Christoph Kramer bleibt nach Auftakt-Niederlage weiter Masters-Punktelieferant

Der erste Masters-Auftritt des großen Titelfavoriten Patrick Wiesmühler hat am Freitag Abend den erwartet souveränen Erfolg des 19jährigen gebracht. Der Jungstar vom ASVÖ Wien überzeugte bei seiner Premieren-Vorstellung im Rahmen des Saisonfinales am Altmannsdorfer Ast mit einem 6:3, 6:3 Erfolg über den US-Open-Champion der HTT Christoph Kramer, und untermauerte in nur 76 Minuten seinen Anspruch, erster Titel-Aspirant beim 80. Saison-Turnier im UTC La Ville zu sein, während Kramer seine negative Masters-Bilanz mit einer weiteren Niederlage “aufpolierte”. Im zweiten Spiel des gestrigen Abends fegte Vorarlbergs Nummer 1 Markus Kurzemann im Schnelldurchgang und in nur 54 Minuten, Kramers Vorgänger als “US Open-Champion” Franz Korger vom Platz. Der 6:3, 6:0 Sieg Kurzemanns war allerdings begünstigt durch einen am Knie gehandicapten Gegner, der als Konsequenz aus seiner vierten Masters-Niederlage in Serie, seine weitere Teilnahme am Saisonfinale der Top 8 absagte. In Gruppe A kommt daher für die beiden verbleibenden Gruppen-Matches der amtierende November-Masters-Series-1000-Champion Renee Glatzl zum Zug. Ein Bericht von C.L

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Patrick Wiesmühler rettet mit seinem Laptop die Live-Übertragung des zweiten Masters-Spieltages

Renee Glatzl, ehemaliger Terra-Rossa-Jungstar und vor wenigen Wochen Sieger des November-Masters-Series-1000-Turniers im UTC La Ville, kommt also beim Masters 2012 zu seinem Auftritt, und hat mit zwei Einsätzen für den verletzt absagenden Franz Korger sogar die Chance, sich für das Semifinale zu qualifizieren. Wie gut also, dass Turnierleiter Claus Lippert das Thema Ersatzmann im Vorfeld der Veranstaltung ernst genommen hat, und für stets parat stehenden Ersatz gesorgt hat. Tja, und eigentlich hätte der Tour-Veranstalter vorsichtshalber auch darauf achten müssen, dass beim technischen Equipment rund um das Saisonfinale auch austauschbarer Ersatz bereit liegt. Denn am gestrigen Freitag knapp vor 19 Uhr und Minuten bevor der zweite Spieltag beim 23. Babolat-Masters 2012 in Szene hätte gehen sollen, streikte plötzlich das Ladekabel beim Laptop des Tour-Verantwortlichen. Daheim an den Computern warteten die Fans der HTT vergeblich auf den Live-Ticker, wie SMS-Anfragen am Handy Lipperts belegen. Und weil im ganzen UTC La Ville kein Laptop aufzutreiben war, avancierte Patrick Wiesmühler zum “doppelten Helden” des Abends. Denn bevor der 19jährige ASVÖ-Star gegen Christoph Kramer auf sportlichem Weg seine Favoritenstellung mit einem klaren 6:3, 6:3 Erfolg unterstreichen konnte, düste er im Auto des Veranstalters zu sich nach Hause, und brachte binnen einer halben Stunde seinen Laptop in die Halle. Und so ging mit rund einer Stunde Verspätung der zweite Masters-Spieltag doch noch – und vorallem LIVE – in Szene.

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Wiesmühler mit exzellenter Tenniskunst und der ein oder anderen künstlerischen Pause

Nachdem sich der an Nummer 2 gesetzte Christoph Kramer und die Nr. 6 des Turniers ein “zweites Mal” eingespielt hatten, bestätigte Wiesmühler in 76 Minuten, warum er von Szene-Kennern und Insidern als der ganz große Favorit auf den 23. Masters-Titel der Hobby-Tennis-Tour-Geschichte gehandelt wird. Technisch und spielerisch hat auf dem Opti-Court-Belag des UTC La Ville keiner der acht – bzw. mittlerweile ja neun Starter mehr zu bieten als der 19jährige. Ein ums andere Mal verzückte er das Publikum mit exzellenter Tenniskunst und phantastischen Winner, denen Kramer nur staunend hinterher blicken konnte. Warum die Konkurrenz aber nicht in Ehrfurcht erstarren, und sich vorzeitig geschlagen geben muss, bekam man in den 76 Minuten der Wiesmühler’schen Masters-Premiere auch zu sehen. Der 19jährige leistete sich immer wieder auch mal seine künstlerischen Pausen, in denen er sich dann so gar nicht mehr vom Rest des Feldes abhebt. Ja, selbst Christoph Kramer hatte am Freitag Abend viele Chancen und Gelegenheiten, weitaus mehr Games im Duell mit dem Titel-Favoriten an Land zu ziehen. Aber schön der Reihe nach! Wie stark Wiesmühler von der Grundlinie zu spielen im Stande ist, demonstrierte er bereits im Eröffnungs-Game, das er trotz zweier Doppelfehler – und ohne über Einstand zu müssen – für sich entschied. Gleich im Folge-Game stellte Wiesmühler die Weichen dafür, dass er nicht wieder in so einen mühsamen Kampf wie beim ersten direkten Duell der beiden Tourstars verwickelt werden würde. Damals vor fast zwei Jahren im Februar 2011 war es, als Wiesmühler als aktuelle Nr. 255 von Österreich auf die Tour kam, und sich erst nach einem richtig engen Dreisatz-Match über Kramer hinweg ins Achtelfinale des Februar-Masters-Series-1000-Turniers setzte.

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Kramer muss ersten Satz nach 41 Minuten mit 3:6 abgeben

Ein ähnliches Szenario wollte der Olympiasieger von 2011 diesmal tunlichst vermeiden, und so war sein Anfangsbemühen – rasch für klare Verhältnisse zu sorgen – nur zu gut zu vestehen. Kramer wiederum hatte die zuvor angesprochenen Möglichkeiten auf ein “Mehr” an Games, bereits in seinem ersten Aufschlagspiel, das er erst nach vergebenen zwei Spielbällen seinem Gegner überlassen musste. Damit war der Wiesmühler-Express aber so richtig in Fahrt gekommen, und wenn ein Spieler seiner Klasse vorne weg servieren – und spielen – kann, dann wird es richtig schwierig für den Kontrahenten auf der anderen Seite des Netzes. Und so hatte man fortan den Eindruck, Wiesmühler “teile” sich das Match genau nach seinem Geschmack ein. Wann immer er gezwungen war, Gas zu geben, dann tat er das auch! Und wann immer er ein bißchen ergebnistechnischen Spielraum hatte, dann probierte er dem Duell mit Kramer auch spielerische Highlights aufzusetzen. So führte der 19jährige mit einem zweiten Break bereits 5:1, als Wiesmühler den berühmten Schlendrian kurz einmal nicht im Griff im hatte. Kramer machte sein erstes Break, und verkürzte auf 2:5, nachdem er bereits zuvor große Chancen auf entsprechende Ergebniskosmetik ausgelassen hatte. Bei 1:3 hatte der 30jährige einen Breakball zum 2:3, und bevor er das zweite Break zum 1:5 kassiert hatte, ließ der Leopoldsdorfer bei eigenem Aufschlag zwei Spielbälle zum 2:4 ungenützt. Alles in allem ging die 1:0 Satzführung Wiesmühlers nach exakt 41 Minuten aber mehr als in Ordnung.

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Wiesmühler sichert sich mit je einem Break zu Beginn und am Ende des zweiten Satzes den Sieg beim Masters-Debüt in nur 76 Minuten

Im zweiten Durchgang brachte sich Kramer selbst – und das noch dazu viel zu schnell – auf die Verliererstraße. Wenn du gleich im ersten Aufschlagspiel vier unerzwungene Fehler begehst, und dein Service zu Null abgibst, dann darfst du dich nicht wundern, wenn du gegen einen Spieler des Kalibers von Patrick Wiesmühler von vorne herein auf aussichtslosem Posten stehst. Denn mit dem frühen Break war die Chose auch schon erledigt. Beide Spieler konnten in der Folge ihr Service halten, wobei Wiesmühler die brenzligste Situation zu überstehen hatte, als er bei 3:2 gleich zwei Breakchancen Kramers zum 3:3 abzuwehren hatte. Das tat er aber wieder im Stile eines absoluten Klasse-Mannes mit vier unnehmbaren ersten Aufschlägen. Bei 3:5 war dann wieder Christoph Kramer am Zug, mit eigenem Aufschlag gegen den Matchverlust zu servieren. Ein Spielball schaute noch raus, doch nach 1:16 Stunden hatte Wiesmühler dann genug. Der 19jährige schickte einen flotten Return auf Kramers Rückhandseite, und bezeichnender Weise patzte der amtierende US-Open-Champ ausgerechnet mit seinem eigentlichen Paradeschlag. Die Kramer’sche Rückhand segelte ins Aus, und damit hatte Patrick Wiesmühler mit einem souverän errungenen 6:3, 6:3 Erfolg auch die Führung in Masters-Gruppe B übernommen.

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Beide Akteure nach Masters-Auftakt zufrieden und zuversichtlich für weiteren Turnierverlauf

Der 19jährige feierte also ein gelungenes Masters-Debüt, und war nach dem 30. Einzelsieg seiner Karriere durchaus zufrieden. “Es war ok, sagen wir mal so! Ich habe das Notwendigste gemacht, wobei wenn mir Kramer mehr auf die Vorhand gespielt hätte, dann wäre es heute vermutlich eng geworden. Um hier beim Masters den Titel zu gewinnen, wird allerdings noch eine Steigerung meinerseits nötig sein. Aber heute war ja schließlich erst das erste Match”, gab sich Wiesmühler gelassen, während Christoph Kramer über seine bereits neunte Niederlage im zehnten Masters-Match seiner Karriere weniger enttäuscht war, als über die vielen vergebenen Chancen. “Ich bin über das Ergebnis mit 3:6, 3:6 froh. Für die Beinarbeit die ich heute geleistet habe, war es gar nicht so schlecht. Das Timing bei der Rückhand fehlte leider, aber ich bin insgesamt auch froh, dass ich mein erstes Match am Freitag nach der Arbeit gegen den Patrick spielen konnte. Für den Rest des Turniers bin ich schwerstens motiviert”, betonte Kramer.

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Markus Kurzemann gewinnt “Night-Session” des zweiten Spieltages beim Masters gegen gehandicapten Franz Korger mit 6:3, 6:0

Die Night-Session des zweiten Spieltages beim 23. Babolat-Masters-Turniers im UTC La Ville bestritten der ehemalige Ranglisten-Erste Markus Kurzemann und der US-Open-Sieger der HTT von 2011 Franz Korger. In einer Neuauflage des November-Masters-Series-1000-Semifinales hoffte Franz Korger auf Revanche und den ersten Sieg im dritten direkten Duell mit dem Ländle-Server. Doch da hatte die 37jährige Nummer 1 der HTT-Doppelrangliste die Rechnung wohl ohne sein verletztes rechtes Knie gemacht. Korger hatte eigentlich schon im Vorfeld mit seiner Startzusage beim Masters gezögert. Weil die Beschwerden im Knie ja nicht von heute auf morgen auftraten, und er schon seit einiger Zeit mit diesem Problem konfrontiert ist. “Aber beim Masters will man halt dabei sein, und versuchen muss man es in jedem Fall”, rechtfertigte ein geknickt wirkender Korger nach dem Spiel sein Antreten am Centercourt des UTC La Ville. Und dieser – sein insgesamt vierter – Karriere-Auftritt beim Masters, ging wie auch schon die anderen drei davor verloren. Im 75. Match seiner HTT-Laufbahn war eigentlich von Beginn weg nichts zu holen, und das obwohl sein Gegner beim Aufschlag richtig patzte. Es klingt irgendwie kurios und unglaublich, dass jemand mit nur 39 % an ersten Aufschlägen zu einem so klaren Erfolg kommen kann. Jetzt hängt der Ausgang des Matches natürlich auch mit der Verletzung Korgers zusammen, doch der Vorarlberger “schummelte” sich auch über seinen verhältnismäßig guten zweiten Aufschlag in die Ballwechsel hinein.

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Franz Korger enttäuscht und Markus Kurzemann will ins Masters-Semifinale

So bekam man eine – vom deutschen Stuhlschiedsrichter Marko Bogdanov geleitete – Partie zu sehen, die von zwei aufschlagschwachen Akteuren geprägt war. 8 Breaks in 15 Service-Games belegen diese These, wobei der gehandicapte Korger mit nur einem durchgebrachten Aufschlagspiel den Vogel abschoss. So kam der zweite – zu Null verlorene – Satz logischer Weise zu Stande, in dem Korger auch zusehends enorm hohes Risiko ging, und so hatte er letztlich auch im ersten Heat nicht den Funken einer Chance. Für den einzigen Höhepunkt des Abends sorgte aber dann doch der 2,02 Meter-Riese, als er nämlich bei 4:1 ein Ass servierte, und dabei einen im Aufschlagfeld Kurzemanns liegenden Ball traf. “Im Nachhinein betrachtet war es blöd, überhaupt anzutreten. Aber ich wollte es unbedingt probieren. Im zweiten Satz konnte ich mein Knie gar nicht mehr abbiegen”, erklärte Korger, und sagte anschließend seine weitere Teilnahme am 23. Babolat-Masters 2012 ab. “Das war ein sehr guter Auftakt für mich. Ich war mit meiner Beinarbeit heute ziemlich zufrieden. Es war viel besser als mein erster Auftritt im letzten Jahr beim Masters, wo ich müde und langsam war. Das Semifinale ist mein großes Ziel bei diesem Turnier, aber ich weiß auch, dass ich mich beim Aufschlag steigern muss. Ich hoffe ich finde noch zu meinem Aufschlag im Verlauf des Turniers”, betonte Kurzemann nach seinem in nur 54 Minuten errungen zweiten Masters-Einzelsieg seiner Karriere.

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