Bring your family am Juli-First-Series-Sonntag

Kaiserwetter über Simmering, mit einem strahlend blauen und wolkenlosen Himmel, der gestrige zweite Spieltag beim Juli-First-Series-Turnier 2010 war einer wie aus dem Bilderbuch. Kein Wunder, dass die Stars des 33. Saison-Bewerbs deshalb den sonnig warmen Sonntag unter das Motto “bring your family” stellten. Mario Scheday war mit Frau und Töchterchen Francesca da, Deutschlands einziger Juli-First-Series-Starter Richard Hepperle kam in Begleitung seiner Freundin, und auch Tour-Newcomer Gerhard Ganster durfte sich bei seinem abendlichen Viertelfinal-Auftritt am Centercourt weiblicher Unterstützung sicher sein. Sportlich gesehen, stand das 35-Punkte-Event beim TC Top Serve am Sonntag ganz im Zeichen der unerwartet starken “Comebacker” Michael Berger und Roman Ainberger, die sich bei ihrer Tour-Rückkehr souverän für das Halbfinale qualifizierten. Ebenfalls die Vorschluss-Runde beim fünften First-Series-Saisonturnier erreichten Titelfavorit Michael Kovar und März-Second-Series-Champion Michael Pichler. Das vorzeitige Aus ereilte hingegen den topgesetzten Markus Hobiger, der sich nach einem fast siebenstündigen Tennis-Marathon im Viertelfinale von seinen Titelträumen verabschieden musste. Ein Bericht von C.L

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Roman Ainberger erweist sich am ersten August-Tag als fiter und spielstärker als die Konkurrenz

Sie haben beide nicht einen einzigen Ranglistenpunkt, deshalb auch kein aktuelles Ranking und doch sind die beiden Comeback-Stars Michael Berger und Roman Ainberger die Männer der Stunde und das Gesprächsthema des zweiten Juli-First-Series-Spieltages. Zwei “Schwergewichte” der Szene die scheinbar ganz leicht durch das obere Juli-First-Series-Tableau schwebten und dabei die Konkurrenz ziemlich zersausten. Lediglich 5 Games gab dabei der ehemalige Ranglisten-Erste Roman Ainberger bei seinem “Doppelpack” in Richtung Halbfinale ab. Nach seinem eher verkrampften und wenig überzeugenden Erstrunden-Auftritt gegen Raimund Aigner, legte der 36jährige am gestrigen Sonntag einen Gang zu, und deklassierte nacheinander die Herren Rainer Martinu (6:3, 6:0) und Günther Leitner (6:0, 6:2). Vorallem der Kantersieg im Achtelfinale über Tour-Debütant Rainer Martinu überraschte doch. Weil der 24jährige der seit heuer in Diensten des TC Top Serve steht, trotz wenig berauschender Leistung am Vortag Markus Winter niederringen konnte, und man sich deshalb doch mehr vom Doppelpartner des Alexander Szele erwarten durfte. Doch in der prallen Mittagssonne am 2er-Courts des Gastgebervereins schmolzen Martinus Hoffnungen auf einen Platz im Viertelfinale von Game zu Game dahin. Bis 3:5 konnte der 24jährige die Partie mit dem 19fachen Turniersieger offen gestalten, danach ergab sich der Newcomer Hitze und Gegner praktisch wehrlos. Und während der eigentlich fiter als sein Gegenüber gehandelte Martinu schon auf dem Heimweg war, setzte der ehemalige Tour-Topstar Roman Ainberger am 3er-Court noch eins drauf. Der 100kg-Mann deklassierte Jänner-Second-Series-Sieger Günther Leitner mit 6:0, 6:2 und feierte im 178. Single-Match seiner Karriere den 128. Einzelsieg. Damit trennt den 36jährigen nur mehr ein Erfolg vom ersten Tourfinale seit November 2005.

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Dreimal 6:2, 6:0, Michael Berger marschiert bei Comeback nach 748 Tagen Pause konstant und eindrucksvoll ins Juli-First-Series-Semifinale

Gar nur vier Games überließ derweil Tour-Heimkehrer Michael Berger am Sonntag Nachmittag der staunenden Juli-First-Series-Konkurrenz. Der 43jährige, der sich ganze 748 lange Tage nicht auf der Tour blicken ließ, sorgte am gestrigen zweiten Spieltag mit einem imposanten Auftritt dafür, dass sein Comeback eines sein wird, über das die Szene staunen und diskutieren wird. Der 4fache WTT-Champion spielte in Achtel- und Viertelfinale groß auf, und ließ mit einer eindrucksvollen Vorstellung Beobachter und Insider des Circuits vergessen, dass er knapp über zwei Jahre nicht mehr im Rahmen der Tour aufgeschlagen hatte. Wie der Routinier zunächst Serbiens Slobodan Vasiljevic und eine Runde später auch den hoch eingeschätzten Tour-Newcomer Gerhard Ganser in die Schranken wies, ließ Erinnerungen an gute alte sowie höchst erfolgreiche Berger-Zeiten wach werden, und machte vorallem Lust auf mehr. Mit nur jeweils zwei abgegebenen Games fixierte Berger wie bei seinem bislang letzten Tour-Start im Juli 2008 einen Semifinal-Platz und im Duell mit Ganser zudem auch seinen 55. Karriere-Einzelsieg. “Drei Mal in Serie 6:2, 6:0 zu gewinnen habe ich auch noch nie geschafft”, strahlte Berger nach seinem souverän gestalteten Sonntag-Nachmittag, während Gerhard Ganser nach einem insgesamt recht gelungenen Tour-Debüt doch ein wenig geknickt wirkte. Ein fataler Fehler in der Vorbereitung auf das Viertelfinale gegen Berger kostete dem 27jährigen womöglich seinen Platz unter den Top 4.

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“Nur mit den Besten” – Tour-Newcomer Gerhard Ganser eröffnet neue Dimension in Sachen Tennistraining auf Hobby-Ebene

Weil sich der gebürtige Steirer untertags bei einem anderen Turnier verausgabte, war er im wichtigsten Match des Sonntags gegen einen in prächtiger Spiellaune befindlichen Gegner vorallem körperlich nicht in der Lage, entsprechend dagegen halten zu können. Dabei dürfte Ganser in Sachen Fitness angesichts seines Trainingsaufwands keine Probleme haben. Wie überhaupt der 27jährige im Bereich Training eine neue und ganz eigene Dimension auf Breitensport-Ebene eröffnet hat. Nicht nur in punkto Intensität mit 4 Einheiten pro Woche, sondern vorallem in Sachen “Qualität” hat Ganser einen ganz ungewöhnlichen, aber auch interessanten und beachtlichen Weg eingeschlagen. Der Tour-Neuling gibt sich nicht mit einem der unzähligen durchschnittlichen “Tennislehrern” ab, nein Gerhard will von den Besten Coaches des Landes lernen. Und darum “arbeitet” der Hobbyspieler vier Mal die Woche in der “TZI”, der “Tennis Zone International” von Wolfgang Schranz und Roland Berger. Dort ist Chris Prutsch einer seiner Trainer, den er vor zwei Jahren in Gleisdorf kennenlernte, und durch den er auch den Weg in jene Akademie fand, in der u.a auch Blaz Kavcic trainiert. “Für mich kommen nur die Besten in Frage”, stellte jener Mann fest, der aus der rund zweieinhalbtausend Seelen-Gemeinde Weinitzen nördlich von Graz den Weg in die Bundeshauptstadt fand. Dort darf er jetzt u.a auch mit Ex-ATP-Profi Werner Eschauer trainieren, womit ein steiler Ganser-Aufstieg auf der HTT fix scheint.

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“Stöhn-Monster” Markus Hobiger verzettelt sich gegen Second-Series-Spieler und muss nach sieben Stunden Tennis seinen Traum vom 2. Karriere-Titel abschreiben

Einen wahren Kraftakt hat am zweiten Spieltag des Juli-First-Series-Turniers der topgereihte Markus Hobiger abgeliefert. Imposant war, wie der 33jährige fast sieben Stunden aufopferungsvoll um seinen Traum kämpfte, um nach dem Februar-First-Series-Erfolg im Jahre 2008, endlich einen zweiten Karriere-Tour-Titel zu erobern. Beinahe sieben Stunden bei brütender Hitze und zwischen hoffen und resignieren, zwischen zuversichtlichen Momenten und gewohnten Szenen der brutalen Selbstkritik, der Sonntag Nachmittag am ersten August-Tag brachte wieder einmal die ganze Palette aus Hobis “Tennis-Repertoire”. Stöhnen, fluchen, pushen, schimpfen, jubeln, weinen, wenn der 33jährige aus Guntramsdorf über die Courts der Tour “hirscht”, dann ist immer was los. Hobiger “lebt” Tennis wie wenige Spieler im Circuit. Seine Person “polarisiert”. Viele halten ihn für einen Träumer, doch alle “lieben” sie ihn. Keiner stöhnt “on court” beim Versuch den kleinen gelben Filz zu erreichen, lauter und lustvoller als der Niederösterreicher, was Roman Riegler unlängst gar zu der Aussage, “gegen diesen Porno-Star” möchte ich nicht mehr spielen, verleitete. Am vergangenen Wochenende wollte sich das “Stöhn-Monster” den Traum vom zweiten Tour-Titel erfüllen, ein Unterfangen, das im Viertelfinale ein jähes Ende fand. Das Aus dort gegen Marhold-Bezwinger Michael Pichler besiegelte endgültig und vorallem ergebnistechnich Hobigers Abgang, doch die Weichen ins Abseits stellte der 33jährige am Sonntag Nachmittag schon viel früher. In Runde 1 “doktorte” die Nummer 1 des Turniers mit Second-Series-Spieler Martin Riegler beinahe drei Stunden herum, ehe er sich mit einem 4:6, 6:1, 6:4 für das Achtelfinale qualifiziert hatte. Für einen Spieler, der Masters-Ambitionen hegt, eine mittlere Katastrophe. Natürlich wehrte sich Riegler nach Kräften und angesichts seiner spielerisch beschränkten Möglichkeiten, mit Kampf und Einsatz bis zum letzten Blutstropfen. Das Hobiger gegen die Kampfmaschine aus Niederösterreich kein Rezept fand, um sich kraftschonend in Richtung Achtelfinale zu spielen, enttäuschte nicht nur den Betroffenen selbst. Nach der fast 180minütigen Tennisschlacht stand Hobi dann zwar doch noch unter den letzten 16, in Wahrheit hatte er jedoch knapp vor 15 Uhr längst alle Chancen auf den anvisierten Halbfinalplatz vergeben.

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Michael Pichler und Michael Kovar komplettieren das Juli-First-Series-Semifinale

Das Semifinale erreichte stattdessen Michael Pichler, der die Nummer 1 des Turniers im Viertelfinale mit 6:4, 6:4 in Richtung heimwärts und nach Guntramsdorf verabschiedete. “Nach einem guten Tag kommt bei mir meistens ein schlechter”, ließ der 25jährige Steirer nach seinem Samstag-Sieg über Gerald Marhold ausrichten. Nun dieses selbst gemalte Szenario verwirklichte sich aus Sicht Pichlers nicht, oder war Hobiger körperlich einfach zu angeschlagen und längst massiv angezählt als es am späten Nachmittag um ein halbfinales Ticket ging? Wie auch immer, Pichlers Vorstellung in einer wahren Break-Orgie genügte, um sich den topgereihten Hobiger vom Leib zu halten und die Frage nach seiner aktuellen Spielstärke wieder einmal aufzuwerfen. Immerhin ist der 25jähige aus Rottenmann Fixstarter beim Second-Series-Final und laut Eigenaussage gewillt, dort auch den Titel zu holen. “Außer ich verbessere mich jetzt über den Sommer noch weiter, aber da warten wir einmal ab”. Im Semifinale wird Pichler übrigens auf Michael Kovar treffen, der sich kaum gefordert in die Vorschluss-Runde spielte. Im Achtelfinale setzte der Mödlinger Sterzl-Bezwinger Marcus Weinwurm mit 6:2, 6:2 matt, und eine Runde später ließ er den rumänischen Second-Series-Spieler Rares Maftei mit einer Doppel-Null über die Klinge springen. Damit steht der Doppel-Olympiasieger von 2004 zum dritten Mal in dieser Saison in einem Semifinale der Hobby-Tennis-Tour.

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Rares Maftei aus Rumänien erreicht erstmals das Viertelfinale eines Tour-Bewerbs

Was tat sich sonst noch? Oben erwähnter Rares Maftei darf sich über den bislang größten Erfolg seiner jungen HTT-Laufbahn freuen. Der 28jährige erreichte erstmals ein Viertelfinale, und avancierte auf dem Weg dorthin zum echten Marathon-Mann. Nachdem der Second-Series-Spieler am Samstag schon Alexander Szele nach Verlust des ersten Satzes niedergekämpft hatte, gelang ihm dieses Kunststück auch 24 Stunden später gegen Marcus Fessel. Wieder musste der Rumäne Durchgang 1 abgeben, und abermals ging er nach drei Sätzen als Sieger vom Platz. “Der Rares macht halt gar nichts für das Spiel”, wusste der Unterlegene um die Gründe seines Scheiterns, während Maftei sich als Belohnung für den Viertelfinaleinzug am Centercourt die “Kür-Partie” gegen Topfavorit Michael Kovar “geben durfte”. Die anschließend eingefahrene Doppel-Null konnte freilich Mafteis glückliche Stimmungslage nicht mehr trüben. “Ich bin sehr zufrieden mit diesem Turnier. Ich werde immer stärker. Der Michael Kovar ist ein großartiger Spieler. Es hat Spaß gemacht gegen jemanden wie ihn spielen zu dürfen. Und ich denke, dass ich gegen ihn besser gespielt habe als gegen Szele und Fessel”, philosophierte der Rumäne.

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Claus Lippert, 2. August 2010