Jungstars von heute – Topstars von morgen

Im zweiten Topduell der beiden momentan besten Tour-Jugendlichen innerhalb von 9 Tagen zwischen Renee Glatzl und Nenad Vladusic wurde am Dienstag Nachmittag eines der beiden Finaltickets beim Oktober-Second-Series-Turnier 2008 vergeben. Nach zweieinhalb Stunden siegte Terra Rossa-Jungstar Renee Glatzl mit 5:7, 6:3, 6:4, womit er im letzten Freiluftfinale des Jahres auf Tour-Neuling Peter Steinberger treffen wird. Der 24jährige Waldviertler zog nach der Absage seiner Halbfinalgegnerin Manuela Heuberger kampflos in sein erstes Karriere-Finale ein. Ein Bericht von C.L

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150 Minuten mit dem Besten was die Tour am Jugendsektor zu bieten hat

Dienstag 21. Oktober 2008, ein trüber Nachmittag in Wien neigt sich seinem Ende entgegen, als pünktlich zum Anpfiff des einziges Semifinales die angekündigte Herbst-Sonne plötzlich doch noch den dichten Nebel über Simmering aufreist und die Sicht freigibt auf ein Junior-Spektakel der besonderen Art. Terra-Rossa-Jungstar Renee Glatzl und TK Eden-Jugend-Hero Nenad Vladusic stehen sich zum zweiten Mal innerhalb von nur 9 Tagen auf der Hobby-Tennis-Tour gegenüber. Zu sehen gibt es in den folgenden knapp mehr als 150 Minuten das Beste, was der Jugendsektor der Hobby-Tennis-Tour im U16 Bereich derzeit zu bieten hat. Glatzl gegen Vladusic, das war am gestrigen Nachmittag der ultimative Showdown zweier Top-Juniors beim Oktober-Second-Series-Turnier. Vielleicht war das Vorschlussrunden-Duell zwischen Renee und Nenad aber auch schon mehr, nämlich ein erster Blick in die Zukunft. Da wachsen zwei Jungs heran, die sich irgendwann in ferner Zukunft auch bei großen Turnieren gegenüberstehen könnten, zwei die womöglich einmal die Tour beherrschen werden.

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Glatzl und Vladusic begeistern im ersten Satz mit Hochgeschwindigkeitstennis

Bis dahin fliegen freilich noch viele Tennisbälle über die Courts in der Leberstraße, und dennoch stieß man am Dienstag Nachmittag beim Treffen der beiden Tour-Jungstars schon auf das “Tennis von Morgen”. Als Zuseher bekam man speziell im ersten Satz dieses ersten Semifinales einen Eindruck, was bei weiterer entsprechender Entwicklung der beiden Nachwuchs-Cracks in ein paar Jährchen zu erwarten ist. Ein Hochgeschwindigkeits-Schlagabtausch mit sensationellen Ballwechseln und phantastischen Punkten, Glatzl und Vladusic begeisterten das Publikum mit Jugendtennis vom Feinsten. Von Beginn an legten die beiden Titelmitfavoriten ein enorm hohes Tempo vor, auf einem Platz der durch die Witterungsverhältnisse eigentlich gar kein schnelles Spiel mehr zuließ. Doch die beiden Jungstars hämmerten auf den kleinen gelben Fliz mit einer atemberaubenden Vehemenz, die das Publikum in Staunen versetzte. Es war vorallem, ein nicht nur durch viele großartige Ballwechsel geprägtes Spitzenspiel, sondern auch ein Duell auf Augenhöhe. Das war bislang ja überraschender Weise nicht so. Noch vor einer Woche im Achtelfinale des Oktober-First-Series-Turniers beim TC Top Serve sorgte Glatzl im Duell mit Vladusic für klare Verhältnisse. 6:2, 6:1 schickte er seinen um ein Jahr jüngeren Gegner nach Hause und wurde dabei seinem Ruf als Angstgegner des Nenad Vladusic gerecht. Denn auch auf ÖTV-Jugendebene standen sich die beiden Jungs schon gegenüber, genaugenommen zwei Mal, wobei der Patzak-Schützling jeweils ohne Satzgewinn blieb. Zumindest diesen Fluch hat der 13jährige am Dienstag Abend einmal abgelegt. Mit 7:5 sicherte er sich Durchgang 1 des Oktober-Second-Series-Halbfinales und mit Sicherheit den spielerisch besten Satz des gesamten Turniers.

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Im zweiten Satz müssen beide Spieler ihrem hohen Anfangstempo Tribut zollen

Allerdings hatten die beiden Youngsters in der Folge dem hohen Anfangstempo doch Tribut zu zollen. Zwar waren Glatzl und Vladusic weiter bemüht, mit attraktivem Powertennis das Publikum zu begeistern, doch zusehends wurde der Spielfluss durch leichte Fehler auf beiden Seiten unterbrochen. Glatzl schien “körperlich” müde zu sein, spürte wohl die Strapazen der 3:28 Stunden dauernden Zweitrundenpartie gegen Fritz Pliemitscher und wurde aufgrund seiner nachlassenden Beinarbeit immer fehlerhafter. Vladusic wiederum schien mehr die “geistige” Müdigkeit Probleme zu bereiten. Der serbische Tour-Jungstar versemmelte viele einfache Punkte mangels der nötigen Konzentration. Weniger Fehler auf Seiten des Renee Glatzl bedeuteten schließlich den Satzausgleich mit 6:3.

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Glatzl gewinnt Breakorgie im dritten Satz als der vielleicht physisch stärkere Spieler

Im entscheidenden dritten Satz stieg mit einer ungeheuren Spannung auch wieder das Niveau im Spiel der beiden Jungstars. Vorallem aber war es jetzt auch ein Akt der extremen Willensstärke von Renee und Nenad, der das einzige Oktober-Second-Series-Semifinale auf eine besondere Ebene hievte. Längst hatten in der spannungsgeladenen Entscheidung die Rückschläger das Kommando übernommen. Ein Break jagte das andere, acht Stück in Folge bis zum 4:4, ehe Glatzl mit seinem einzigen durchgebrachten Aufschlagspiel für die Entscheidung sorgte. Ein weiteres Break zum 6:4 brachte dem 14jährigen September-Second-Series-Champion mit dem Einbruch der Dunkelheit den zweiten Sieg im zweiten Tour-Duell gegen Vladusic, womit er auch das zweite Finalticket seiner Karriere lösen konnte. Am Ende hatte zumindest an diesem Nachmittag nicht der spielerisch bessere Spieler gewonnen, sondern womöglich der um die Spur robustere. Physisch scheint der 14jährige Renee dem 13jährigen Nenad um den Hauch überlegen zu sein. Das bestätigte sich auch in den vielen engen Phasen des dritten Satzes, von denen es unzählige gab. Vladusic führte jeweils mit Break 1:0, 2:1, 3:2, 4:3 und hatte in allen seinen Aufschlagspielen 30:0 und mehr. Bei 3:2 ließ Nenad sogar eine 40:15 Führung ungenützt. “Ich war am Ende schon sehr müde, vorallem aber hat meine Konzentration stark nachgelassen, und das war letztlich ausschlaggebend für meine Niederlage”, analysierte der 13jährige nach dem Auslaufen treffend, und fügte noch hinzu: “Ansonsten habe ich heute sehr gut gespielt”. Das bestätigte beim Abgang auch der Sieger. “Das war heute sehr schwer für mich. Weil der Nenad diesmal wirklich sehr gut gespielt hat. Das war die bisher schwierigste Partie die ich gegen ihn gespielt habe. Er hat sich im Vergleich zur letzten Woche enorm gesteigert”, lobte Glatzl. Wie überhaupt der Umgang der beiden Tour-Jungstars als höchst vorbildlich zu erwähnen ist. Der gegenseitige Respekt, das Anerkennen der gegnerischen Leistung, und das alles obwohl man in einem durchaus engen Konkurrenzverhältnis steht, da könnten sich viele der Erwachsenen auf der Hobby-Tennis-Tour ein Vorbild nehmen. Da scheint zudem trotz der Jagd nach Siegen und Punkten eine echte Freundschaft entstanden zu sein.

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Die guten Geister hinter den beiden erfolgreichen Hobby-Tennis-Tour-Jungstars

Übrigens: Das Renee Glatzl und Nenad Vladusic beim letzten Freiluftturnier des Jahres bis ins Semifinale vorstoßen konnten, kommt auch nicht von ungefähr. Da werkt im Hintergrund eine ganz solide Basis, die den Jungstars von heute und den Topstars von morgen ein perfektes Umfeld schafft. Gemeint sind die Eltern, die bei beiden Nachwuchs-Assen außergewöhnliches Engagement beweisen und mit einigem Idealismus die Tenniskarriere ihrer Kids fördern. Die Vladusic-Eltern stehen bei jedem Wetter am Rande des Centercourts um ihren Nenad zu unterstützen, fahren zu den entlegensten Turnierorten, vom finanziellen Aufwand ganz zu schweigen. Bei 7 Trainerstunden in der Woche nicht unbedingt ein Taschengeld. Das gleiche Bild im Hause Glatzl, wo Papa Günter neben Sohnemann Renee auch Töchterchen Jessica an allen Ecken und Enden unterstützt. Ein Super-Beispiel dafür lieferte am Dienstag Nachmittag im Rahmen des Semifinal-Duells der Glatzl-Clan mit einer “Schuh-Aktion”. Weil Renee in seiner riesigen roten Wilson-Tennistasche alles verstaut hatte, nur nicht die richtigen Tennisschuhe, düste die Glatzl-Mama im Hauptabendverkehr durch ganz Wien, staute sich von Hernals nach Simmering, nur damit Liebling Renee im Finish der Partie richtig besohlt über den Centercourt jagte. Nun, Engagemet hin, Idealismus her, womöglich müssen Tenniseltern der Nachwuchsstars auch ein bißchen tennisverrückt sein.

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Claus Lippert, 21. Oktober 2008