Faszination Mai-Grand-Slam hat uns wieder

Wenn aus den Top Ten der Hobby-Tennis-Tour die besten neun Spieler ausnahmslos am Start sind und nur die Nummer 10 verletzungsbedingt fehlt, dann ist das ein untrügliches Zeichen dafür, dass ein Grand-Slam-Turnier auf dem Programm steht. Und wenn dieses dann auch noch Mitte Mai in Szene geht, und fein aufgetragenes rotes Ziegelmehl als Unterlage dient, dann sind selbst die Stars der Szene für ein Wochenende lang höchst konzentriert und fokussiert. Kein Wunder, steht doch mit den “French Open” der Hobby-Tennis-Tour das größte, wichtigste und prestigeträchtigste Event des Jahres an. Kein Turnier im umfangreichen Tour-Kalender übt derart viel Faszination auf Spieler und Fans der Hobby-Tennis-Tour aus wie das Mai-Grand-Slam-Turnier in Simmering. Wer hier den Titel holt, wird mit einem Schlag zur ultimativen Allzeitgröße. Und seit gestern Nachmittag wird auf den Courts des Gastgeber-Vereins TC Top Serve bereits wieder eifrigst gerutscht. Ein Bericht von C.L

Italien-Juli-Turniere_05_20178.jpg

19. Auflage des Mai-Grand-Slam-Turniers mit 62 Spielern und 2 tollen Sponsoren

Ursprünglich war der Saison-Höhepunkt des Tour-Circuits ja für das letzte Mai-Wochenende geplant. Doch da der TC Top Serve am kommenden Weekend mit einem umfangreichen Programm zur Wiener Mannschafts-Meisterschaft aufwartet, war ein Turnier der Größenordnung “Mai-Grand-Slam” nicht durchführbar. Die Vorverlegung “kostete” dem größten Saison-Event zwar zwei Jubiläen (160. Turnier in der Leberstraße, 200. Turnier auf Sand), dennoch könnte die 19. Mai-Grand-Slam-Auflage eine ganz besondere werden. Mit “Heineken” & “3” hat der Sandplatz-Klassiker gleich zwei großartige Sponsoren, dazu mit 62 Teilnehmern ein sehenswertes Starterfeld, und in einem bislang viel zu kalten und feuchten “Wonnemonat Mai” vielleicht auch endlich das nötige Wetterglück. All das zusammen könnte ein Turnier der Superlative garantieren, hoffen Spieler und Fans.

Italien-Juli-Turniere_05_26294.jpg

“Böser Robert” siegt über “braven Robert” und über gut spielenden Patrick Meinhart

Traditionell erfolgt der Startschuss beim Mai-Grand-Slam-Turnier ja bekanntlich jeweils bereits am Donnerstag, so auch diesmal bei der 19. Auflage des 200-Punkte-Events. Bei kühlen und windigen Verhältnissen – das Thermometer zeigte gerade einmal schlanke 12 Grad an – wollte logischer Weise noch nicht wirklich die große “Grand-Slam-Stimmung” und die ganz spezielle Atmosphäre aufkommen. Dabei ging es durchaus hitzig zu, an diesem ersten mit fünf Matches vollgepackten Mai-Grand-Slam-Spieltag. So sorgte beispielsweise Robert Rath in seinem Auftakt-Match gegen Patrick Meinhart für aufregende Momente und eine weitere Kostprobe seiner sehenswerten Tennis-Show “der Mann mit den zwei Gesichtern”. Dem 2:6, 6:4, 6:4 Erfolg, der ihm ein siegreiches Major-Debüt bescherte, waren durchwachsene 105 Minuten am Centercourt vorausgegangen, in denen der 29jährige aus dem Marchfeld schlecht startete, siegreich finishte und als Höhepunkt sein Racket zu Kleinholz verarbeitete. Phasenweise demonstrierte Rath in diesem Mai-Grand-Slam-Erstrunden-Duell mit phantastischen Schlägen sein ganz großes Können, doch einmal mehr konnte der Niederösterreicher damit nicht von seinen mentalen Defiziten abenken. Rath-Matches werden regelmäßig zu einem Wettbewerb der beiden “Ichs”, die im 29jährigen schlummern und die beim Betreten eines Tennis-Courts pünktlich zum ersten Aufschlag in einen heftigen Wettstreit geraten. Der “brave Robert” gegen den “bösen Robert”, wobei sich immer öfter das “böse Ich” im 29jährigen in Szene setzt. Auch am Donnerstag Nachmittag, als Rath gegen Patrick Meinhart bei seinem Major-Debüt mit einem echten Fehlstart loslegte. Erst einmal mit einem Satz in Rückstand, hatte der April-WTB-Habfinalist den Nährboden für den “bösen Robert” bereitet. Mit Schimpf-Triaden und Schlägerwürfen hantelte sich Rath in Runde 2 und in ein weiteres Dilemma. “Zur nächsten Runde trete ich gar nicht mehr an. So macht das keinen Spaß. Ich wollte eigentlich gar nicht mitspielen, aber der Alexander Neuhauser hat mich dazu überredet. Ich kann mir das alles gar nicht erklären. Ich spiele ansonsten drei Klassen besser Tennis, aber wenn ich zu den Turnieren hier her komme, dann kann ich einfach nicht mein bestes Tennis abrufen”, polterte der 29jährige trotz Sieg und Aufstieg. Ganz anders Patrick Meinhart, der trotz zweiter Auftakt-Niederlage beim 5. Mai-Grand-Slam-Start gar nicht unzufrieden mit seiner Vorstellung war und sich über einen durchaus erkennbaren Aufwärtstrend freute. “Zu Beginn habe ich endlich wieder einmal annähernd so gespielt wie früher zu meinen besten Zeiten. Mir fehlt ein wenig die Spielpraxis, und derzeit fühle ich mich fast im Doppel wohler”, so der 19jährige.

Italien-Juli-Turniere_05_26295.jpg

Sascha Kogler nach 6:4, 6:3 über Thomas Peyerl der erste Sieger beim Mai-Grand-Slam

Der erste Sieger des Mai-Grand-Slam-Wochenendes heißt Sascha Kogler. Der 39jährige, der zuletzt zwei Erstrunden-Niederlagen in Serie kassierte, kehrte nach einer einwöchigen Pause in die Erfolgsspur zurück. Der Wiener zeigte sich gegen einen durchaus stark spielenden Thomas Peyerl einmal mehr in hervorragender körperlicher Verfassung und siegte nach knapp 80 Minuten nicht unverdient mit 6:4, und 6:3. Und während sich Kogler über eine gelungene Grand-Slam-Premiere freuen konnte, brachte das Mai-Grand-Slam dem Unterlegenen einmal mehr kein Glück. Bereits zum dritten Mal in Serie musste der 26jährige nach der ersten Runde unverrichteter Dinge heimreisen und die bittere Erkenntnis mitmehmen, dass ein Einzelsieg beim größten Sandplatz-Turnier der Tour durchaus ein schwierig zu realisierendes Unternehmen darstellt. Dabei legte Peyerl furchtlos, ambitioniert und durchaus spektakulär agierend los. Und womöglich hätte aus der raschen Führung zu Beginn des ersten Satzes weit mehr herausgeschaut, wenn ihm mit Sascha Kogler nicht ein extrem zäher Kämpfer und Beißer gegenüber gestanden wäre. Doch wenn sich der bald 40jährige in eine Partie zu verbeißen beginnt, dann wird es für jeden Gegner richtig unangenehm. Dementsprechend locker nahm der unterlegene Thomas Peyerl das frühe Aus: “Ich bin trotzdem sehr zufrieden. Ich habe heute gar nicht schlecht gespielt. Auf dieser Leistung kann man aufbauen. Ein Platz unter den Top 20 im Champions-Race ist mein Ziel und durchaus möglich”, so der 26jährige.

Italien-Juli-Turniere_05_26286.jpg

Roman Riegler “zerbricht” an skandinavischem Eisberg Nicklas Iversson

Es war nicht unbedingt der Tag der heimischen Cracks vom Gastgeber-Verein TC Top Serve. Denn neben Patrick Meinhart und Thomas Peyerl, musste sich mit Roman Riegler auch der dritte am Eröffnungstag im Einsatz befindliche Akteur des Simmeringer Tennisclubs vorzeitig verabschieden. Und nach seiner 2:6, 6:2, 2:6 Niederlage gegen “Wikinger” Nicklas Iversson stapfte der gebürtige Linzer richtig frustig in die Umkleide. Einen echten Rückschritt will Riegler in den vergangenen Monaten bei sich ausgemacht haben, womit er als einzige echte Konsequenz eine längere Tennispause als Lösung gefunden haben will. Schlechter oder schwächer ist der 27jährige Oberösterreicher in den letzten Wochen und Monaten mit dem Racket in Händen definitiv nicht geworden, doch aufgrund des Umstandes, dass der September-First-Series-Sieger sich und seine Leistungen nur über positive Resultate definiert, verwundern Frust und Ärger angesichts der dritten Auftakt-Pleite in Folge nicht wirklich. “Hätte ich nicht ein Tour-Abo gekauft und schon bezahlt, dann würde ich jetzt ganz sicher eine längere Pause einlegen. Ich habe zur Zeit auf der Tour überhaupt nichts verloren”, schimpfte Riegler, während sich Iversson bei perfekten “nordischen Verhältnissen” pudelwohl fühlte. Der schwedische Tourbeitrag spulte sein erstes Karriere-Major-Spiel “skandinavisch cool” ab, und darf sich nun im Duell mit dem Sieger des Geschlechter-Treffs zwischen Markus Hobiger und Orsolya Riesz sogar Hoffnungen auf einen Achtelfinalplatz bei den “French Open der Hobby-Tennis-Tour” machen.

Italien-Juli-Turniere_05_26292.jpg

Markus Fessel – Ein Second-Series-Spieler der auf Sand noch ungeschlagen ist

Unglaublich aber war! Ein Second-Series-Spieler der auf Sand noch ungeschlagen ist! Gibt es sowas überhaupt? Ja, mit dem Wilhelmsburger Markus Fessel gibt es tatsächlich so ein seltenes Exemplar. Der 26jährige Niederösterreicher ist auf den sandigen Courts des TC Top Serve bei 6:0 Siegen wirklich noch unbesiegt. Unglaublich auch, welch eklatanter leistungsmäßige Unterschied bei Fessel zu Tage tritt, wenn er statt dem Hallenteppich den roten rutschigen Untergrund unter den Füßen spürt. Einen weiteren Beweis dafür lieferte der April-Second-Series-Halbfinalist bei seinem Major-Debüt, wo er den höher eingeschätzten und Grand-Slam-erprobten Peter Wenitzky in zwei Sätzen aus dem Bewerb beförderte. Der Zwölfaxinger, der in seinem 98. Turnier so wie im Vorjahr auf eine zweite Runde hoffte, sorgte in seinem 142. Karriere-Single nur einmal für allgemeines Aufsehen, nämlich als er “böse überknöchelnd” mit schmerzverzerrtem Blick zu Boden stürzte. Wie ein Bahnschranken fiel der Niederösterreich um, wodurch Augenzeugen zunächst eine schwerere Verletzung befürchteten. Doch nach einer kurzen Verschnaufpause und einem Fitness-Check ging es in altbekannter Wenitzky-Art munter weiter, direkt hinein in eine unnötige Auftakt-Pleite. Einmal demonstrierte “Peterle”, dass er mit schupfenden Second-Series-Kollegen so seine liebe Not und absolut kein Rezept gegen das ihm so verhasste “hoch & langsam” Tennis besitzt. Fessel hingegen hat sich mit einer weiteren couragierten Vorstellung ein Duell am Centercourt mit dem 3fachen Saisonsieger Thomas Guem erkämpft. “Der Guem ist der Shooting-Star des Jahres, aber ich freue mich auf das Match mit ihm. Von solchen Leuten kann ich nur profitieren”, erklärte Fessel. Na dann, auf in Runde 2 und die Momente mit dem Champions-Race-Dritten in vollen Zügen genießen.

Italien-Juli-Turniere_05_26293.jpg

Unbehagen bei Thomas Müller – zum Auftakt wartet Aufschlag-Monster Andi Fegerl

Alles andere als ein echter Genuß war wohl der Mai-Grand-Slam-Erstrunden-Auftritt für Gerald Marhold. Der Mai-GP-Halbfinalist musste sich eine Woche nach dem Erreichen der Vorschluss-Runde bei der “Major-Generalprobe” gleich in Runde 1 gegen Andreas Fegerl geschlagen geben. Mit 2:6, 1:6 setzte es obendrein eine echt deftige Klatsche, mit der man so in diesem Ausmaß gar nicht rechnen konnte. Ok, Fegerl ist wohl einer der unberechenbarsten Zeitgenossen im Circuit, doch gerade deshalb hatte man Marhold dem soliden Sandplatz-Künstler ganz gute Chancen gegen das über zwei Meter große Aufschlag-Ungeheuer eingeräumt. Doch mit nur drei gewonnenen Games, wurde der Donnerstag Abend zum frustigen Momentum für den Akteur vom Freizeitpark 21. “Das waren heute auch überhaupt nicht meine Bedingungen”, fluchte Marhold, während sich Fegerl schon Gedanken über sein Zweitrunden-Duell mit dem “Wimbledonsieger der HTT” Thomas Müller machte. “Das wird eine andere Nummer, aber ich freue mich schon sehr darauf”, so der 26jährige aus Maria Ellend. Und auch sein nächster Gegner Thomas Müller zeigte sich am Vorabend des Duells im Gespräch mit Tour-Veranstalter Claus Lippert vorsichtig und gewarnt. “Da heißt es aufpassen. Wenn der Fegerl einen Lauf bekommt, dann kann er durchaus gefährlich werden”, so der Ranglisten-Zweite. Ein Lied davon kann Robin Douglas singen, der beim April-WTB-Turnier 2008 in Vösendorf in Runde 1 im Kugelhagel des Aufschlag-Riesen unterging.

Italien-Juli-Turniere_05_19961.jpg

Claus Lippert, 21. Mai 2010