Ein phänomenaler Triumph – durch Mamas Gnaden erst ermöglicht

Jungstar Lukas Prüger ist seiner – durch den sensationellen Semifinalsieg über Marlies Szupper entstandenen – Favoritenrolle im Endspiel des von Linz nach Wien verlegten HTT-500-Turniers voll gerecht geworden, und seit Dienstag Abend der insgesamt 209. Turniersieger der 23jährigen HTT-Geschichte. Der 15jährige vom Schwechater TC hat im Finale des 82. Saison-Turniers den um einen Masters-Startplatz kämpfenden Alexander Scheller in nur 80 Minuten mit 6:3, 6:2 abgefertigt, und ist mit seinem Premieren-Titel im HTT-Entry-Ranking auf Position Nr. 55 empor geschossen. Der unterlegene Alexander Scheller muss derweil nach drei HTT-250-Erfolgen weiter auf seinen ersten großen Titelgewinn warten. Als kleines Trostpflaster dienen freilich 300 Punkte für das Erreichen des Finales, die den 26jährigen Wiener wieder einen großen Schritt in Richtung Masters gebracht haben. Ein Bericht von C.L

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Klarer Titelgewinn hing an einem seidenen Faden und wie Mama Sabine ihr Veto gegen einen Turnierstart von Sohnemann Lukas aufhob

Der in phantastischer Manier errungene Premieren-Turniersieg des Lukas Prüger ist an einem seidenen Faden gehangen, und wäre um ein Haar so gar nicht zustande gekommen. Die späten Abendtermine und der nicht ohne Folgen gebliebene Sonntags-Doppelpack vom vergangenen Wochenende beim Oktober-HTT-500-Turnier, als Tour-Neuling Lukas Prüger nach einem Marathonsieg über Filip Markovic im Viertelfinale von Krämpfen geplagt gegen den späteren Turniersieger Philipp Schneider vom Platz getragen werden musste, waren für Mama Prüger Grund genug, ein Veto hinter den dieswöchigen Turnier-Auftritt ihres Sprösslings zu setzen. Erst nach einem klärenden Telefonat am Donnerstag Nachmittag, in dem Mama Sabine mit dem Tour-Veranstalter gewisse Bedingungen – was den zeitlichen Rahmen der Matches ihres 15jährigen Sohnes – aushandelte, hatte der neue Stern am HTT-Himmel grünes Licht für seinen grandiosen Auftritt erhalten. Nicht auszudenken, wenn sich Mama Prüger und der Tour-Organisator fünf Tage zuvor nicht einigen hätten können. Dann wäre die Hobby-Tennis-Welt um einen grenzgenialen Auftritt eines jungen Mannes gekommen, der in der Szene wie ein mächtiges Herbst-Gewitter eingeschlagen hat. Ohne Satzverlust und mit nur 12 abgegebenen Games und das gegen eine Gegnerschaft, die in Tenniskreisen der Stadt keineswegs als Laufkundschaft gilt, “erballerte” sich ein bis vor einer Woche völlig unbekannter 15jähriger den Ruf eines potentiellen Top-Ten-Kandidaten. Prüger schickte nacheinander den 3fachen Saisonsieger und die deutsche Nummer 2 Jan-Philip Toader, den müde wirkenden Ranglisten-Ersten Franz Mayrhuber, einen leider nicht ganz fiten Patrick Joksch, eine völlig überforderte Marlies Szupper und einen – zumindest am Finaltag – auch nicht konkurrenzfähigen Alexander Scheller in einer Art und Weise nach Hause, die der Konkurrenz ernsthafte Sorgen bereiten sollte.

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Alexander Scheller nach Hetzjagd zum Masters mit 24 Matches bei 8 Turnieren in den letzten 9 Wochen körperlich und geistig ausgebrannt

Der Jungstar vom Schwechater TC “prügelte” sich mit perfekter Grundlinientechnik und einem für sein Alter überaus ausgeprägten Aufschlag durchs Tableau, das einem aus Sicht der Kollegenschaft fast schon Angst und Bange werden musste. Das “besiegte Klientel” wirkte chancenlos, und selbst der seit Wochen in Topform agierende Alexander Scheller war im Endspiel des 82. Saisonturniers nicht in der Lage, dem heranstürmenden Emporkömmling die Stirn zu bieten. In einem speziell im ersten Satz weit hinter den allgemeinen Erwartungen gebliebenen Finale, kämpfte Scheller mit den körperlichen und geistigen Auswirkungen der bereits seit Wochen andauernden Hetzjagd nach einem Startplatz beim Masters Ende November im UTC La Ville. 8 Turniere mit 24 Matches absolvierte Scheller in den vergangenen 9 Wochen, eine unmenschliche Leistung, die nun langsam aber sicher ihren Tribut fordert. Offensichtlich wurde Schellers körperlicher und geistiger Einbruch im Finale gegen einen wuchtig und präzise agierenden Gegner, der freilich im Vergleich zu den Runden davor absolut nicht sein bestes Tennis zelebrierte.

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Alex Scheller mit zittrigen Beinen und der trügerische Blick auf die Match-Statistik

Doch Scheller war mit fehlender Beinarbeit und mangelnder geistiger Frische vom ersten Ballwechsel an nicht in der Lage, dem 11 Jahre jüngeren Kontrahenten entsprechend Paroli zu bieten. Ohne den gewohnt flinken Beinen, fehlte bei seinem Paradeschlag der Vorhand, das Timing und die Präzision, und mit der Rückhand konnte der Masters-Aspirant dem aufstrebenden Jungstar auch keinerlei Respekt einflößen. Trügerisch ist auch der Blick auf die Match-Statistik, die dem 26jährigen zwar 87 Prozent an ersten Aufschlägen bescheinigt, doch nur 44 Prozent an gewonnenen Punkten wenn dieser so oft kommende erste Aufschlag im Feld des Gegners landete, offenbaren deutlichst, dass Schellers “Erster” im achten Finale seiner Karriere nicht viel mehr als ein besserer Einwurf war. Prüger konnte nach Belieben returnieren, weil Scheller mit ärgsten Schmerzen und zittrigen Beinen keine Spannung beim Service aufbauen konnte. So musste der neue Ranglisten-Siebente gleich drei seiner vier Aufschlagspiele und damit den ersten Satz nach 40 Minuten mit 3:6 abgeben. Auch im zweiten Durchgang änderte sich nichts mehr am Bild. Prüger spielte ohne zu glänzen und “lediglich” den Aufschlag haltend seinen Part trocken runter, während Scheller mit dem frühen Break zum 0:1 und einem weiteren Service-Verlust zum 1:4 rasch die Weichen Richtung viertem verlorenen Karriere-Finale stellte.

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Die Stimmen zum großen Finale

“Es war heute sehr zäh für mich. Ich denke das wäre mit dem Lukas eine gute Partie geworden, aber diesmal gibt es nichts zu beschönigen. Er ist 15 Jahre alt, und ich bin wieder einmal bei einem Finale direkt vom Dienst und nach nur 4 Stunden Schlaf in der letzten Nacht in die Halle gekommen. Am Platz war ich dann richtig traurig, weil ich meinem Gegner absolut nichts entgegenzusetzen hatte. Ich bin geistig und körperlich voll am Ende. Dennoch habe ich alles probiert. Immerhin habe ich 300 Punkte für das Race to La Ville gemacht, und damit bin ich sehr zufrieden”, betonte der Finalverlierer. Die erste Pressekonferenz nach einem Titelgewinn absolvierte schon davor Lukas Prüger, und der erst 15jährige äußerte sich glücklich über den errungenen Premierentitel. “Ich habe eigentlich das ganze Turnier über super Tennis gespielt. Im Finale heute waren wir beide vielleicht nicht so stark. Wir haben sehr viele Fehler gemacht, aber es war auch nicht so leicht zu spielen heute. Ich freue mich aber trotzdem über die glatten Ergebnisse die ich im Verlauf des Turniers erzielt habe. Ich war heute schon ein wenig nervös vor dem Match, immerhin war es mein erstes Endspiel auf der Hobby-Tennis-Tour, und das ist was ganz anderes als ein Endspiel auf einem Jugendturnier. Und dazu hatte ich vor meinem Finalgegner sehr großen Respekt. Immerhin hat er den Florian Kopf im Achtelfinale geschlagen, und ich weiß, wie gut der Kopf Tennis spielen kann”, so der 15jährige, der sich auch zu weiteren Themen des Wochenendes äußerte. Zum Beispiel zum aktuellen Niveau auf der HTT: “Ich war sehr überrascht, über das hohe Niveau, das hier auf der Hobby-Tennis-Tour gespielt wird. Du kannst dir keine schlechte Leistung erlauben, sonst bist du auch schon mal in Runde 1 weg. Ich werde – wann immer es sich ausgeht – wieder auf der HTT mitspielen. Diese Turniere sind super organisiert, und alleine der Live-Ticker beim Finale ist einzigartig. Dazu taugt mir das ATP-System wahnsinnig”, so der frischgebackene HTT-500-Champion, der sich dann auch noch zum brisanten Thema Marlies Szupper äußerte: “Ich hatte am Montag im Semifinale gegen die Marlies einen argen Tag. Ich sehe das ein bißchen anders! Wenn ich keinen guten Tag erwischt hätte, dann wäre auch ein Sieg von ihr möglich gewesen. Durch mein schnelles Spiel ist sie eben nicht reingekommen in die Partie”, so der bescheiden und sympathisch wirkende Lukas Prüger.

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