige Aufgabe für mich. Den ganzen dritten Satz immer hinten nach zu laufen war nicht einfach. Ich freue mich jetzt aber unheimlich, und ich bin überglücklich über diesen Erfolg”, strahlte Wimmer nach seinem bislang größten Karriere-Erfolg auf Single-Ebene.