68 Spieler aus 9 Nationen beim ersten Outdoor-Saison-Double

Mit einem sensationellen und nie und nimmer erwarteten Teilnehmerfeld geht an diesem Wochenende die erste Doppel-Veranstaltung der Freiluftsaison 2010 in Szene. “Grand-Prix & Second-Series” an einem Ort und zur selben Zeit, diese Kombination lockte 68 Damen und Herren aus 9 Nationen zum Auftakt der Sandplatz-Turnier-Serie beim TC Top Serve in der Leberstraße. Das Haupt-Event des zum zweiten Mal stattfindenden “Doubles” war bislang das April-Grand-Prix-Turnier, das mit seiner bereits 19. Auflage mittlerweile eine echte Traditions-Veranstaltung ist. Erst zum 4. Mal gehen hingegen “Szele & Co” beim April-Second-Series-Turnier auf Punktejagd. In Sachen Teilnehmer haben die “Stars aus der zweiten Reihe” allerdings längst aufgeschlossen zu den Assen der Tour. Jeweils 32 Spieler füllen die beiden Tableaus, womit sich die Second-Series-Spieler längst nicht mehr verstecken müssen. Ein Bericht vom 1. Spieltag von C.L

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Generalprobe für die “French Open der HTT” und der Wettlauf zum “Top-12-Final”

Zum Auftakt der Sandplatz-Saison in Simmering stehen beide Veranstaltungen der Hobby-Tennis-Tour für deren Protagonisten unter einem ganz speziellen Motto. Während für die Stars des April-Grand-Prix-Turniers rund um Titelverteidiger Christoph Mayer das 80-Punkte-Event als erste echte aussagekräftige Vorbereitung auf die Ende Mai stattfindenden “French Open der HTT” dient, steht für die Helden des April-Second-Series-Turniers rund um Vorjahressieger Friedrich Pliemitscher natürlich einmal mehr das brisante “Race to the final” im Mittelpunkt des Interesses . Wer holt sich der vierten Second-Series-Saison-Titel und damit ein Fix-Ticket für den abschließenden Showdown der Top 12 Anfang Dezember im Tennispoint Vienna?

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Nihad Berzengi verliert sein 190. Karriere-Single gegen Titelverteidiger F. Pliemitscher

Und der Eröffnungstag am gestrigen Freitag stand dann zunächst auch ganz im Zeichen der Second-Series-Stars. Wie erwartet ging es in allen vier Matches zur ersten Hauptrunde knapp, und spannend zu, in drei Spielen sogar über die volle Distanz von drei Sätzen. Gleich zum Auftakt kam es dabei zu einem echten Schlagerspiel zwischen zwei Herren die wissen, wie man dieses Turnier gewinnt. Der April-Second-Series-Champion von 2007 Nihad Berzengi gegen den Vorjahresgewinner Friedrich Pliemitscher, ein erster echter Kracher in einem von aussichtsreichen Sieg-Kandidaten gespickten Feld. Nach knapp über zwei Stunden hatte der Titelverteidiger mit 3:6, 6:0, 6:4 im wahrsten Sinne des Wortes den “längeren Atem” und mit seinem fünften April-Second-Series-Einzelsieg in Folge das Achtelfinale erreicht. Vorallem im Finish spielte der kampfkräftige Routiner seine konditionellen Vorteile aus, während Berzengi auch beim zweiten Second-Series-Saison-Start seine körperlichen Mängel schonungslos aufgezeigt wurden. Das Essen scheint dem 19jährigen nach wie vor zu schmecken, doch während es mit den Kilos stetig “bergauf” geht, gehts mit seinem spielerschen Niveau weiter “bergab”. Zwei Second-Series-Turniere konnte Berzengi in seiner Karriere gewonnen, mit den Titeln und einer explosiven Leistungssteigerung nahm der junge Wiener im Sommer 2008 aber Abschied aus der letzten Turnierklasse. Anno 2010 ist Berzengi wieder ganz unten angekommen und dort noch nicht einmal im Stande, um den Titel ein ernstes Wörtchen mitreden zu können. Was bleibt nach der bitteren Niederlage im 190. Single-Match seiner Karriere ist die Hoffnung, dass er im Doppel an der Seite von Marcus Rotter seine Klasse ausspielen kann.

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Marcel Pliemitscher suchte sich seinen Bezwinger selbst aus

Mit dem erfolgreichen Start ins “Unternehmen Titelverteidigung” hat Friedrich Pliemitscher am ersten Spieltag auch die Familienehre gerettet. Denn eine Stunde zuvor, musste sich Sohnemann Marcel völlig überraschend in Runde 1 geschlagen geben. Der 16jährige rutschte am Centercourt gegen Ersatzmann Jakob Kerschenbauer aus, der kurzfristig für den erkrankten Markus Posteiner einsprang. Dem souveränen 6:2, 6:4 Erfolg des 17jährigen ging allerdings eine kuriose Geschichte voraus. Weil Markus Posteiner wie erwähnt zu Mittag wegen einer Krankheit absagen musste, sein Start aber schon bezahlt war, nahm der Veranstalter Kontakt mit Marcel Pliemitscher auf. Er könne seinen Onkel Kurt oder seinen Freund Horst Gfeller “einladen” um sich für den weiteren Turnierverlauf mit Matchpraxis in Schuss zu bringen. Schon wenige Minuten später “piepste” das Veranstalter-Handy, wo Marcels SMS die Teilnahme von Jakob Kerschenbauer ankündigte. Jenen Jakob Kerschenbauer hatte sich Pliemitscher also ausgesucht, den er in unzähligen Trainingsmatches in der Leberstraße schon geschlagen hatte, zuletzt am Tag zuvor, wo Marcel mit 6:1, 6:5 führte, ehe die beiden Juniors wegen Dunkelheit ihr Trainings-Duell abbrechen mussten. Pliemitscher wird sich seiner Sache also ziemlich sicher gewesen sein, zumal da ja auch noch ein Erlebnis aus dem vergangenen September war. Richtig, Marcel war jener junge Mann, der hier beim TC Top Serve im vergangenen Herbst das bislang letzte Second-Series-Turnier auf Sand gewonnen hatte. Eineinhalb Stunden nach dem ersten Aufschlag war der “Teen-Hit” am Centercourt aber mit einer bösen Überraschung für den amtierenden September-Second-Series-Champion zu Ende gegangen. Im Unterbewusstsein dürfte der 16jährige seinen Club-Kollegen unterschätzt haben. Denn bei Marcel fehlte die Körperspannung und die gewohnte Agrressivität, mit der er sonst zu Werke geht. Was fatale Auswirkungen hatte, zumal sich auf der anderen Seite des Netzes ein agiler und äußerst spielfreudiger Gegner aufbaute. Schlank und rank, bis in die Zehenspitzen motiviert und mit einer großartigen spielerischen Vorstellung, bot der älteste Kerschenbauer-Spross erstmals jene Leistung, auf die man schon seit Jahren wartet. Der Sieg hätte sogar noch höher ausfallen können, wenn Kerschenbauer im Finish nicht zu lässig agierte hätte. Jetzt winkt sogar ein ähnlich gutes Resultat wie im Jahr 2008, wo Jakob bis ins Semifinale stürmte.

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Titelverteidiger Christoph Mayer deklassiert März-Super-Finalist Michael Karner

Was tat sich sonst noch am ersten Spieltag des April-Second-Series-Turniers? Friedrich Böck erreichte mit einem 1:6, 6:4, 6:1 Erfolg über Günter Zack das Achtelfinale, wobei dem Unterlegenen nach starkem Beginn am Ende ganz ordentlich die Kräfte ausgingen. Ebenfalls in drei Sätzen sicherte sich Jänner-Second-Series-Champion Günther Leitner einen Platz unter den letzten 16 des Turniers. Der 27jährige kämpfte Ägyptens Basel Abdelmoneim mit 4:6, 6:3, 6:4 nieder und darf weiter vom zweiten Second-Series-Titel seiner Karriere träumen. Kommen wir nun zum Auftakt des 19. April-Grand-Prix-Turniers, der auch einige ganz heiße Erstrunden-Duelle zu bieten hatte. Der Kurz-Auftritt von Titelverteidiger Christoph Mayer, der März-Super-4-Finalist Michael Karner mit 6:0, 6:1 vernaschte und dem jungen Stockerauer schmerzvoll in Erinnerung brachte, dass die Hartplatz-Saison vorüber ist, ging fast genauso unter, wie der glatte Erstrundenerfolg von August-Super-4-Finalist Mark Frei, der gegen Alexander Sterzl mit 6:2, 6:2 problemlos das Achtelfinale erreichte. Auch den beiden Centercourt-Partien fehlten die glanzvollen und spannenden Momente. Stefan Rieger “erbte” gegen einen am Rücken stark gehandicapten Ewald Derflinger einen nicht mehr für möglichen gehaltenen Erstrunden-Erfolg und durfte sich trotz 1:5 Rückstand im entscheidenden dritten Durchgang über Sieg und Aufstieg freuen. Beim dritten Tour-Start zum dritten Mal die erste Runde überstanden, mit dieser Bilanz konnte Newcomer Sascha Kogler am Freitag Abend die Heimreise antreten. Nach seinem 7:5, 6:3 Erfolg über Christoph Kramer möchte der 39jährige jetzt aber mehr. “Ich denke das Semifinale ist machbar und das möchte ich an diesem Wochenende auch erreichen”.

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Christoph Kramers Rekordjagd endet mit nächster Auftakt-Pleite

Dieses von Kogler angepeilte April-Grand-Prix-Semifinale hat Christoph Kramer in seiner Karriere insgesamt 3 Mal, nämlich in den Jahren 2000, 2007 und 2008 erreicht. Doch die Gegenwart im Hause Kramer sieht derzeit weitaus weniger rosig aus. Es läuft so gar nicht mehr beim 27jährigen, der nur eine Woche nach dem schmerzvollen Erstrunden-Aus beim TK Eden gegen Tina Weiss den nächsten Rückschlag einstecken musste. Der Wahl-Niederösterreicher fand auch am Centercourt des TC Top Serve nicht zurück zur Vorjahresform, mit der er 2009 für Furore sorgte. “Der Christoph hat letztes Jahr am besten gespielt”, erkannte draußen im Publikum auch Rotter-Coach Josef Herman. Ja, die Kramer-Krise ist nicht mehr wegzuleugnen. Beim 11. April-GP-Antreten scheiterte er erstmals in Runde 1, und mittlerweile gerät der Neo-Leopoldsdorfer immer mehr in die Kritik. Sein “Rekord”, immerhin spielte der 27jährige am Freitag Nachmittag sein 88. Turnier ohne Unterbrechung sorgt bei der Kollegenschaft immer mehr für Kopfschütteln. Aus Bewunderung für eine einzigartige Leistung ist mittlerweile Unverständnis geworden. Die Kollegen fragen ich, warum sich der Ranglisten-Fünfte auf seiner Rekordjagd keine Pausen mehr gönnt und stattdessen immer tiefer in die Krise schlittert. Dabei geht es weniger um körperliche Probleme als vielmehr um den mentalen Bereich. Kramers Antwort. “Ich freue mich jede Woche auf die Turniere, warum sollte ich da pausieren”.

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Guem nach Sieg über Müller auf Sand weiter ungeschlagen und Kova vergibt gegen Masterssieger Mayrhuber einen Matchball und die durchaus mögliche Sensation

Auf einer Welle des Erfolges schwimmt derzeit hingegen Thomas Guem. Der Tiroler, der sich am vergangenen Dienstag den April-WTB-Titel holte, setzte seinen Siegeslauf auch am ersten Spieltag des April-GP-Turniers fort. Der Shooting-Star aus Tirol kippte mit einem 6:4, 7:6 Erfolg die Nummer 1 des Turniers Thomas Müller aus dem Bewerb und bleibt mit seinem sechsten Einzelsieg in Serie auf Sand weiter ungeschlagen. “Es war verdammt schwierig bei diesen Verhältnissen Druck zu machen”, konstatierte der gescheiterte Ranglisten-Zweite, der nunmehr im Head to Head gegen Guem mit 1:2 zurückliegt. Das Spiel des Tages war aber ganz sicher die Partie zwischen Masterssieger Franz Mayrhuber und dem krisengebeutelten ehemaligen Ranglisten-Ersten Martin Kova. Einen Tag nach seinem 27. Geburtstag und in einer Phase der allgemeinen Krise musste der 15fache Gewinner von Sandplatz-Tunieren ausgerechnet gegen Olympia- und Masterssieger Franz Mayrhuber auf den Platz. In der Früh ging auf der Tour-Homepage ein Artikel über den Jahrestag seines letzten Turniersieges “online”, mit einem Titelbild dazu, welches in der Szene für gehörig Aufsehen sorgte. “Das alles läßt einen nicht kalt. Kovas Geschichte berührt”, meinte am Freitag Nachmittag Mama Sterzl und ergänzte weiter. “Ich war dabei, als er im September 2008 gegen Thomas Müller 6 Matchbälle für seinen 30. Turniersieg vergab. Ich würde ihm einen Erfolg so gönnen”. Ja, aus der einstigen Neidgenossenschaft mit der Kova in seiner Glanzzeit zu kämpfen hatte, ist Mitleid geworden. Und mittlerweile ist Martin zum sentimentalen Favoriten vieler Menschen aus dem Umfeld der Hobby-Tennis-Tour avanciert. Und dieses Image polierte Kova am Freitag Nachmittag einmal mehr kräftigst auf. Am Ende nach knapp über zwei Stunden Spielzeit hatte Kova seiner Karriere den nächsten bitteren Mosaikstein beigefügt. Das er just beim April-GP-Turnier – also dort wo er 2006 seinen bislang letzten Titel holte – mit Erfolg Nr. 30 aus der Krise finden würde, wäre zwar ein traumhaftes Märchen gewesen, daran glauben wollte freilich niemand. Aber Kova hätte just an jenem Tag, wo er per “Tour-Medien” an seine Krise erinnert wurde, ein kräftiges Ausrufezeichen setzen können. Denn ein Auftakt-Erfolg über Masterssieger Franz Mayrhuber lag im Bereich des Möglichen. Ja mehr noch, eigentlich war die Sensation des Eröffnungstages zum Greifen nahe. Kova führte im dritten Satz eines zerfahrenen und hektischen Matches mit 5:3 und er fand wieder einmal Matchball vor. Diesen setzte er aber am Netz per Volley ins Out, wodurch am Ende Mayrhuber mit 6:3, 4:6, 7:5 ins Achtelfinale einzog, während Kova mit der sechsten Erstrunden-Niederlage in Folge seine Krise prolongierte. “5cm haben heute gefehlt”, meinte Kova angeschlagen. Ja es scheint wirklich wie verhext!

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Claus Lippert, 24. April 2010