Neue Sieger auf der Future-Tour

Der Freiluft-Saisonauftakt auf der Future-Tour ist vollzogen. Bei schwierigen äußeren Bedingungen zeigte der Tennis-Nachwuchs am vergangenen Sonntag tolle Leistungen und bot den zahlreichen Zusehern einige ganz spannende Spiele. Zudem brachte das erste Sandplatzturnier im Freien zwei neue Siegergesichter. Ein Bericht von C.L

Bambini-Star Bozana Djordjic scheitert diesmal schon im Semifinale

Der Bambini-Bewerb der Future-Tour mausert sich immer mehr zum absoluten Highlight der Hobby-Tennis-Tour-Nachwuchsserie heraus. Angeführt von der Masterssiegerin und Ranglisten-Ersten Bozana Djordjic gab sich so ziemlich alles was Rang und Namen bei den Bambinis hat die Ehre beim ersten Outdoor-Bewerb der Saison. Am Ende einer interessanten und hochspannenden Veranstaltung jubelte dann eine Premierensiegerin. Nina Knezevic sicherte sich ihren 1. Titel auf der Tour und sorgte dafür, dass weiterhin die Mädchen auf Bambini-Ebene den Ton angeben. Doch alles der Reihe nach. Das Turnier begann schon bei der Auslosung mit einem Paukenschlag. Die 5fache Turnieriegerin Bozana Djordjic traf in der 1. Runde auf den 2fachen Titelträger Michael Lang. Die beiden erfolgreichsten Bambinis im Auftaktschlagerspiel gegeneinander, ein Duell Nummer 1 gegen Nummer 2 der Rangliste, genauso wie auch bei den Großen am letzten Samstag. Damit musste sich schon zu Beginn des Turniers einer der beiden Topfavoriten verabschieden, und diesmal war es Michi Lang. Der 8jährige TC-Schmelz Spieler wirkte unkonzentriert, vom extrem starken Wind und vom Lärm des benachbarten Fußballplatzes genervt. Doch auch für Bozana Djordjic endete das erste Freiluftturnier nicht wie gewohnt. Im Semifinale war Endstation. Da stand nämlich plötzlich Clemens “Goran” Kerschenbauer auf der anderen Seite des Netzes, der Aufschlaggigant der Bambini-Szene, der über die Wintermonate auch spielerisch dazugelernt hat, und mental stärker geworden ist.

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Aufschlag-Gigant Clemens Kerschenbauer schlägt die Masterssiegerin

Den Beweis dafür trat der 9jährige im ersten Satz des Duells mit der Nummer 1 der Bambini-Rangliste an. Bei 7:12 Rückstand setzte auch der das Spiel beobachtende Bruder von Clemens keinen Cent mehr auf den zurückliegenden Junior. “Das wird jetzt ganz schwer für ihn”, meinte Jakob. Doch Clemens machte das schier Unmögliche möglich, setzte den Star der Bambini-Serie mit gewaltigen Aufschlägen unter Druck, und retournierte bei Aufschlag seiner Gegnerin famos. Ass um Ass, Punkt um Punkt holte Clemens auf, insgesamt 8 in Serie was mit dem Gewinn des ersten Durchgangs belohnt wurde. Die sonst so souverän wirkende Bozana war angeschlagen, wirkte im zweiten Heat gebrochen, und musste nach kanpp 25 Minuten ihrem Konkurrenten am Netz zum Sieg gratulieren. Dann gab es auch bei der Masterssiegerin erstmals Tränen, während Clemens über seinen zweiten Finaleinzug und die gelungene Finalrevanche vom 2. Hallenturnier der Saison jubelte.

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Nina Knezevic holt Semifinal-Girlie-Hit gegen Stephanie Scharrach

In der anderen Rasterhälfte gab es zunächst zwei klare Favoritensiege im Viertelfinale. Nina Knezevic schlug bei ihrem 5. Turnierauftritt den comebackenden Benjamin Müller klar in zwei Sätzen, und Stephanie Scharrach hatte mit Kristina Spasevski wenig Mühe um sich ein Halbfinalticket zu sichern. So kam es dann in der Vorschlussrunde zum “Girlie-Schlager” zwischen Stepahnie und Nina, der erst im spannungsgeladenen dritten Satz die Entscheidung brachte. 13:12 führte Knezevic, als ihr eine Vorhand mißlingt und scheinbar ins Out zu segeln droht. Doch Scharrach greift mit ihrem Racket hin, will den Outball “volley” übernehmen und macht prompt den Fehler. 14:12, 2 Matchbälle und gleich den ersten davon nützt Nina zum Sieg. “Das macht gar nichts, auch Nina hat von mit den ein oder anderen Outball genommen”, meinte die Schwester von Juni-Grand-Slam-Finalist Christopher Scharrach mit einem Lächeln im Gesicht.

“Der Bambini-Final-Thriller”

Damit kam es zum mit Spannung erwarteten Final-Showdown zwischen Clemens Kerschenbauer und Nina Knezevic. Auf den ersten Blick ein überraschendes Endspiel, eines zweier vermutlicher Außenseiter. Wenn man so will auch das Duell der beiden “ewigen Zweiten” auf der Bambini-Tour. Clemens in den letzten Monaten so ziemlich immer der “Zweite” wenn es um sportliche Aktivitäten ging (Tenniscamp, Skirennen usw.) gegen Nina die auf der Tour schon zwei Endspiele als Verliererin beenden musste. Doch alle guten Dinge sind “3”, und so schlug an diesem windigen bewölkten Sonntag in Simmering der 11jährigen die “große Stunde”. In einem über weite Strecken hochklassigen Finale entwicklte sich im dritten Satz ein nervenaufreibender Krimi der Extraklasse. Die Zuseher am gut besuchten Centercourt wurden Augenzeugen eines Hitchcook-Thrillers mit Happy-End für Nina und einem bitteren unverdienten Ende für Clemens. Was war geschehen? Schon der erste Durchgang dieses Geschlechter-Derbys ließ die unheimliche Dramatik die sich 20 Minuten später ereignen sollte erahnen. Denn schon in diesem Eröffnungssatz des Finales wurde von beiden Akteuren um jeden Punkt gekämpft. Clemens dikiterte mit seinem wuchtigen Aufschlag das Spiel, Nina verlegte sich ganz geschickt mit sicherem Tennis von der Grundlinie auf den Konter. Den ersten Satz gewann Clemens mit 16:14, und nachdem Nina mit Ruhe und Coolness den Satzausgleich schaffte, fiel die Entscheidung über den ersten Freilufttitel der Saison im letzten Satz.

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Und der wurde wie schon erwähnt zum Super-Showdown. Nichts für Nervenschwache, und auch nichts für die mitfühlenden im Geiste wohl auch mitspielenden Eltern. Nina kontrollierte fast den gesamten Satz, führte stets mit 2 Punkten Vorsprung, ehe Clemens in der Schlussphase noch einmal über sich hinauswuchs. In Anlehnung an den einstigen kroatischen Super-Aufschläger der ATP-Profi-Tour Goran Ivanisevic, wurde Clemens kurzer Hand vom Publikum umgetauft. Kein Wunder, hämmerte der 9jährige doch in Ivanisevic-Manier Ass um Ass ins Feld der verdutzten Gegnerin. So kam “Clemens Goran” noch einmal in diesem packenden Finalfinish auf 13:13 heran, wehrte bei 13:14 den ersten Matchball seiner Gegnerin mit einem Vorhandwinner ab, ehe Nina ihren zweiten Matchball zum hauchdünnen 16:14 nützte und zum ersten Turniersieg ihrer Karriere verwandelte. Dann brachen alle Dämme. Das Publikum applaudierte stehend, die Siegerin schritt beinahe beschämt ans Netz, während Clemens im Laufschritt fluchtartig den Platz verließ. Wer konnte es ihm verdenken. So knapp am ersten großen Triumph vorbei, so knapp am ersten Pokal seines Lebens vorbei, ein Pokal an dem er nach dem ersten Satz schon eine Hand dran hatte. Und das alles nach einer sensationellen Darbietung und einer Leistungssteigerung die beachtlich ist. Spiel verbessert, Nerven in den Matches im Griff, so präsentierte sich Clemens bei seinem zweiten Bambini-Auftritt. Das am Ende die Enttäuschung die sensationelle Leistung überdeckte ist aus Sicht eines 9jährigen wohl klar. So boykottierte er auch die Siegerehrung. Erst ein Gespräch mit Veranstalter Claus Lippert und ein Schokoladeeis brachten Clemens wieder auf Kurs. “Eigentlich hätte ich am liebsten bei 14:14 abgebrochen, weil beide Spieler den Sieg verdient hätten”, meinte der Veranstalter. Der B-Bewerb ging übrigens an Benjamin Müller.

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Lukas Mach holt 2. Saisontitel in der Challenger-Klasse

Weniger dramatisch ging es im Challenger-Bewerb des Outdoor-Saisonauftaktes zu. Beim einst so hochgelobten Vorzeigebewerb der Future-Tour ist seit dem Masters “der Wurm drinnen”. Gerade einmal drei “echte Challenger-Asse” versuchten sich beim ersten Start im Freien. In Abwesenheit von Masterssiegerin Jessica Glatzl und vieler weiterer renommierter Challenger-Akteure sorgte Lukas Mach nach zwei Mädchen-Triumphen wieder einmal für einen Burschen-Erfolg. Der 13jähige sicherte sich mit einem Finalsieg über Freund Fabio Baumgartner den zweiten Saison- und Karriere-Titel, und baute seine Ranglisten-Führung gegen die abwesenden Verfolger weiter aus.

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Fabio Baumgartner droht mit Karriere-Ende

Mach deklassierte die Konkurrenz an diesem Nachmittag nach Belieben. Das mit vielen Bambinis aufgefüllte Turnier hatte für den Challenger-Star der Future-Tour kaum Hürden zu bieten. Erst im Halbfinale stand ihm mit dem 2fachen Vorjahresturniersieger Jakob Kerschenbauer ein scheinbar gleichwertiger Kontrahent gegenüber. Doch Lukas schien an diesem Tag wild entschlossen, seinen zweiten Karriere-Erfolg zu erringen, und die große Chance sich in der Rangliste abzusetzen, wahrnehmen zu wollen. Und das tat er dann auch in ganz souveräner Art und Weise. Auch im Finale, wo er seinem Freund und U14 Teamkollegen Fabio Baumgartner in einem vor allem zu Beginn recht sehenswerten und abwechslungsreichen Spiel gegenüberstand. Baumgartner, der sich im Verlauf des Turniers gegen die Bambini-Fraktion ins Endspiel duchkämpfte, musste in seinem ersten Karriere-Finale dem befreundeten Lukas den Vortritt lassen. “Ich freue mich über meinen zweiten Turniersieg und auch über die Punkte für die Rangliste”, lautete der Kurzkommentar des Champions, während Finalverlierer Fabio mit dem sofortigen Ende seiner Tennis-Karriere drohte. Den B-Bewerb holte übrigens mit Stephanie Scharrach eine aus dem Bambini-Circuit.

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Patrick Meinhart gewinnt erstes Turnier der Grand-Slam-Serie nach der “Ära Lohr”

Auf Grand-Slam-Ebene ist das Zeitalter nach Matthias Loohr angebrochen. Der 17fache Turniersieger hat seine Future-Tour-Karriere mit dem Masterssieg standesgemäß beendet. Der 11jährige Seriensieger beherrschte die Grand-Slam-Klasse in einer noch nie gesehenen Art und Weise. Turnier 1 nach der Lohr-Dominanz brachte aufgrund des Muttertags ein enttäuschendes Teilnehmerfeld. 4 Akteure darunter die beiden Neulinge Patrick Meinhart und Jakob Kerschebauer kämpften um Titel, Punkte und Pokal. Mit dabei auch Nihad Berzengi, der wie Lohr eigentlch schon sein Karriere-Ende auf der Future-Tour bekanntgab. Doch plötzlich war er wieder da, und eine halbe Stunde später auch schon wieder weg. Gegen Future-Tour-Debütant Patrick Meinhart setzte es im Duell der Hobby-Tennis-Tour-Asse eine glatte empfindliche 2:6 Niederlage. “Ich habe ganz schlecht gespielt” zeigte sich Nihad enttäuscht. Das war Jakob Kerschenbauer trotz 0:6 Schlappe gegen Tatjana Aubram nicht. Die ebenfalls schon Hobby-Tennis-Tour geprüften Kids standen sich im zweiten Halbfinale gegenüber. Ein Spaziergang für “Jana”, die sich so erfolgreich für ihr 6. Endspiel auf Grand-Slam-Ebene einschlug.

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Aubram verjuxt 5:0 Führung im Finale

Und diese “Super-Performance” der einzigen Dame im Feld schien auch im großen Finale gegen Patrick Meinhart anzudauern. Schon einmal waren sich die beiden Jugendlichen auf der großen Tour begenet. In der 1. Runde des Oktober-GP-Turniers 2005 siegte Meinhart mit 6:2, 6:2. Und nach knapp 20 Minuten des Endspiels am Sonntag schien die Revanche fast perfekt. Aubram hatte nach den 6 Games im Halbfinale weitere 5 im Finale gewonnen, stand also mit 11 Games in Serie und einer 5:0 Führung vor ihrem ersten Sieg auf Grand-Slam-Ebene und dem ersten Mädchen-Titel seit Roxanne Bakovsky, die am 18. Juli 2004 für den bisher einzigen Mädchen-Turniersieg sorgte. Was dann aber kam, war in der Nachbetrachtung genauso unglaublich wie unerklärbar. Meinhart holte Punkt um Punkt, Game um Game auf, um sich am Ende sogar als 7:5 Sieger feiern zu lassen. Eine geschockte Tatjana saß minutenlang mit versteinerter Miene und nachdenklicher in Falten gelegter Stirn in der Kantine und überlegte nach dem Warum. Fassungslosigkeit herrschte auch bei den Besuchern. “Unglaublich. Das ist wohl noch bitterer als der Ausgang im Bambini-Finale” meinte Mama Kerschenbauer zur finalen Tragödie der Tatjana A. Sie selbst war aber dann doch zu einer Analyse bereit. “I’ch habe nach dem 5:0 plötzlich aufgehört zu spielen. Dazu kam, dass Patrick plötzlich immer stärker wurde. Da kann man eben nichts machen. So ist Tennis”, zeigte der weibliche Jungstar der Future-Tour wahre Größe in der Niederlage. Aus diesem Stoff sind Champions gemacht. Nur die ganz Großen kommen aus der Niederlage wieder gestärkt hervor. Für Meinhart war der knappe Triumph nach einem aufregenden Zitterspiel natürlich die große Sache des Wochenendes. “Ich weiß nicht warum ich zu Beginn so schlecht gespielt habe. Ich hatte mir vorgenommen, von Beginn an Druck zu machen, aber irgendwie hat das alles nicht nach Plan funktioniert. Gott sei Dank bin ich dann noch zurückgekommen. Nach 0:5 noch zu gewinnen ist eine tolle Sache”.

Claus Lippert, 15. Mai 2006