Glänzend besetztes letztes Outdoor-WTB des Jahres

“Kinder wie die Zeit vergeht”! Es liegt gefühlsmäßig noch gar nicht so lange zurück, dass Shooting-Star Thomas Guem mit dem April-WTB-Turnier beim TK Eden überraschend jene Veranstaltung gewonnen hat, mit der die heurige Sandplatz-Saison Mitte April eröffnet wurde. Mittlerweile schreiben wir bereits Saisonturnier Nr. 44, und mit der seit Freitag Nachmittag angelaufenen 10. Auflage des Oktober-WTB-Turniers beim TC Terra Rossa ist das Finish der Sandplatz-Saison längst eingeläutet. Gleichzeitig neigt sich damit auch die Outdoor-Saison dem Ende entgegen, doch beim drittletzten Auftritt der Hobby-Tennis-Tour-Stars unter freiem Himmel wollen es Kramer & Co scheinbar noch einmal wissen. Ein glänzend besetztes Turnier, mit vollem Quali-Raster und einem prall gefüllten Hauptbewerb unterstreicht den Stellenwert, den die 40 Punkte-Veranstaltung beim TC Terra Rossa in Wien-Hernals in ihrem zweiten Jahr der Austragung genießt. Spannende Spiele und hochklassiges Hobby-Tennis sind daher garantiert, wenn bis einschließlich Dienstag die Jagd nach Titelverteidiger Markus Seitner läuft. Ein Bericht von C.L

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Gibt es im vierten Anlauf den ersten Heimsieg der Terra-Rossa-Stars?

“Ein phantastisch besetztes letztes WTB-Turnier im Freien”, waren sich die Protagonisten des ersten Spieltages am gestrigen Freitag einig. Ja, bei dieser 10. Jubiläums-Ausgabe des Oktober-WTB-Turniers wimmelt es ist in der Tat nur so von Hochkarätern. Dabei gilt die Nummer 1 des Turniers der Salzburger Titelverteidiger Markus Seitner in Expertenkreisen nicht einmal als Topfavorit auf den Titel und die 40 Race-Punkte. Gut und gerne ein Dutzend an Tourspielern scheint befähigt, das letzte größere Sandplatz-Event der Saison zu gewinnen. Es fallen dabei Namen wie Mayer, Kramer, Kova, Rath, Nagl, Kogler usw., nur der große Favorit aus “heimischer Sicht” der fehlt. Gibts beim vierten Turnier auf der Anlage des TC Terra Rossa endlich den ersten Heimsieg? Gleich zwölf “Rothemden” jagen an diesem ersten Oktober-Wochenende dem kleinen gelben Filz hinterher, doch wahrscheinlich nur einer kommt – wenn überhaupt – ins Gespräch, wenn das Thema Titelfavoriten unter den Spielern diskutiert wird. Die Rede ist von Thomas Peyerl, der die Hoffnungen des Hernalser Tennisclubs beim 10. Oktober-WTB-Turnier trägt.

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10. Sieg im 11. Spiel auf Terra-Rossa-Boden – Thomas Peyerl trägt heimische Hoffnungen

Ein aussichtsreiches Trio hätte es eigentlich richten sollen, den Heimsieg der Terra-Rossa-Stars beim Oktober-WTB-Turnier 2010. Vorallem der zuletzt in Überform agierende Perser Jan Ohanessi galt als die ganz große Hoffnung der Heimischen. Die asiatische Nummer 1 eilte in den vergangenen Wochen von Erfolg zu Erfolg, triumphierte beim August-WTB erstmals auf der Tour, prolongierte seine Topform mit dem Viertelfinaleinzug bei den “US Open der HTT” und eroberte zuletzt auch den Terra-Rossa-Clubmeistertitel. Doch aus dem mit Spannung erwarteten Heimspiel Ohanessis wid nichts, weilt der 28jährige doch seit Donnerstag für drei Wochen in den USA. Und weil Renee Glatzl mit einer schweren Verkühlung außer Gefecht ist, ruhen die Hoffnungen der Gastgeber nun auf den Schultern von Thomas Peyerl. Und mit dieser “Last” scheint der 26jährige – zumindest nach Runde 1 am Freitag Abend – ausgezeichnet zurecht zu kommen. Denn “Tom” ließ zum Auftakt gegen August-First-Series-Finalist Alexander Sterzl keinerlei Nervenflattern erkennen, und fertigte den ISFO-Star aus Favoriten mit 6:1, 6:4 deutlicher als erwartet ab. Die etwaige Belastung, nach den Ausfällen von Ohanessi & Glatzl nunmehr Hoffnungsträger Nummer 1 zu sein, schüttelte der 26jährige in der Night-Session am Centercourt perfekt ab. Ein gelungener erster Auftritt des Vorjahres-Halbfinalisten verlor nur kurzfristig im zweiten Satz an Glanz, als ihm der Zug am Schläger abhanden kam und Sterzl die Partie offener gestalten konnte. Zumindest solange, bis die Vereinspräsidentin Daniela Hinterkörner persönlich den Schritt an den Zaun machte, und die heißeste Aktie der Heimischen mit scheinbar perfektem “Coaching” endgültig auf die Siegerstraße brachte. “Ja die Dani hat mich quasi aufgeweckt und gemeint ich soll wieder auf die Bäle drauf gehen”, bestätigte Peyerl. “Denn eigentlich kann ich nicht zufrieden sein, weil ich im zweiten Satz nur noch herumgeschupft habe. Da fehlte mir plötzlich das Vertrauen”, so der Sieger, der auf der Terra-Rossa-Anlage bei Hobby-Tennis-Tour-Turnieren den 10. Sieg im 11. Match feierte. “Die erste machbare Hürde ist geschafft. Jetzt schauen wir in die Zukunft. Ich spüre zwar überhaupt keinen Druck, werde aber mein Bestes geben um für Terra Rossa einen Heimsieg zu holen”, zeigte sich Peyerl zuversichtlich und angriffslustig zugleich.

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Andreas Tolunay mit Dreisatzsieg über Werner Kovarik in die Quali gestartet

Und wer weiß, vielleicht geht mit dem Heimvorteil wirklich was, kann Peyerl in einem möglichen Semifinale mit dem heimischen Umfeld die nötigen Prozente herausholen, die ihm Insider absprechen wenn es um die Titelvergabe geht. Vorgemacht wie man den Heimvorteil perfekt nützt, haben es am gestrigen ersten Spieltag die Terra Rossa-Cracks in der Oktober-WTB-Quali. Gleich 9 der insgesamt 16 Qualifikanten die sich um die vier Plätze im Hauptbwerb bemühen sind “heimische Asse”, und sie haben mit einer Ausnahme am Eröffnungstag für einen äußerst erfolgreichen und gelungenen Auftakt gesorgt. Im einzigen Dreisatz-Match des Tages setzte sich beispielsweise Andreas Tolunay gegen Werner Kovarik in drei Sätzen durch. Der 17jährige, der heuer beim Juni-WTB sein Debüt feierte und dort gleich auf Anhieb das Achtelfinale erreichte, kämpfte den weitaus höher eingeschätzten Routinier unerwarteter Weise nieder. Weniger überraschend kam der Tolunay-Aufstieg wenn man einen Blick auf Kovariks persönliche Terra-Rossa-Bilanz wirft, immerhin kassierte der 36jährige am Freitag Abend beim vierten Antreten die dritte Auftakt-Niederlage. Im Vorjahr scheiterte Kovarik beim Oktober-WTB auch schon in der Quali, die Analyse des Tour-Evergreens zur erneuten frühzeitigen Schlappe fiel daher dementsprechend ernüchternd aus: “Ich bin sehr enttäuscht, es ist von Anfang an nichts gegangen. Ich habe einen rabenschwarzen Tag erwischt. Im Endeffekt hat der Andreas verdient gewonnen”, grantelte Kovarik, während sich Tolunay mit einem breiten Lächeln im Gesicht ziemlich erleichtert zeigte. “Ich bin sehr froh, beim Heimturnier weiter gekommen zu sein. Ich hatte diesmal ein relativ gutes Gefühl. Die Quali will ich überstehen, das war mein Ziel und vielleicht geht im Hauptbewerb ja auch noch eine Runde”, wälzte Tolunay eifrig Erfolgspläne.

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Rydl-Gala zum Auftakt am Centercourt – Gegner Vasiljevic regelrecht demontiert

Für viele Beobachter war es die erste ganz große Überraschung beim 10. Oktober-WTB-Turnier! Die Rede ist vom souveränst erzielten 6:2, 6:1 Erfolg des Lucas Rydl über Serbiens Slobodan Vasiljevic in Runde 1 der Qualifikation. Im Auftakt-Match am Centercourt galt der Terra-Rossa-Neuzugang im Duell mit Vasiljevic nämlich nicht unbedingt als der große Favorit. Im Gegenteil, hatte doch der 36jährige Serbe das bislang einzige Aufeinandertreffen der beiden Second-Series-Stars glatt für sich entschieden. In der zweiten Quali-Runde zum Mai-Super-4-Turnier 2010 gewann Vasiljevic mit 6:3, 6:2, am Freitag Nachmittag aber holte Rydl zum ganz großen Gegenschlag aus. Es war nicht nur das imposant ausgefallene Resultat, mit dem sich der 22jährige eindrucksvoll revanchierte, sondern die Art und Weise wie er sein Gegenüber an diesem frühen Abend spielerisch dominierte. Rydl geigte ganz groß auf, es war ohne Übertreibung eine würdige Centercourt-Gala und eine echte Demonstration seines Könnens. Der 3fache Grand-Slam-Sieger Mario Kiss bescheinigte heuer im Februar Rydl bereits große Fortschritte, doch wirklich abrufen konnte er seither sein bestes Tennis nicht mehr. Bis gestern, als er Slobodan Vasiljevic beim Quali-Auftakt zum chancenlosen Statisten degradierte. “Der Lucas hat einfach alles getroffen. Ich habe sowas noch nicht erlebt, und vorallem habe ich es ihm nicht zugetraut”, war der Unterlegene perplex. Rydl hingegen strahlte übers ganze Gesicht und lüftete im anschließenden Sieger-Interview auch sein Geheimnis. “Winning ugly von Brad Gilbert, dieses Buch lese ich seit kurzer Zeit und ich habe mir daraus einige Tipps abgeschaut. Ich habe mich heute zum Beispiel den ganzen Tag über mit meinem Gegner beschäftigt und überlegt was zu tun ist. Ich musste läuferisch zumindest gleich stark sein wie der Slobodan, und daher war ich ständig in Bewegung. Bei diesem Wetter geht das leichter, wenn es heiß wird aber wohl weniger. Das war heute sicher ganz entscheidend. Ein großer Vorteil war auch, dass ich vor vielen bekannten Gesichtern spielen konnte. Das gibt einem schon Sicherheit und Motivation vor eigenem Publikum zu spielen”, meinte Rydl.

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Basel Abdelmoneim und Tashi Liu können doch noch gewinnen

Nach fünf Erstrunden-Niederlagen in Folge reichte es am Freitag Abend für Basel Abdelmoneim endlich wieder einnmal für einen vollen Auftakt-Erfolg. Der Ägypter, der letztmalig beim August-Second-Series-Turnier in Runde 1 gegen Alfred Kallab erfolgreich blieb, fertigte diesmal seinen auf der Tour debütierenden Vereinskollegen Wolfgang Kehrer mit 6:1, 6:3 ab. “Der Basel hat enorm viel zurückgebracht und ist im Moment sicher stärker als ich”, resümierte der 26jährige in Linz geborene Newcomer vom TC Terra Rossa. “Ich habe das Match von der linken Seite versemmelt”, befand Wolfgang Zissler nach dem 2:6, 2:6 zum Auftakt der Qualifikation gegen Markus Posteiner und meinte damit seine Probleme mit dem Flutlicht, die ihm als Brillenträger zu schaffen machten. Keine Probleme mit der Sicht hatte hingegen Comebacker Luigi Sergi, der seine Rückkehr mit einem 6:0, 6:1 Kantersieg über Domenic Stangl krönte. Im Champions-Race sucht man Sergis Namen übrigens vergeblich, was gleichbedeutend ist, dass er heuer auf der Tour noch nicht im Einsatz war. Weitaus weniger als gewohnt schwang auch Asiens Nummer 2 Tashi Liu heuer sein Racket. Heftige und hartnäckige Schulter- und Armbschwerden machten ein konstantes Tennisspielen auf Wettkampfebene unmöglich, den Sandplatz-Abschluss beim TC Terra Rossa wollte sich der “Wimbledonsieger der HTT von 2002” aber nicht entgehen lassen. Zum Auftakt besiegte der 33jährige Asiate Martin Steinmayer mit 6:0, 6:4. Volles Risiko machte sich im ersten Durchgang bezahlt, als Liu mit “geborgtem Racket” in Händen nicht lange fackelte. Einen Gang zurückgeschaltet, kam Liu aber plötzlich in Not. Sein Gegenüber aus Niederösterreich hatte das Tempo angezogen, damit eine 4:1 Führung herausgeschossen und sich in Gedanken schon im dritten Satz gewähnt, als mit fünf abgegebenen Games das böse Erwachen folgte. “Ich hatte Probleme mit dem Flutlicht und nicht wirklich was gesehen. Im ersten Satz hat der Tashi alles getroffen. Da gab es keine Diskussion. Im zweiten Durchgang hat er mehr Fehler gemacht und ich leichter und mit mehr Drall gespielt. Bei 4:1 habe ich mich schon im dritten Satz gesehen. Das ist dann blöd gelaufen, ich ärgere mich sehr”, zog der 31jährige Bilanz.

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Starkes Tour-Debüt von Georg Lorber – Der 25jährige deklassiert Michael Pichler

Ein gelungenes Debüt feierte am Freitag Abend letztlich noch Georg Lorber. Der 25jährige Wiener vom SV Sozialministerium zerlegte bei seiner Tour-Premiere März-Second-Series-Sieger Michael Pichler mit 6:1, 6:2 und erreichte so locker das Achtelfinale des 10. Oktober-WTB-Turniers. Der Neuling überzeugte mit einer Wahnsinns-Konstanz und einer beeindruckenden Sicherheit bei seinen Grundschlägen. Damit hatte Lorber rasch das richtige Rezept zur Hand, um einem ungestüm angreifenden und massigst Fehler produzierenden Gegner das Heft aus der Hand zu nehmen. Dabei hatte sich Pichler im Vorfeld noch seinen “halben Heimvorteil” zu Nutze gemacht, und im benachbarten Club des TC Hrubesch trainiert. “Schade, das war eine katastrophale Vorstellung von mir. Die Vorhand ist überhaupt nicht gegangen, und der Georg war extrem sicher”, klagte der Unterlegene.

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Claus Lippert, 1. Oktober 2010